2.
Da wurde der Prokonsul zornig und sagte: „Opfert den Göttern und macht keine Dummheiten!“
Karpos entgegnete mit einem Lächeln: „Zunichte sollen werden die Götter, die nicht erschufen Himmel und Erde!“
Der Prokonsul: „Aber es ist deine Pflicht, zu opfern. So hat es nun einmal der Kaiser befohlen.“
Karpos: „Nicht opfern die Lebendigen den Toten!“
Der Prokonsul: „So meint ihr also, unsere Götter seien tot?“
Karpos: „Willst du etwas hören? Diese sogenannten Götter waren niemals richtige, lebendige Menschen. Darum konnten sie nicht einmal wirklich sterben! Willst du merken, wie es damit in Wahrheit sich verhält? Wohlan, gib den Kult auf, den du ihnen zu schulden glaubst: und du wirst erkennen, S. 44 daß sie ein reines Nichts sind: Erdenstaub, der mit dem Zeitenlauf zerfällt.
Unser Gott aber ist zeitenlos und hat die Jahrtausende erschaffen. Unvergänglich ist Er und bleibt in Ewigkeit, immer der gleiche, ohne Zuwachs und ohne Eintrag. Die Götzen aber werden von den Menschen geformt und gehen unter mit dem Zeitenlauf — ich habe es bereits gesagt! Aber wundere dich nicht, daß sie dennoch weise Orakelsprüche erteilen und so die Menschen hinters Licht führen. Das macht der Teufel! Der stürzte einst herab von der Höhe seiner glanzvollen Stellung, und seitdem versucht er mit der ihm nun innerlich eigenen Bosheit, die Menschenliebe Gottes zuschanden zu machen, ist der Feind aller Heiligen, die sich mit ihm auf den Kampf einlassen, erregt heimlich Krieg und Feindschaft, weiß also schon vor den Ereignissen davon — und das verkündet er seinen Getreuen als Orakel! In gleicher Weise vermag er, der Uralte vor aller Menschenzeit, aus dem, was uns täglich zustößt, die Zukunft zu erkennen und die Übel vorauszusagen, die er selbst dann tun wird. Gott hat ihn verflucht, und seitdem sinnt er nur auf Böses. Gott läßt dies zu, und seitdem ist er der Versucher der Menschen und sucht sie abzubringen vom guten Leben. Glaub es mir darum, Konsular, ihr alle lebt in einem gar großen Wahn!“