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Nach drei Tagen ließ er ihn wieder vorführen. Diesmal war eine große Zahl von Senatoren, Ratsherren und gelehrten Philosophen anwesend. Perennis gab den Befehl, Apollonius hereinzurufen, und gebot: „Man lese die Gerichtsakten des Apollonius vor.“ Man las sie vor, dann sagte Perennis: „Was hast du nun bei dir beschlossen, Apollonius?“
Apollonius: „Gott treu zu bleiben — genau so, wie du dies in den Gerichtsakten, unsere Ansicht getreu wiedergebend, protokollarisch festgelegt hast.“
Perennis: „Es ist da ein Senatsbeschluß, und mit Rücksicht auf diesen gebe ich dir einen guten Rat: Ändere deine Meinung, neige anbetend dein Angesicht vor den Göttern, so, wie wir Menschen alle sie ehrfürchtig anbeten. Komm zurück zu unserer Anschauung vom Leben. Das ist besser, als elend umzukommen. Ich nehme an, der Senatsbeschluß ist dir nicht unbekannt?“
Apollonius: „Ich kenne den Senatsbeschluß wohl, Perennius. Aber ich bin nicht gottgläubig geworden, S. 83 um jetzt wiederum Idole anzubeten, die von Menschenhänden geformt wurden. Niemals für alle Zukunft bete ich etwas an, das aus Gold oder Silber, aus Erz oder Eisen gemacht ist, diese hölzernen oder steinernen Götterbilder mit ihren trügerischen Namen. Die können ja nicht sehen und hören, denn sie sind Gemachte von Handwerkern, Goldgießern und Drechslern, Schnitzwerk aus Menschenhänden, ohnmächtig zu jeglicher Eigenbewegung. Ich aber bete an den Gott, der in den Himmeln thront, vor Ihm allein beuge ich mich in den Staub: denn Er allein hat allen Menschen eine lebendige Seele eingeschaffen, und Er läßt Tag für Tag sein Leben in alle Menschen überquellen. Nein, Perennis, dazu kann ich mich niemals hergeben, niemals werde ich mich wegwerfen und den Rücken krümmen! Schamrot müßte ich werden, wollte ich anbeten, was nicht höher steht als der Mensch selbst, ja was eigentlich selbst für die Dämonen zu verächtlich ist. Sünde ist’s, wenn der Mensch sich selbst so wegwirft, daß er anbetet, was er selbst mit Kunst geformt hat: eine kalte Statue, aus Stein gehauen, ausgedörrtes Holz, träge thronendes Metall, totes Menschengebein. Sind das nicht dumme Possen, alberner Betrug? So beten die Ägypter neben vielen andern scheußlichen Dingen auch ein ehernes Becken an, die von vielen Schriftstellern erwähnte Fußbadewanne (des Königs Amasis). Welche Torheit eines ungebildeten Volkes! Aber auch die Athener beten bis auf den heutigen Tag einen Stierkopf aus Bronze an. Und dieses Ding nennen sie ,Glück der Athenerʽ.
