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Works Gregory of Nyssa (335-394) Ausgewählte Reden (BKV)
Festreden
Rede auf das heilige Osterfest und die dreitägige Feier der Auferstehung Christi.

3.

Ich aber muß in meiner Rede zum vorgesteckten Ziele zurückkehren. Deßhalb verweilt die wahre Weisheit in diesem großsprecherischen Herzen der Erde, um aus ihr den S. 305 großen Geist der Bosheit zu vertilgen, und damit das Dunkel erleuchtet und die Sterblichkeit vom Leben verschlungen und das Böse der Vernichtung preisgegeben werde, wenn der größte Feind, der Tod, unschädlich gemacht worden ist. Das hat die dreitägige Frist bewirkt. Ist das etwa eine langsame Gnade? Ist ein so großer Gewinn mit großem Zeitverlust erzielt worden? Willst du das Uebermaß der Macht aus dem erkennen, was in so kurzer Zeit zu Stande gebracht wurde? Zähle mir alle dazwischen liegenden Geschlechter auf vom ersten Beginn der Uebel bis zu ihrer Vertilgung, wie viele Menschen in allen einzelnen Geschlechtern zu Tausenden sich zählen lassen. Es ist nicht möglich, die Menge derer in einer Zahl zu bestimmen, deren Bosheit nacheinander sich ausbreitete. Und der verderbliche Reichthum der Bosheit wurde bei der Vertheilung auf die Einzelnen mit jedem Einzelnen größer und so pflanzte sich in vielfachen Zeugungen mit den immer nachrückenden Geschlechtern die Bosheit fort und ergoß sich dem Umfange nach über alle Grenzen, bis sie den höchsten Gipfel im Bösen erreicht hatte und die ganze menschliche Natur beherrschte, wie in dieser Weise der Prophet sich allgemein ausdrückt: Alle sind abgewichen und unnütz geworden, und es gab Nichts unter allen Dingen, was nicht ein Werkzeug der Bosheit war.1 Hat nun Derjenige, der diesen großen Haufen des Bösen vom Beginn der Welt bis zur Heilsordnung des Herrn im Leiden in drei Tagen in die Lüfte zerstreut hat, dir einen geringen Beweis seiner übermäßigen Macht gegeben, oder nicht einen stärkeren, als alle Wunder der heiligen Geschichte? Denn wie die Wunderthat des Samson nicht bloß darin groß erscheint, daß er den Löwen bewältigt hat, sondern auch darin, daß er ohne Anstrengung mit bloßer und bewaffneter Hand das Thier wie zum Spiele zerriß, so ist auch der Umstand, daß der Herr ohne alle Mühe eine so umfangreiche Bosheit vertilgte, ein größerer S. 306 Beweis seiner übermäßigen Macht. Nicht der Andrang endloser Gewässer, die von den Schleusen des Himmels auf die Erde herabstürzten, nicht die Abgründe, welche ihre natürlichen Grenzen überschritten und wie Meere die Erde überschwemmten, noch die ganze Erde, die wie ein Schiff sammt den Bewohnern in den Abgrund versenkt wurde, noch Berge, die in die Tiefe sanken und überschwemmte Berggipfel, noch wie es bei Sodoma der Fall war, ein Feuerregen, der durch das Feuer die Verdorbenheit reinigte, noch sonst etwas Ähnliches, sondern bloß das einfache und unbegreifliche Erscheinen des Lebens und Lichtes hat bei denen, die in der Finsterniß und im Schatten des Todes saßen, ein gänzliches Verschwinden und Aufhören der Finsterniß und des Todes bewerkstelligt.

Soll ich zu dem Gesagten noch etwas Weiteres hinzufügen? Das Böse nahm seinen Ursprung von der Schlange. Das Weib unterlag der Versuchung des Drachen. Hierauf unterlag dem Weibe der Mann. Aus drei Quellen nahm das Böse seinen Ursprung. Was beabsichtigte ich mit dieser Bemerkung? Man kann eine gewisse Ordnung des Guten aus der Ordnung des Bösen abnehmen. Diesen dreifachen Sitz des Bösen nehme ich wahr; als ersten den, in dem es sich zuerst niederließ, als zweiten, in den es überging, als dritten, in dem es von da an sich zeigte. Da also in diesen drei Sitzen die Bosheit sich ausbreitete, nämlich in der Natur des Teufels, im weiblichen Geschlechte und in der Vollendung der Männer, deßhalb wird folgerichtig die Krankheit in drei Tagen beseitigt, indem für jede Gattung der in der Bosheit erkrankten ein Tag zur Heilung bestimmt ist. An einem Tag werden die Männer von der Krankheit gereinigt, am zweiten wird das Frauengeschlecht geheilt, als letzter Feind wird am letzten Tage der Tod beseitigt mit seiner Umgebung, den Herrschaften, Mächten und Gewalten zugleich mit den Fürsten der feindlichen Gewalten. Wundere dich nicht, wenn die Schöpfung des Guten in Zeiträume zerlegt wird. Denn auch bei der ersten Entstehung der Welt konnte die göttliche Macht alle Dinge in einem S. 307 Augenblicke vollenden, aber gleichwohl nimmt sie bei der Schöpfung der Dinge auch die Zeiträume zu Hilfe, so daß am ersten Tage ein Theil der Schöpfung, am zweiten ein zweiter vollendet wird, und in gleicher Weise wurden nacheinander alle Dinge vollendet, indem in der angegebenen Zahl der Tage Gott die ganze Schöpfung ins Werk setzte. So wird auch hier nach dem unaussprechlichen Verfahren seiner Weisheit das Uebel in drei Tagen aus der Welt geschafft, aus den Männern, den Frauen, dem Geschlecht der Schlangen, unter denen zuerst die Natur der Bosheit ihren Ursprung nahm.

Aber in Bezug auf die Richtigkeit der Zahl der Tage haben wir folgende Muthmaßung, ob mit Recht oder Unrecht wollen wir dem Urtheil der Zuhörer überlassen. Denn nicht eine bestimmte Behauptung wollen wir aufstellen, sondern nur eine Übung und Untersuchung anstellen. Suchst du den Termin dieser Tage in der Wirklichkeit genau zu erkennen, ― denn in der Zahl fehlt es nicht unbedeutend, wenn man die Zeit von der neunten Stunde der Parasceve rechnet, in welcher er den Händen des Vaters seinen Geist empfahl, ― so gedulde dich ein wenig und es wird dir vielleicht mein Wort diese Sache deutlich machen. Welches Wort? Schaue auf die Größe der göttlichen Macht, und es wird dir, was du hier suchest, nicht entgehen. Erinnere dich an den Ausspruch des Herrn, was er über sich selbst ausspricht, er, der die Macht über das Weltall in sich vereinigt, wie er durch selbstständige Macht, nicht aus Naturnothwendigkeit, seine Seele vom Körper scheidet, indem er sagt: „Niemand nimmt meine Seele von mir, sondern ich gebe sie von selbst hin. Ich habe die Gewalt, sie hinzugeben, und habe die Gewalt, sie wieder zu nehmen.“2 Das soll mir feststehen, und was wir suchen, liegt am Tage. Denn der Alles in seiner Herrschermacht anordnet, wartet nicht die Nothwendigkeit in Folge des Verrathes ab, noch S. 308 den räuberischen Anfall der Juden und das ungerechte Urtheil des Pilatus, so daß ihre Bosheit die Urheberin und Veranlassung der gemeinsamen Rettung der Menschen würde, sondern er kommt in seiner Heilsordnung zuvor in der geheimen und für die Menschen unsichtbaren Weise des Opfers, und er brachte sich selbst als Opfergabe und Schlachtopfer für uns dar, zugleich Priester und das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinwegnimmt. Wann that er dieß? Da er seinen Leib als Speise zum Genuß hingab und sein Blut seinen Jüngern zum Getränke reichte. Denn das ist jedem klar, daß von einem Menschen ein Lamm nicht genossen würde, wenn nicht dem Genusse die Schlachtung vorherginge. Derjenige also, der seinen Jüngern seinen Leib zur Nahrung gibt, gibt klar zu erkennen, daß in der Gestalt des Lammes das Opfer vollendet sei. Denn nicht wäre der Körper des Opfers zur Speise geeignet, wenn er belebt wäre. Als er also seinen Jüngern seinen Leib zur Speise und sein Blut zum Tranke darreichte, war bereits der Leib dem Willen nach durch die Macht dessen, der das Geheimniß wirkt, still und unbemerkt geschlachtet. Und die Seele befand sich da, wohin sie mit der ihr beigemischten göttlichen Kraft die Macht dessen versetzt hat, der das Geheimniß wirkt, an jener Stelle im Herzen verweilend. Es wird also Jemand, wenn er von dem Zeitpunkte an, wo vom großen Hohepriester, der sein Lamm für die gemeinsame Sünde still und unbemerkt geschlachtet hat, das Opfer Gott dargebracht wurde, die Zeit rechnet, von der Wahrheit nicht abirren. Es war nämlich Abend, als jener heilige gesegnete Leib genossen wurde, und die Nacht vor Parasceve folgte auf jenen Abend. Hierauf kommt der Tag der Parasceve, der durch die eingeschobene Nacht zerlegt wird und in eine Nacht und zwei Tage zerfällt! Denn wenn Gott die Finsterniß Nacht nannte, in den drei Stunden aber auf der ganzen Erde Finsterniß eintrat, so ist dieß die mitten im Tage neu eingeführte Nacht, welche die durch Theilung entstandenen Tage begrenzt, den von Morgen bis zur sechsten Stunde und den von der neunten Stunde bis zum Abend, S. 309 so daß wir bis dahin zwei Nächte und zwei Tage haben. Hierauf eine Nacht vor dem Sabbat und nach dieser der Tag des Sabbats gibt die drei Tage und drei Nächte. Erforsche nun die Stunde der Auferstehung, und du wirst in dem Gesagten die Wahrheit finden.


  1. Vgl. Ps. 13, 1 [hebr. Ps. 14, 1]. ↩

  2. Joh. 10, 18. ↩

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