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Die wahre Ruhe des Sabbats, die den Segen Gottes erhielt,1 und in welcher der Herr von seinen Werken ausruhte, indem er in der Besiegung des Todes für das Heil der Welt den Sabbat feierte, ist bereits vollendet und hat S. 371 ihre Gnade den Augen, Ohren und dem Herzen mitgetheilt, indem durch Dieß alles, was wir gesehen, gehört, wodurch wir unser Herz erfreut haben, das Fest von uns begangen wurde. Denn was die Augen sahen, war Licht, das in einer Feuerwolke uns in Fackeln bei Nacht vorgetragen wurde. Aber das die ganze Nacht hindurch unser Gehör umtönende Wort, das in Psalmen, Hymnen und geistigen Gesängen wie ein Freudenstrom durch das Gehör in die Seele eindrang, erfüllte uns mit den guten Hoffnungen, das Herz aber, ergötzt durch die Reden und den Anblick, nahm in sich das Bild der unaussprechlichen Seligkeit auf, durch die erscheinenden Dinge zum Unsichtbaren geleitet, so daß ein Bild jener Güter, die kein Auge gesehen, kein Ohr gehört, und die in keines Menschen Herz gekommen sind, die Güter dieser Ruhe sind, welche eine Bürgschaft für die unaussprechliche Hoffnung auf Das in sich enthalten, was uns aufbewahrt ist. Da nun diese leuchtende Nacht, welche den Glanz der Fackeln mit den Morgenstrahlen der Sonne vermischt und einen fortlaufenden Tag gemacht hat, der nicht getheilt ist durch die Einschiebung der Finsterniß, so wollen wir, Brüder, die Prophetie erwägen, welche sagt: „Das ist der Tag, den der Herr gemacht hat,“2 an dem es ein Werk gibt, das nicht belästigend noch schwer zu vollbringen, sondern Freude, Fröhlichkeit und Jubel ist, indem das Wort also spricht: „Laßt uns an demselben jubeln und uns freuen!“ O herrlicher Zustand, o süße Aufforderung! Wer säumt, dieser Aufforderung zu gehorchen? Oder wer hält auch einen kleinen Aufschub dieses Zustandes nicht für einen Nachtheil? Freude ist das Werk, Jubel der Auftrag, wodurch die Verurtheilung wegen der Sünde aufgehoben, und Schmerz in Freude verwandelt wird. Das ist das Wort der Weisheit, daß am Tag der Freude die Ablegung der Erinnerung an die Leiden uns das erste Urtheil gegen uns vergessen S. 372 ließ, oder vielmehr nicht vergessen ließ, sondern vernichtete. Denn er vernichtete gänzlich jede Erinnerung an unsere Verurtheilung. Damals erfolgte die Geburt mit Schmerzen, jetzt geht das Gebären ohne Wehen vor sich. Damals wurden wir als Fleisch vom Fleische geboren, jetzt ist das Geborne Geist vom Geiste; damals wurden wir als Menschensöhne, jetzt werden wir als Kinder Gottes geboren; damals wurden wir vom Himmel auf die Erde entsendet, jetzt hat der Himmlische auch uns himmlisch gemacht. Damals hat durch die Sünde der Tod die Herrschaft erlangt, jetzt hinwiederum gelangt durch das Leben die Gerechtigkeit zur Herrschaft. Einer öffnete damals die Pforte des Todes, durch einen wird auch jetzt das Leben wieder eingeführt. Damals verloren wir durch den Tod das Leben, jetzt wird vom Leben der Tod überwunden. Damals verbargen wir uns vor Beschämung unter dem Feigenbaume, jetzt nahen wir in Herrlichkeit dem Baume des Lebens. Damals wurden wir wegen Ungehorsams aus dem Paradiese verstoßen, jetzt gelangen wir durch den Glauben in’s Paradies. Wieder ist uns die Frucht zum beliebigen Genusse dargeboten. Wiederum tränkt die Quelle des Paradieses, durch die Ströme der Evangelien vierfach getheilt, die ganze Kirche, daß sie auch die Furchen unserer Seele trunken machte, die Derjenige, der das Wort säte, mit dem Pfluge der Lehre zog, und daß die Früchte der Tugend sich mehrten. Was soll man nun hiebei thun? Was sonst, als die prophetischen Berge und Hügel durch Sprünge nachahmen? Denn die Berge, sagt er, sprangen auf wie Widder, und die Hügel wie die Lämmer der Schafe.3
Kommt also und laßt uns dem Herrn frohlocken,4 der die Macht des Feindes zerstört und das große Siegeszeichen des Kreuzes in dem Sturze des Widersachers S. 373 aufgestellt hat. Erheben wir ein Kriegsgeschrei. Kriegsgeschrei aber ist ein Siegesruf, der von den Siegern gegen die Besiegten erhoben wird. Da nun die Schlachtreihe des Feindes gefallen ist, so ist auch Jener selbst, welcher die Macht über das böse Heer der Dämonen hat, verschwunden und vertilgt und bereits in sein Nichts zurückgesunken. Wollen wir sagen, daß Gott, der große Herr und große König über die ganze Erde es ist, der gesegnet hat den Kranz des Jahres seiner Güte5 und uns gesammelt hat zu dieser geistigen Versammlung im Herrn Christus Jesus, dem die Ehre sei in alle Ewigkeit. Amen.VII. Fünfte Rede auf die strahlende und heilige Auferstehung unseres Herrn und Gottes.