Sieben und dreißigstes Kapitel.
1. Du König der Tracier wirst eine Stadt einnehmen. Mitten unter Schaafen wirst du einen großen fürchterlichen Löwen mit krummen Klauen vergrößern, der einst Kleinodien aus dem väterlichen Lande hinwegbringen, und ohne Beschwerde die Erde erobern wird. 2. Aber ich verkündige dir nicht, daß du lange der Ehre, den Scepter zu tragen, dich freuen, sondern daß du den Thron verlieren wirst; denn zu beiden Seiten drängen dich Hunde. Aufwecken wirst du einen schlafenden, furchtbaren Wolf mit gekrümmten Klauen; den Nacken wird er dem Widerwilligen unter das Joch beugen. 3. Dann werden Wölfe Bithynien nach Zevs Rathschlüssen S. 187 bewohnen. Schnell wird die Herrschaft zu den Männern übergehen, welche den Boden von Byzanz bewohnen. 4. Dreimal glüklicher Hellespont und ihr auf Götter Geheis von Göttern erbaute Mauern der Menschen! ― ― Wenn der fürchterliche Wolf unter dem gewaltigen Schiksal erzittern wird! Es versteht mich, wer meinen Boden bewohnt. 5. Länger verschweige ich nimmer die Gesinnung des Vaters, sondern im lauten Gesange will ich der Unsterblichen Orakel den Menschen verkünden. Schwanger geht Thracien mit großem Unheil, nicht ferne ist dessen Geburt; einen durch Uebung boshaften Sohn; auch für sich bringt es ihn hervor. 6. Hervorbrechen wird an des festen Landes Seiten ein hartes Geschwür, hoch aufschwellen, schnell zerplatzen und Ströme von Blut hervorquellen.1
7. Fast möchte ich sagen, dieser Orakelspruch deute wahrhaftig und in räthselhafter Sprache den Bithyniern auf das künftige Unglück, welches sie, wegen der in der Folgezeit ihnen aufgelegten harten Auflagen erfuhren. Wenn es gleich aber heißt: „Schnell wird die Herrschaft zu den Männern übergehen, welche den Boden von Byzanz bewohnen,“ und die Weißagung nach langer Zeit erst erfüllt worden; 8. so muß man sie deswegen doch nicht von einer andern Begebenheit auslegen. Denn der Gottheit ist jede Zeitperiode S. 188 kurz, da sie immer ist und seyn wird. Dieses deutete ich aus den Worten des Orakelspruchs und aus den Begebenheiten selbst. Ist aber jemand in Absicht der Auslegung anderer Meinung, so mag er dabei beharren.
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S. Gyllius I. c. p. 286. ↩