Ein und funfzigstes Kapitel. Charakter des Staatsministers, Rufinus. ― Meuchelmord des Promotus.
1. Von allen, denen Staatsämter anvertraut waren, hielt er den Rufinus, einen Gallier, in besonderen Ehren, und machte ihn zum Oberhofmeister. 2. Andere achtete der Kaiser wenig, ihm aber vertraute er alles an. Dieses verdroß den Timasius und Promotus, daß sie nach so vielen Kämpfen für den Staat nur in die zweite Reihe gesetzt wurden. 3. Rufinus, der von sich eingenommen und stolz sich immer mehr erhub, beleidigte daher einst in einem öffentlichen Staatsrathe den Promotus durch einen übermüthigen Ausdruck. 4. Promotus konnte dieses nicht dulden, fuhr mit der Hand aus, und schlug ihm ins Gesichte. Nun gieng Rufinus zum Kaiser, zeigte ihm sein Gesicht, und erregte dadurch solchen Zorn, daß Theodosius sagte: wenn sie dem Neide gegen den Rufinus nicht entsagten, so werden sie ihn bald als Kaiser sehen. 5. [J. 391.] Wie Rufinus, der sonsten wegen seiner überwiegenden Neigung zur ersten Stelle allem gram war, diese Erklärung hörte, beredete er den Kaiser, daß er dem Promotus befahl, den Pallast zu verlassen, und die Soldaten im Kriegswesen zu üben. Promotus gehorchte. Rufinus aber legte ihm, da er nach Thrakien reisete, S. 89 einen Hinterhalt von Barbaren, die, auf erhaltenen Befehl, ihn, der an nichts dergleichen dachte, überfielen und tödteten ― einen Mann, der, über den Reichthum erhaben, gegen den Staat und Kaiser aufrichtig handelte, aber seinen Lohn dafür erhielt, daß er gegen diejenigen, welche die Staatsgeschäfte so nachläßig und gottlos verwalteten, allzugefällig gewesen war.
