Siebentes Kapitel. Stilichos Zug nach Griechenland — Mord des Rufinus.
[J. 396.] 1. Als man nun dem Rufinus das Schicksal Griechenlands berichtete, erhielt dadurch seine Begierde nach der Regierung einen neuen Zuwachs. 2. Denn da der Staat in Verwirrung gerieth, so glaubte er, es werde seinem Unternehmen nichts mehr im Wege stehen. 3. Stilicho aber schiffte Soldaten ein, um Achaia in seinem Unglücke zu Hülfe zu eilen. Als er im Peloponnes gelandet hatte, nöthigte er die Barbaren nach Pholoe zu fliehen; 4. und leicht konnte er sie, durch Mangel an Lebensmitteln, zu Grunde richten, hätte er sich nicht der Schwelgerei, den Possenspielen und schamloßen Weibern überlassen, und den Soldaten, was die Barbaren zurückließen, zu rauben gestattet ― und so fanden die Barbaren Raum, mit aller Beute den Peloponnes zu verlassen, sich nach Epirus zu ziehen, und auch hier alle Städte noch zu plündern. 5. Als Stilicho dieses sahe, schiffte er, ohne etwas weiters zu thun, nach Italien zurück, und fügte so durch die Soldaten, die er herangeführt S. 116 hatte, den Griechen nur größern und schwereren Schaden zu. 6. Nach seiner Zurückkunft machte er alsbald Anstalten zu dem Tode des Rufinus, und zwar auf folgende Art. 7. Er stellte dem Kaiser Honorius vor: es seie gut, wenn er seinem Bruder Arkadius einige Mannschaft zuschicke, um die, unter seiner Regierung zu Schaden gekommenen, Völker zu schützen. 8. Honorius erlaubte ihm, zu thun, was er gut gefunden hatte, und Stilicho giebt also denjenigen, die er dazu absenden will, den1 Befehl, 9. setzt über sie den Gainas, und eröffnet diesem seine Absicht gegen den Rufinus. Wie sie in die Nähe von Konstantinopel kamen, eilt Gainas voraus, um dem Arkadius ihre Ankunft zu melden: „sie seien angekommen, dem bedrängten Staate zu helfen.“ 10. Der Kaiser [= den Kaiser: ......παρεκάλει τὸν βασιλέα Γαῖνης.....[parekalei ton basilea Gainēs], der sich ihrer Ankunft freuete, ermuntert Gainas, ihnen bei ihrem Einzuge entgegen zu gehen. Denn es sey gewöhnlich, die Soldaten auf diese Art zu ehren2. 11. Der Kaiser ließ sich bereden, und begegnete ihnen vor der Stadt. Sie erwießen ihm ihre Ehrfurcht, und wurden von dem Kaiser liebreich nach Sitte aufgenommen. Jetzt gab Gainas das Zeichen, alle umringten den Rufinus zu gleicher Zeit, und hauen ihn mit den Schwerdern. Der eine beraubte ihn der S. 117 Rechten, ein zweiter verwundete die linke, und jener trennte das Haupt vom Nacken, und entfernt sich unter Siegesgesängen. 12. So sehr höhnten sie ihn, daß sie seine Hand überall in der Stadt umhertrugen, und, wer ihnen begegnete, baten, dem Unersättlichen Geld zu geben3 .
nec locus est odiis. ―
Dextera quin etiam ludo concessa vagatur
Aera petens, fraudesque animi persolvit avari
Terribili lucro, virosque imitata retentus
Cogitur adductis digitos inflectere nervis.
Id. v. 415. 416 f.
