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Da befahl er, ihn kopfüber an den Zehen mit neuen Stricken aufzuhängen, und mit ungegerbten Peitschen schlug man ihn bitter auf seine Wunden, daß Blut und Eifer aus seinem Rücken, seiner Brust und seinen Seiten floß. Viele von den Umstehenden weinten sehr S. 131 über die Qualen und Peinen des ehrwürdigen Greises, und die Magier flüsterten ihm zu: „Wenn du dich wegen der zuschauenden Menge schämst, so führen wir dich in den Feuertempel; bete dort heimlich das Feuer an und du bist gerettet." Der Unschuldige sprach laut: „Weichet von mir, Kinder des Feuers und Freunde des Feuers. Nähret das euch Verzehrende und dienet dem euch Verderbenden, solange dessen Zeit ist." Ungefähr zwei1 Stunden hing er kopfüber in dieser harten, erbarmungslosen Qual. Dann befahl der Môpêt , ihn herabzunehmen und sprach: „Gehorchst du auch jetzt nicht, daß du lebst, verwegener Schwätzer?" Der Heilige sprach: „Von deinen Händen will ich auch nicht leben." Der Môpêt sprach: „Wenn ich dir den Tod gebe, nimmst du ihn an?" Joseph sprach: „Der Tod von dir ist mir Leben, das Leben von dir ist Tod." Der Môpêt sprach: „Deinem Leib habe ich das Leben genommen; nur ein Atem atmet noch in dir; auch den vernichte ich durch böse Qualen, die ich neuerdings über dich bringe." Joseph sprach: „Meine Seele kannst du nicht verderben. Denn es steht uns geschrieben2: ‚Fürchtet nicht den, der den Leib tötet, die Seele aber nicht verderben kann; sondern fürchtet den, der Leib und Seele tötet und beide in die Feuerhölle wirft.‘ Du hast durch diese deine Macht meinen Leib zerstört; aber meiner Seele kannst du die gute Zukunftshoffnung nicht zerstören, noch die uns verheißene Auferstehung des Lebens, worin euch Gottlosen Weinen und Zähne-knirschen in Ewigkeit der Ewigkeiten bereitet ist." Höhnend sprach der Gottlose: „Wenn es dort so ist, wie du gesagt, mit welchem Verderben vergiltst du mir ? " Der Selige sprach: „Der milde Herr hat befohlen: Segnet den, der euch flucht, und tuet Gutes dem, der euch haßt und verfolgt." Lachend sprach der Gottlose: „Also bist du schuldig, mir dort Gutes zu tun für das Böse, das ich dir hier tue." Der Selige sprach: „In jener Welt kann niemand dem anderen Gutes tun. Aber in dieser, in der du bist, bete ich für dich, daß du dich S. 132 zu Gott bekehrest, daß er sich deiner erbarme und du erkennest, daß er ist und kein anderer außer ihm." Der Gottlose sprach: „Laß das, was du in jener Welt erklärst. Denn sieh sogleich sende ich dich dorthin, wenn du den Willen des Königs nicht tust." Der Heilige sprach: „Auch mein Sehnen ist es, daß du mich bald in jene Welt sendest, um derentwillen ich dieses ertrage." Der Gottlose sprach: „Ich will durch deinen Anblick viele in Furcht und Zittern versetzen." Der Heilige sprach: „In den Peinen, in denen ich stand, wurde ich herrlich erfunden; die anderen, die du über mich bringst, ertrage ich tapfer. Den Kindern und Jünglingen, die auf mein Greisenalter sehen, hinterlasse ich ein gutes Beispiel, daß sie mutig deinen Hochmut verschmähen und deine Anmaßung verachten, die ich, der Greis, besiegt durch eigene und Gottes Kraft, der mich gestärkt, da ich meinen Willen dir nicht hingab, noch bis zum Ende meines Lebens hingebe." Da befahl er, ihn wegzunehmen, weil er nicht stehen noch gehen konnte und man brachte ihn in das Gefängnis.
