78.
S. 127 1. Bei der Geburt des Knaben nämlich waren die Magier aus Arabien zu diesem König Herodes gekommen und hatten ihm erzählt, sie hätten aus einem Sterne, der am Himmel erschienen war, erkannt, daß ein König in eurem Lande geboren worden sei, und hatten gesagt1 : ‚Wir sind gekommen, ihn anzubeten.’ Da erkundigte Herodes sich bei den Ältesten eures Volkes, und diese verwiesen auf Bethlehem und erklärten, beim Propheten stünde also geschrieben2 : ‚Und du Bethlehem, Land Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürstenstädten von Juda; denn aus dir wird hervorgehen der Führer, welcher mein Volk weiden wird.’ 2. Die Magier aus Arabien gingen nun nach Bethlehem, beteten das Kind an und brachten ihm Geschenke dar, Gold, Weihrauch und Myrrhen. Hierauf, nach der Anbetung des Kindes in Bethlehem, erhielten sie in einer Offenbarung den Befehl, nicht zu Herodes zurückzukehren3. 3. Joseph aber, der mit Maria verlobt war, hatte anfänglich Maria, seine Braut, entlassen wollen in der Meinung, daß sie infolge unehelichen Umganges mit einem Manne schwanger sei. In einem Gesichte hatte er jedoch den Befehl erhalten, sein Weib nicht zu entlassen; der Engel nämlich, welcher ihm erschienen war, hatte gesagt: ‚Vom Heiligen Geiste ist, was sie im Leibe trägt.’ 4. Nun hätte er sich gescheut, sie zu entlassen4. Er ging vielmehr (mit ihr), als damals in Judäa die erste Zensusliste unter Quirinus aufgestellt worden war, von Nazareth, wo er gewohnt hatte, hinauf nach Bethlehem, woher er stammte, um sich daselbst aufzeichnen zu lassen; denn er war gebürtig aus dem Stamme Juda, welcher jene Gegend bewohnte5. Zugleich mit Maria erhält er Befehl, nach Ägypten zu gehen und dort mit dem Kinde zu bleiben, bis ihnen in einer neuen Offenbarung gesagt würde, sie sollen nach Judäa zurückkehren6. 5. Damals aber, als der S. 128 Knabe in Bethlehem geboren wurde, nahm Joseph, da er in jenem Dorfe nirgends Unterkunft finden konnte, in einer Höhle7 in der Nähe des Dorfes Quartier. Als sie damals an jenem Orte weilten, hatte Maria Christus geboren und ihn in eine Krippe gelegt8. Hier haben ihn den Magier aus Arabien gefunden9. 6. Daß Isaias“, fuhr ich fort, „im Gleichnis auch von der Höhle prophezeit hatte, davon habe ich euch oben erzählt10. Aber um derentwillen, welche mit euch erst heute gekommen sind, will ich noch einmal die Bibelstelle erwähnen.“
So sagte ich und zitierte den Abschnitt aus Isaias, den ich schon oben niedergeschrieben habe, und bemerkte, daß wegen der Isaias-Worte die Lehrer der Mithra-Mysterien vom Teufel veranlaßt worden seien, zu behaupten, sie nähmen ihre Einweihungen an einem Orte vor, der von ihnen als Höhle bezeichnet wird.
7. „Als die Magier aus Arabien nicht, wie es Herodes von ihnen gewünscht hatte, zu ihm, zurückgekehrt waren, sondern dem an sie erlassenen Befehle gemäß sich auf einem anderen Wege nach Hause begeben hatten, als Joseph zugleich mit Maria und dem Kinde gemäß der erhaltenen Offenbarung sich bereits nach Ägypten entfernt hatten, da ließ Herodes gar alle Knäblein in Bethlehem ermorden11 ; denn er kannte nicht das Kind, zu dessen Anbetung die Magier gekommen waren. 8. Diese Ermordung war von Jeremias prophezeit worden. Derselbe hatte durch den Heiligen Geist gesprochen, wie folgt12 : ‚Eine Stimme wurde in Rama gehört, viel Weinen und Wehklagen. Rachel weinte um ihre Kinder, und da sie nicht sind, wollte sie sich nicht trösten lassen.’ Da also von Rama, das ist aus Arabien - denn noch heute gibt es in S. 129 Arabien einen Ort namens Rama13 - die Stimme gehört werden würde, würde der Ort, wo Rachel, das Weib Jakobs, des heiligen Patriarchen mit dem Beinamen Israel, begraben ist, nämlich Bethlehem, von Weinen ergriffen werden, es würden weinen die Weiber um ihre eigenen ermordeten Kinder und nicht würden sie getröstet werden können in ihrem Schicksal.
9. Wenn Isaias sagte: ‚er wird die Macht von Damaskus und die Beute von Samaria empfangen’, dann deutete er an, daß die Macht des bösen Dämon, der in Damaskus wohnt, schon bei der Geburt Christi besiegt wird. Sichtlich ist dies in Erfüllung gegangen. Denn die Magier waren ja erbeutet worden zu allen schlimmen Handlungen, welche jener Dämon wirkt. Als sie aber kamen, um Christus anzubeten, da fielen sie bekanntlich von jener Macht ab, von welcher sie als Beute erobert worden waren, und welche nach der geheimnisvollen Andeutung des Logos in Damaskus wohnt. 10. Mit Recht nennt er bildlich jene Macht wegen ihrer Sündhaftigkeit und Ungerechtigkeit Samaria. Daß aber Damaskus in Arabien lag und liegt, kann auch von euch niemand leugnen, wenngleich es jetzt Syrophönizien zugeteilt ist14.
Ihr Männer, es wäre also gut, wenn ihr von uns Christen, die der Gnade Gottes teilhaft geworden sind, die Weisheit, welche euch fehlt, lernen würdet; ja gut wäre es, wenn ihr nicht immer hartnäckig Gottes Lehren verachten und an euren Lehren festhalten würdet. 11. Auf uns ist also die von Gott kommende Gnade übertragen worden; denn Isaias erklärte15 : ‚Dieses Volk kommt zu mir; mit ihren Lippen ehren sie mich, ihr Herz aber ist fern von mir. Es hat keinen Wert, wenn sie mich ehren; denn sie lehren menschliche Gebote und Lehren. Darum, siehe, werde ich dieses Volk auch noch versetzen, ja versetzten werde ich sie, und ich werde die S. 130 Weisheit ihrer Weisen wegnehmen und werde den Verstand der Verständigen vernichten’.“
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Matth. 2, 2. ↩
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Mich 5, 2; vgl. Matth. 2, 5. ↩
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Matth. 2, 11 f. ↩
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Matth. 1, 18-20. ↩
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Vgl. Luk. 2, 15. ↩
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Matth. 2, 13. ↩
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Der Bericht, daß Jesus in einer Höhle geboren wurde, begegnet uns bei Justin und im Protevangelium des Jakobus (18,1) zum erstenmal. ↩
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Luk. 2, 6f. ↩
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Matth. 2, 11. ↩
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70, 2. ↩
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Vgl. Matth. 2, 8. 12-14. 16. ↩
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31, 15; vgl. Matth. 2, 18. ↩
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Der bei Jeremias erwähnte Ort Rama wird gewöhnlich identifiziert mit dem einige km nördlich von Jerusalem gelegenen el Ram. ↩
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Zur Auslegung von Is. 8,4 vgl. Tertullian, Gegen Marcion 3,13; Gegen die Juden 9. ↩
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29, 13 f. ↩