5.
Bei Adam aber ist nichts Derartiges geschehen, sondern alles verhielt sich umgekehrt. Von einem andern war er verführt unter dem Vorwand der Unsterblichkeit. Sogleich wird er von Furcht ergriffen und verbirgt sich, nicht als ob er Gott entfliehen könnte, sondern beschämt, weil er das Gebot übertreten hatte und unwürdig war, vor dem Angesicht Gottes zu einer Unterredung zu erscheinen. „Die Furcht Gottes aber ist der Anfang der Weisheit“1 . Die Erkenntnis seiner Übertretung aber bewirkte die Reue, und den Reumütigen schenkt Gott seine Gnade. Nämlich gleich bei der Tat zeigt er durch die Schürze seine Reue, indem er sich mit Feigenblättern bedeckte2 . Es gab ja auch viele andere Blätter, die seinen Körper weniger gestochen hätten. Dennoch machte er sich gerade ein Kleid, das seinem Ungehorsam angepaßt war. Da er durch die Furcht Gottes erschüttert war und den ungestümen Angriff des Fleisches zurückdrängen wollte — denn nun hatte er seinen kindlichen Charakter und Sinn verloren und war auf bösere Gedanken gekommen — so legte er sich und seiner Frau den Zügel der Enthaltsamkeit an, weil er Gott fürchtete und seine Ankunft erwartete. Damit wollte er gleichsam kundtun: Das Gewand der Heiligkeit, das ich vom Geiste hatte, habe ich verloren, und erkenne nun, daß ich ein solches Kleid verdiene, das keinerlei Ergötzung bietet, sondern das Fleisch S. 314beißt und kratzt. Und dieses Kleid hätte er, um sich zu demütigen, fortan getragen, wenn nicht Gott in seiner Barmherzigkeit sie mit Tierröcken statt der Feigenblätter bekleidet hätte. Deshalb richtet er auch an sie die Frage, damit die Klage auf das Weib falle, und dann wiederum an das Weib, damit sie die Schuld auf die Schlange schieben könne. Sie sagte nämlich, was geschehen war: „Die Schlange verführte mich, und ich aß“3 . Die Schlange aber fragte er nicht, denn er wußte, daß sie die Ursache der Übertretung geworden war; so sandte er zuerst auf sie den Fluch, und dann traf den Menschen der Tadel. Den nämlich, der den Menschen verführt hatte, haßte Gott; über den aber, der verführt worden ist, erbarmte er sich ganz allmählich.