2.
Und weiter hat der Herr kundgetan, daß auch manche Gesetze von Moses ihnen wegen ihrer Härte gegeben sind, weil sie sich nicht unterwerfen wollten, indem er auf die Frage: „Warum hat Moses vorgeschrieben, einen Scheidebrief zu geben und die Gattin zu entlassen?“ ihnen antwortete: „Dies hat er wegen der Härte eures Herzens erlaubt, von Anfang an ist es aber nicht so geschehen“1 . Moses entschuldigte er als treuen Diener, Gott bekannte er als den, der im Anfang Mann und Weib gemacht hat; jene aber bezichtigte er als hart und ungehorsam. Und deswegen empfingen sie von Moses das Gebot des Scheidebriefes, das ihrer Härte entsprach. Doch was sagen wir dies vom Alten Testamente? Haben doch im Neuen Testamente die Apostel aus dem angegebenen Grunde ersichtlich ebenso gehandelt. So sagt gleich Paulus: „Dies aber sage ich, nicht der Herr“2 . Und wiederum: „Dies aber sage ich S. 366gemäß seiner Nachsicht, nicht gemäß seines Gebotes“3 . Und wiederum: „In Betreff der Jungfrauen zwar habe ich kein Gebot des Herrn, ich gebe aber einen Rat als einer, der Barmherzigkeit vom Herrn erlangt hat, um treu zu sein“4 . Und an einer anderen Stelle sagt er: „Damit euch nicht versuche Satanas wegen eurer Unenthaltsamkeit“5 . Wenn also auch im Neuen Testamente die Apostel einige Vorschriften offensichtlich aus Milde wegen der Unenthaltsamkeit einiger zugestanden haben, damit diese nicht verhärteten und an ihrer Rettung verzweifelten und von Gott abfielen, so darf man sich nicht wundern, wenn Gott im Alten Testamente einiges dergleichen zum Nutzen des Volkes wollte geschehen lassen, indem er sie durch die genannten Beobachtungen anlockte. Hierdurch sollten sie das Heil des Dekalogs beobachten, von ihm festgehalten, nicht mehr zum Götzendienst zurückkehren, noch von Gott sich abwenden, sondern lernen, ihn von ganzem Herzen zu lieben. Wenn aber einige mit Rücksicht auf die ungehorsamen und verlorenen Israeliten sagen wollten, daß der Lehrer des Gesetzes also schwach war, so werden sie auch in dem Ruf, der an uns ergangen ist, viele Berufene, aber wenige Auserwählte finden und solche, die inwendig Wölfe, von außen aber mit Schaffellen bekleidet sind. Denn immer hat Gott und seine Ermahnung den freien Willen und das Selbstbestimmungsrecht im Menschen gewahrt, damit die Ungehorsamen gerechterweise verurteilt werden, deshalb weil sie nicht gehorchten. Die aber ihm gehorchten und glaubten, die sollten mit der Unvergänglichkeit geehrt werden.