1.
Durch solche Erzählungen aus dem Altertum erquickte uns der Priester und sagte: Wegen derjenigen Verbrechen, welche die Schriften selbst an den Patriarchen und Propheten tadeln, dürfen wir ihnen keinen Vorwurf machen und Cham nicht ähnlich werden, der die Scham seines Vaters verlachte und in Fluch fiel. Sondern wir sollen Gott für sie danken, daß er in der Ankunft unseres Herrn ihnen ihre Sünden verzieh. Denn auch sie, sagte er, danken und freuen sich über unser Heil. Was aber die Schrift nicht tadelt, sondern einfach berichtet, das sollen auch wir nicht tadeln, denn wir können nicht gewissenhafter sein als Gott, noch „über dem Meister sein“1 . Da gilt es also, nur den Typus zu suchen. Denn nichts von dem ist bedeutungslos, was die Schrift berichtet, ohne einen Tadel auszusprechen. So führte Lot aus Sodoma seine Töchter, die von ihrem Vater empfingen, und ließ auf dem Grenzgebiet sein Weib als eine Bildsäule von Salz zurück bis auf den heutigen Tag. Denn nicht aus seinem Willen, noch aus seiner fleischlichen Lust empfing Lot den Sinn und Gedanken hieran und vollendete den Typus nach dem Zeugnis der Schrift: „Und es ging die ältere hinein und schlief bei dem Vater in jener Nacht, und Lot wußte es nicht, da sie schlief und aufstand“2 . Und bei der jüngeren heißt es ebenso: „Und er wußte es nicht, da sie bei ihm schlief, noch da sie aufstand“3 . Indem also, ohne daß der Mann es wußte und der Wollust diente, S. 424dieser Vorgang sich vollzog, wurden die beiden Töchter, d. h. die beiden Synagogen, angedeutet, die von ein und demselben Vater ohne Fleischeslust mit Kindern beschenkt wurden. Denn kein anderer war da, der ihnen den Samen des Lebens und Sohnesfrucht geben konnte, wie geschrieben steht: „Unser Vater ist alt und niemand ist auf der Erde, der zu uns eingeht, wie es sein muß auf der ganzen Erde, Komm, wir wollen unsern Vater mit Wein trunken machen und mit ihm schlafen, damit wir uns von unserm Vater Samen erwecken“4 .
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