5.
Ferner ist über die Bitte: „Geheiligt werde dein Name“ und die folgenden in Befehlsform gekleideten Bitten zu sagen, dass auch die Übersetzer1 die Befehlsform anstatt der Wunschform beständig gebraucht haben, wie in den Psalmen: „Stumm sollen werden die trügerischen Lippen, die gegen den Gerechten Gesetzlosigkeit reden2“, anstatt: „(Stumm) mögen werden“[usw.]; ferner: „Ausforschen soll der Wucherer alle seine Habe; nicht soll er jemanden haben, der sich seiner annimmt3“, wie es im 108. Psalm über Judas heißt; denn der ganze Psalm ist eine Bitte, dass dem Judas dies und das widerfahre.
Da aber dem Tatian die Einsicht fehlte, dass das Wort γενηθήτω („es werde“) nicht immer den Wunsch, sondern gelegentlich auch einen Befehl anzeigt, so hat er von Gott, der das Wort sprach: „Es werde Licht4“, höchst frevelhaft angenommen, dass er mehr gewünscht als befohlen habe, dass „das Licht werde“, „da Gott“, wie jener gottlose Denker sagt, „sich in Finsternis befand5“. Hiergegen ist zu bemerken, wie denn Tatian auch (die folgenden Sätze) deuten wird: „Die Erde lasse Gras zur Weide sprossen6“ und: „Es sammle sich das Wasser, das unter dem Himmel ist7“, und: „Das Wasser bringe hervor kriechende Lebewesen8“ und: „Die Erde bringe hervor lebendige Wesen9.“ Wünscht S. 86 er etwa, um auf festem Grunde zu stehen, dass „das Wasser, das unter dem Himmel ist, sich an einem Orte sammle10“ oder wünscht er, um an dem von der Erde Aufsprießenden teilzuhaben, „die Erde lasse sprossen11“? Wozu bedarf er aber in ähnlicher Weise, wie er das Licht wünscht, der im Wasser und in der Luft und auf dem festen Lande lebenden Tiere12, dass er auch um ihretwillen den Wunsch äußert? Wenn es aber auch nach Tatians Ansicht widersinnig ist, dass Gott über diese in Befehlsform eingekleideten Dinge Wünsche äußere, wie sollte da nicht das gleiche auch von dem Satz: „Es werde Licht13“, gelten, dass man ihn nämlich nicht als Wunsch, sondern als Befehl auffassen muß? Da nun das Gebet in der Befehlsform abgefaßt ist, so glaubte ich notwendigerweise an die falschen Deutungen Tatians um der Leute willen erinnern zu müssen, die, von ihm getäuscht, seine gottlose Lehre angenommen haben; Solche Leute haben auch wir einst kennen gelernt.