2.
Das gleiche müssen wir annehmen bei dem, was wir unsern Brüdern schulden, sowohl denen, die nach Maßgabe ihrer Gottesfurcht in Christus mit uns neu geboren worden sind, als auch denen, die mit uns von der gleichen Mutter oder dem gleichen Vater abstammen. Auch Mitbürgern gegenüber gibt es eine Verpflichtung, und eine andere gemeinsame allen Menschen gegenüber, eine besondere gegen Fremde, eine besondere gegen die, welche ein väterliches Alter haben, und eine andere gegen die, welche man aus guten Gründen wie Söhne oder wie Brüder ehren muß. Wer nun das, was er Brüdern zu leisten „schuldig“ ist, nicht tut, der bleibt das schuldig, was er nicht getan hat. Wenn wir aber auch unsern Mitmenschen gegenüber mit dem, was ihnen von uns im menschenfreundlichen Geiste der Weisheit gebührt, im Rückstand bleiben, so vergrößert sich dadurch noch die Schuld. Auch bei dem, was uns selbst betrifft, sind wir „schuldig“, den Körper in dieser Weise (richtig) zu gebrauchen, nicht dazu, die Körperkräfte durch den Hang zum Vergnügen aufzureiben; aber auch unserer Seele sind wir „schuldig“ diese Sorgfalt zu widmen und für Schärfe unseres Verstandes Vorsorge zu tragen und für unsere Rede, dass sie ohne verletzenden Stachel und förderlich und keineswegs „unnütz“ sei1. Sobald wir nun das, was uns von uns S. 112 selbst „geschuldet“ wird, nicht ausführen, so wird die Schuld für uns noch schwerer.
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Matth. 12,36. ↩