13.
Diese Bedenken werden, wie ich wohl weiß, auf jene Leute starken Eindruck machen. Haben sie ja doch deswegen einen anderen Gott neben dem Schöpfer von Himmel und Erde erdichtet, weil sie im Gesetz und in den Propheten viele derartige Anstöße fanden und daran Ärgernis nahmen, wie wenn der Gott, welcher solche Aussprüche getan hätte, nicht „gut“ sei. Wir aber müssen nunmehr wegen der bei der Bitte: „Führe und nicht in Versuchung1“ entstandenen Schwierigkeiten, um derentwillen wir auch die Worte des Apostels angeführt haben, zusehen, ob auch wir zutreffende Lösungen der Widersprüche finden können. Ich glaube also, dass Gott eine jede vernünftige Seele im Hinblick auf ihr ewiges Leben leitet. Diese Seele hat immer die freie Selbstbestimmung und ist selbst schuld daran, wenn sie sich entweder beim Aufstieg bis zu der Höhe der Tugenden in sittlich besserem Zustande befindet, oder abweichend hiervon infolge von Unachtsamkeit zu einer mehr oder weniger tiefen Stufe der Schlechtigkeit hinabsteigt. Da nun die schnelle und kürzer bemessene Heilung bei einigen Geringschätzung der Krankheiten, S. 128 in die sie verfallen sind, bewirkt, als ob sie leicht heilbar wären, so dass sie wohl auch ein zweites Mal nach der Genesung in dieselben Krankheiten verfallen: so wird (Gott) mit gutem Grunde bei solchen Leuten, die nach irgendeiner Hinsicht wachsende Schlechtigkeit nicht beachten und sogar deren größte bis zur Unheilbarkeit führende Ausdehnung übersehen, damit sie durch den Verkehr mit dem Bösen und die Durchdringung mit der Sünde, nach der sie verlangen, gesättigt den Schaden merken und, von Haß gegen das erfüllt, was sie früher billigten, imstande sind, nach erfolgter Heilung die Gesundheit ihrer Seelen, die ihnen bei dem Heilungsprozeß zuteil wird, mit größerer Sicherheit zu genießen. Zum Beispiel „bekam einst das den Kindern Israel beigemischte Pöbelvolk Gelüste. Und da lagerten sie sich und auch die Kinder Israel und weinten und sprachen: Wer wird uns Fleisch zu essen geben? Wir erinnerten uns an die Fische, die wir umsonst in Ägypten verzehrten, und an die Gurken, die Melonen, den Lauch, die Zwiebeln und den Knoblauch. Jetzt aber ist unsere Seele verschmachtet, nichts als das Manna sehen unsere Augen2.“ Dann heißt es kurz darauf: „Und Mose hörte sie in ihren Abteilungen jammern; jeder war vor seiner Tür3.“ Und wiederum kurz darauf sagt der Herr zu Mose: „Und zum Volke sollst du sagen: Heiliget euch morgen, dann werdet ihr Fleisch essen; denn ihr habt vor dem Herrn gejammert und gesagt: Wer wird uns Fleisch zu essen geben? Denn gut erging es uns in Ägypten. So wird euch nun der Herr Fleisch zu essen geben, und ihr werdet Fleisch essen. Nicht einen Tag nur werdet ihr es essen, auch nicht zwei oder fünf oder zehn oder zwanzig Tage; einen ganzen Monat lang werdet ihr essen, bis es euch zum Hals heraushängt; und es wird euch zum Ekel werden, da ihr den Herrn, der unter euch weilt, nicht gehorcht und vor ihm gejammert und gesagt habt: Wozu sind wir doch aus Ägypten ausgezogen4?“ S. 129