56. Gott will, daß alle Menschen in Tugend und Eintracht wandeln gleich den himmlischen Mächten.
Der Herr hat uns gelehrt, im Gebete zu seinem Vater zu sagen: „Es geschehe dein Wille wie im Himmel, so auch auf Erden.” Wie die himmlischen Mächte in ihrer körperlosen Natur vereint Gott verherrlichen, so sollen auch auf Erden alle Menschen aus einem Munde und in gleicher Gesinnung den alleinigen Gott, den Einen und Wahrhaftigen lobpreisen durch Jesum Christum. Gottes Wille ist es, daß wir ihn einmüthig loben und anbeten. Dieß nämlich ist der Wille Gottes in Christo, daß Viele in ihm gerettet werden, nicht aber, daß Jemand ihm Nachtheil zufüge, noch daß ihr die Kirche kleiner machet oder die Zahl der Gläubigen verringert, indem ihr auch nur eine einzige Seele tödtet, die durch Buße hätte gerettet werden können. Wenn eine solche Seele nicht so fast durch ihre eigene Schuld verloren gegangen, sondern durch euere List, so erfüllt sich an euch das Wort der Schrift: „Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zer- S. 99 streuet.”1Wer zerstreuet, ist ein Gegner der Schafe, Feind Gottes und Beschädiger der Lämmer, deren Hirte der Herr ist. Wir haben die Gläubigen gesammelt aus verschiedenen Völkern und Zungen mit vieler Mühe und Gefahr unter ständigen Beschwernissen, Nachtwachen, Fasten, harten Nachtlagern, Verfolgungen, Schlägen und Gefängniß, damit wir den Willen Gottes erfüllend den Speisesaal, d. i. die katholische Kirche mit geladenen Gästen anfüllen, welche jubeln und frohlocken, Gott verkünden und lobpreisen, weil er durch uns sie zum Leben berufen hat. Ihr aber zerstreutet, so viel ihr es vermochtet. Haltet Frieden unter einander, ihr Laien, vermehret in Klugheit die Glieder der Kirche, machet Jene wieder zahm, welche die Natur wilder und verirrter Schafe angenommen haben, führet sie in die Kirche zurück und versetzet sie in den früheren Stand. Der überaus große Lohn hiefür besteht in der Verheissung des Herrn: „Wenn du dich bekehrst, so werd' ich dich bekehren und standhaft vor mir machen; und wenn du das Kostbare von dem Schlechten sonderst, so wirst du wie mein Mund sein.”2