I. Theophila.
Theophila.
Nun habe Theophila so gesprochen: In der Tat erscheint es mir notwendig, meinerseits einen Versuch zu machen, um dieser Rede den Schlußstein aufzusetzen; denn trefflich hat Marzella sich zwar ins Thema hineingestürzt, aber an Vollständigkeit hat sie es genugsam fehlen lassen. Daß die Menschheit Schritt für Schritt sich vorwärts arbeiten mußte zur Jungfräulichkeit, und daß Gott sie dazu antrieb von einer Zeit zur andern: das, glaube ich, hat sie trefflich dar gelegt; daß man aber auf dieser Stufe keine Kinder mehr zu erzeugen brauche, die Behauptung ist nicht trefflich. Denn das meine ich deutlich aus der Schrift ersehen zu haben: Als die Jungfräulichkeit kam, da hat der Logos die Kindererzeugung mit nichten gänzlich abgeschafft. S. 292 So ist wohl der Mond größer als die Sterne, aber deshalb wird nicht das Licht der andern Sterne ausgetan. Fangen wir an mit der Genesis, um doch in der Schrift das Altehrwürdige mehr zur Geltung kommen zu lassen; denn der Ausspruch Gottes und seine Weisung in der Sache der Kindererzeugung kommt zugestandenermaßen auch heutzutage noch zur Erfüllung: noch bildet der Schöpfer den Menschen. Denn das ist doch schließlich einem jeden kund, daß Gott ja zur Stunde noch arbeitet als Bildner der Welt, wie denn auch des Herrn Lehre besagt: „Immer noch wirkt mein Vater“1. Aber wenn einmal die Ströme zur Ruhe kommen und sich nicht mehr in den Behälter des Meeres ergießen, und wenn das Licht vollkommen geschieden ist von der Finsternis — jetzt ist diese Scheidung erst im Werden — wenn einmal weiterhin das feste Land aufhört seine Früchte zu spenden und kriechendes und vierfüßiges Getier, und wenn die vorherbestimmte Zahl der Menschen voll ist: da mag man denn des weiteren auch davon abstehen, Kinder zu erzeugen. Jetzt aber muß der Mensch zum Bilde Gottes mitwirken, weil die Welt noch steht und noch ihr Bau im Werke ist. So ward gesagt: „Wachset und mehrt Euch!“2 und man darf nicht des Schöpfers Weisung schmähen, der wir doch selbst unser Dasein verdanken. Denn das erste bei der Erzeugung von Menschen ist das Säen des Samens in die Furchen des Mutterleibes, damit Gebein aus Gebein und Fleisch aus Fleisch, durch unsichtbare Gewalt erfaßt, wiederum vom gleichen Schöpfer zu einem neuen Menschen gestaltet werde. Auf diese Weise, so darf man glauben, wird jenes Wort erfüllt: „Das ist nun Gebein aus meinem Gebein und Fleisch aus meinem Fleisch“3.