Hymnus
Nach diesen Worten, meldet Theopatra, hieß Arete alle aufstehen — alle sollten sie unter dem Agnosbaum in würdiger Weise einen Dankhymnus zum Herrn emporsenden und Thekla solle anfangen und Vorsingen. Als sie sich nun erhoben hatten, da sei Thekla mitten unter die Jungfrauen getreten, zur Rechten der Arete, und habe einen Psalm begonnen, wunderschön; und die übrigen standen im Kreise um sie, in Reigenstellung und sangen die Antwort:
1. Vom Himmel, Mädchen, dröhnt des Totenweckers Rufen: Dem Bräutigam entgegen! Auf nach Osten alle, In weißen Kleidern, Lichter tragend! Eh' der Herscher Zu früh für euch ins Tor tritt! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
2. Entfloh'n der Menschen seufzerreichem Wohlbehagen, Entfloh'n der üpp'gen Lebenslust, begehr ich nunmehr Von deinen Lebensspenderarmen Schutz, und Anblick Stets deiner Schöne, Glücksherr! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
3. Gemieden hab’ ich Bett und Haus der ird’schen Ehe Für dich, den reichen Herrscher; unbefleckten Kleides Erschein' ich hier, an deiner Seite zu gelangen Ins seligreiche Brautgemach. „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“ S. 389
4. Des Drachen tausendfältiger Zauberlist entfloh ich, Du Gott des Glücks; des Feuers Lohe auch ertrug ich, Der wilden Tiere todumbrauste Wut nicht minder, Und harrte dein vom Himmel! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
5. Der Heimat denk ich nicht, nur deiner Gnade, Logos! Der Mädchen denk ich nicht, der Chöre gleichen Alters, Der Mutter nicht und nicht der lust'gen Sippe; du nur, Ja du, du bist mein Alles, Christus! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
6. Du Lebensherzog, Christus, Heil dir! Licht ohn' Abend! Vernimm den Ruf! Ein Chor von keuschen Mädchen preist dich, Du Blume ohne Makel, Liebe, Freude, Wissen, O Logos, Weisheit du! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil’ ich zu dir, Geliebter!“
7. Schließ auf die Tore, lichtumfloss'ne Fürstin, hol’ uns, Du keuscher Leib, du siegumstrahlte Braut, du Wohlduft! Im Kleide Christi treten wir heran vollselig Dein Hochzeitslied zu singen, Kind! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
8. Nun weinen bittern Harms und stöhnen schwer, die draußen, S. 390 Die Mädchen vor dem Brauttor, jammernd schallt ihr Rufen; Der Lampen Licht, es war erloschen — nimmer kamen sie Zur Schau des Lustgemachs. „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
9. Vom heil'gen Weg ab irrten sie auf Erdenpfaden, Vergaßen, welches Leid! ihr Gut und Öl zu mehren; Da starb der Lampen Flammenglut in ihren Händen, Nun schluchzt das Herz im Busen! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
10. Des Nektars süße volle Krüge steh'n bereitet. Wohlauf zum Trunk! Im Himmel wuchs der Trank, ihr Mädchen, Der Bräutigam hat ihn gesetzt vor die, die würdig Der Ruf zur Hochzeit traf, „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil’ ich zu dir, Geliebter!“
11. Das lichte Vorbild deines Todes, o du Seliger, Der blutbetropfte Abel schrie zum Himmel blickend: Des mitleidlosen Bruders Hand hat mich getroffen, Ich flehe, Logos, hol’ mich! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
12. Der Reinheit höchsten Preis gewann dein Knabe Joseph; Zu frevlem Lager zerrte ihn das Weib, entglühend In Liebessehnsucht; keine Weile wandte er sich hin, Nackt floh er mit dem Ruf: „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil’ ich zu dir, Geliebter!“ S. 391
13. Zu frischer Schlachtung, Gott zum Opfer, führte Jephta Sein keusches Töchterlein, als wär's ein Lamm, zum Opfertisch; Doch sie, zum edlen Bilde deines Leibes strebend, Du Seliger, schrie auf mit Macht: „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil’ ich zu dir, Geliebter!“
14. Mit wohlgetaner List und Wagemut hat Judith Geköpft den Fürsten fremder Horden; der Schönheit Züge Berückten ihn; doch sie blieb keusch an Leib und Gliedern. So scholl ihr Siegerruf: „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
15. Zwei Richter schauten schleierlos die schönen Formen Susannas; lieberasend sprachen sie: Geliebte, Geheimer Hochzeit Bett ersehnend stehen hier wir! Erzitternd schrie sie da: „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
16. Viel besser ist für mich der Tod als solch Verraten Des Ehebetts an euch, ihr Weibernarren; büßen Und ewig leiden müßte ich in Gottes Feuerpeinen; Erlöse mich aus diesen Nöten, Christ! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
17. Im Wasserbade wusch die Menschenmassen heilig, Der dir voranging; zum Mordtod schleppte ihn, den Keuschen, Der schlimme Mann; sein Purpurblut benetzt' die Erde, Da rief er auf zu dir, du Glück: S. 392 „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
18. Auch deines Lebens Born, die unberührte Huldin, Die starke, dich trug sie im ungefreiten Leibe Und trug den Schein des Hochverrats am keuschen Lager; Doch, Seliger, die Schwang’re sprach: „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil’ ich zu dir, Geliebter!“
19. O Glücksherr, deiner Hochzeit Tag mit Lust zu schauen Erscheinen Engel, alle, die du riefst, mein König, Vom Himmel her; Großgaben tragen sie, o Logos, Ihr Kleid ist makellos. „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
20. Mit Hymnen, selige Gottesbraut, lobpreisen wir dich In Ewigkeit, wir Brautgefährtinnen, du reine Magd, O Kirche, Leib in Unschuldschnee und Dunkellocken, Du Keusche, Gute, Liebe du! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
21. Fort ist Verderbnis, fort der Krankheit Tränenschmerzen, Der Tod ist tot, dahin die Torheit all, gestorben Des Herzens Qualenofen, und Christi Gottesgnade strahlt Den Sterblichen noch einmal neu! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
22. Das Paradies ist nicht mehr menschenlose Witwe, Von Gott kam neu Geheiß, daß wieder drinnen wohne S. 393 Der Flüchtling aus des Drachen vielgefärbtem Zauber, Ohn' Ende, bar der Furcht und selig. „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
23. Der Chor der Jungfrau'n singt des neuen Liedes Psalmen, Dich, Herrin, heut' geleiten sie zum Himmel, leuchtend Mit weißen Lilienkelchen all umwunden, und Fackeln, Glanzsprüh’nde, in der Hand. „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“ 24. Der du auf makellosen Himmelsthronen waltest, Du, Sel'ger, Anfangsloser, ew'ge Herrscherallmacht, Wir steh’n vor dir; zur Stadt des Lebens laß uns kommen An deines Sohnes Seite, Vater du! „Dir bleib ich rein und strahlendlichte Lampen tragend „Eil' ich zu dir, Geliebter!“
