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Das ist's, was die Wortführer der Sethianerlehre sagen, wenn man es kurz zusammenfaßt. Ihre Lehre ist ein Konglomerat aus den Äußerungen der Physiker, die in anderem Belang gemacht wurden, die sie dann auf die eigene Lehre übertragen und so erklären, wie wir es angegeben. Sie behaupten, auch Moses stütze ihre Lehre, wenn er sagt: „Dunkel und Finsternis und Sturm“1 — diese drei Worte —, oder wenn er sagt, im Paradies habe es drei gegeben, Adam, Eva, die Schlange2, oder wenn er von dreien spricht, Kain, Abel, Seth3, und wiederum von dreien, Sem, Cham, Japhet4, oder wenn er drei Patriarchen nennt, Abraham, Isaak, Jakob5, oder wenn er sagt, es habe drei Tage vor Sonne und Mond gegeben6, oder wenn er von drei Gesetzen spricht, dem S. 129 verbietenden, dem erlaubenden und dem Strafgesetz. Ein verbietendes Gesetz ist: „Von jedem Baum im Paradiese magst du verzehren und essen, von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollt ihr nicht essen“7. In den Worten: „Zieh hinweg aus deinem Lande und deiner Verwandtschaft und geh hin in ein Land, das ich dir zeigen werde“8 liegt ein erlaubendes Gesetz; denn der, der willens ist, kann hinwegziehen, wer nicht willens ist, bleiben. Ein Strafgesetz ist: „Du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen“9. Es ist für jedes dieser Vergehen eine Strafe festgesetzt.
Es stammt aber ihre ganze Lehrunterweisung von den alten Theologen Musäos und Linos und von Orpheus, der hauptsächlich die Weihen und Mysterien einführte. Ihre Lehre über den Mutterschoß, die Schlange und den Nabel, der Mannhaftigkeit bedeutet, findet sich klar in den Bacchischen Mysterien des Orpheus. Diese wurden in Phlius in Attika vor den Weihen des Keleos, Triptolemos, der Ceres, der Kore und des Dionysos in Eleusis gefeiert und überliefert; die Feste der sogenannten Megale in Phlius liegen vor den eleusinischen Mysterien. Es befindet sich dort eine Säulenhalle, in diese Säulenhalle sind die Bilder aller der erwähnten Dinge bis auf den heutigen Tag eingeritzt. Über vieles von dem, was in diese Säulenhalle eingeritzt ist, handelt Plutarch in den zehn Büchern gegen Empedokles. In die Türen10 ist auch ein kahler Greis mit Flügeln eingeritzt, dessen Scham in Erregung ist und der ein fliehendes, hundeähnliches Weib verfolgt. Beim Greise steht: [phaos rhyentēs] φάος ῥυέντης11, bei dem Weib: [pereēphikola] περεηφικόλα12. Nach der Lehre der Sethianer scheint der [phaos rhyentēs] φαός ῥυέντης das Licht, die [phikola] φικόλα das dunkle Wasser zu sein, der zwischen ihnen liegende Raum die Harmonie des dazwischen liegenden Pneumas. Der Name des [phaos] φαός
„Dreifach ward alles geteilt, und jede erloste die Herrschaft“14.
Das heißt, jedes der dreifach geteilten Dinge hat Kraft erhalten. Und vom darunter befindlichen Wasser, in dem das Licht unterging, das den von ihm herabgekommenen Funken an sich nehmen und hinauf bringen muß, scheinen die allwissenden Sethianer zu reden, wenn sie aus Homer entlehnen:
„Wissen soll's nämlich Gaia und Uranos oben, der weite,
Und das rinnende Wasser des Styx; und das ist der größte
Und der gewaltigste Schwur für alle seligen Götter“15.
Das heißt, die Götter halten nach Homer das Wasser für etwas Verabscheuenswertes und Gräuliches, das nach der Lehre der Sethianer dem Nus furchtbar ist.
