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Gegen die Heiden (BKV)
12.
Um von den vielen und allzu vielen1 Geschichten nur wenige anzuführen: Wenn man mitansieht, wie er an Semele, Leda, Alkmene, Artemis, Leto, Maia, Europe, Danae und Antiope sich Sünde und Schändung erlaubte, oder wie er gar an seiner eigenen Schwester sich frevlerisch verging und sie zur Schwester und Gattin hatte, muß man da nicht seiner spotten und ihn zum Tod verdammen? Ja, er beging nicht nur Ehebruch, sondern nahm gar die im Ehebruch erzeugten Kinder unter die Götter auf, um mit dem Schleier solcher Vergöttlichung seinen Frevel zu verhüllen: dahin zählen Dionysos, Herakles, die Dioskuren, Hermes, Perseus und Soteira2. Wenn man der sogenannten Götter unversöhnlichen, gegenseitigen Zank vor Ilium wegen der Griechen und Trojaner sieht, muß man da nicht ihre Schwäche verurteilen, wenn sie wegen ihres Haders untereinander auch noch die Menschen aufreizten? Wenn S. 550 man sieht, wie Ares und Aphrodite von Diomedes3, Hera und Ädoneus, der sogenannte Gott der Unterwelt4, von Herakles, Dionys von Perseus, und Athene von Arkas verwundet werden, und Hephäst aus dem Himmel geworfen wird und hinkt5, muß man da nicht ihre Natur verachten und endlich aufhören, sie Götter zu nennen? Hört man noch, daß sie sterblich sind und leidensfähig, muß man sie dann nicht schlechterdings nur als Menschen beurteilen, und zwar als schwache Menschen, und sollte man nicht eher die Verwundenden als die Verwundeten bewundern? Oder wenn man den Ehebruch des Ares mit der Aphrodite sieht und auf die List des Hephäst gegen beide und auf die anderen sogenannten Götter, die auf die Einladung des Hephäst zum Anblick des Ehebruches auch herbeikommen und ihre Unzucht mitansehen6, muß man da nicht spotten und ihre Verkommenheit verdammen? Oder muß man nicht spotten, wenn man die von der Berauschung kommende Besinnungslosigkeit und Liederlichkeit des Herakles an der Omphale sich austoben sieht?7 — Ihr lüsternes Verhalten, ihre wahnsinnigen Buhlereien und die Götterfabrikation in Gold und Silber, Erz und Eisen, in Stein und Holz braucht man nicht ausdrücklich bloßzustellen, da diese Dinge an sich schon Abscheu erregen und an sich selbst das Merkmal der Verirrung tragen. Daher müßte man am meisten die bedauern, die sich hierin täuschen lassen. Sie8 hassen den Ehebrecher, der zu ihrer Gattin geht, schämen sich aber nicht, die Lehrer des Ehebruches zu vergöttern. Sie kennen keinen fleischlichen Verkehr mit ihren Schwestern, und doch beten sie die S. 551 an, die solches tun. Sie geben zu, daß Knabenschändung eine Missetat ist, und verehren doch die, die solcher Vorwurf trifft. Und was die Gesetze nicht einmal den Menschen erlauben, das hängen sie, ohne zu erröten, ihren sogenannten Göttern an.
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διὰ τὸ πλῆθος : wegen der Überzahl. ↩
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Den Beiname Σώτειρα = "Retterin“ führten mehrere griechische Göttinnen. Hier ist wahrscheinlich Artemis gemeint, die Tochter des Zeus und der Leto; sie führte als Beschützerin der gebärenden Frauen mit einem gewissen Vorrecht diesen Namen. ↩
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Homer, Il. V. 330 f.; 855 f. ↩
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Hades, der römische Pluto. ↩
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Homer, Il. I, 590. ↩
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Homer, Odyss. VIII, 266 f. ↩
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Omphale war die Tochter des Jardanes, Königin von Lydien, an die Herakles als Sklave verkauft wurde, weil er den Iphitos, des Eurytos Sohn, in einem Anfall von Raserei getötet hatte. Am Hofe dieser Königin soll Herakles ganz verweichlicht und tierischer Wollust verfallen sein. Ein Sohn der Omphale und des Herakles ist Lamos. ↩
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Die Menschen. ↩
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Against the Heathen
§12. Other shameful actions ascribed to heathen deities. All prove that they are but men of former times, and not even good men.
For, to mention a few instances out of many to avoid prolixity, who that saw his lawless and corrupt conduct toward Semele, Leda, Alcmene, Artemis, Leto, Maia, Europe, Danae, and Antiope, or that saw what he ventured to take in hand with regard to his own sister, in having the same woman as wife and sister, would not scorn him and pronounce him worthy of death? For not only did he commit adultery, but he deified and raised to heaven those born of his adulteries, contriving the deification as a veil for his lawlessness: such as Dionysus, Heracles, the Dioscuri, Hermes, Perseus, and Soteira. 2. Who, that sees the so-called gods at irreconcileable strife among themselves at Troy on account of the Greeks and Trojans, will fail to recognise their feebleness, in that because of their mutual jealousies they egged on even mortals to strife? Who, that sees Ares and Aphrodite wounded by Diomed, or Hera and Aïdoneus from below the earth, whom they call a god, wounded by Heracles, Dionysus by Perseus, Athena by Arcas, and Hephæstus hurled down and going lame, will not recognise their real nature, and, while refusing to call them gods, be assured (when he hears that they are corruptible and passible) that they are nothing but men 1, and feeble men too, and admire those that inflicted the wounds rather than the wounded? 3. Or who that sees the adultery of Ares with Aphrodite, and Hephæstus contriving a snare for the two, and the other so-called gods called by He P. 11 phæstus to view the adultery, and coming and seeing their licentiousness, would not laugh and recognise their worthless character? Or who would not laugh at beholding the drunken folly and misconduct of Heracles toward Omphale? For their deeds of pleasure, and their unconscionable loves, and their divine images in gold, silver, bronze, iron, stone, and wood, we need not seriously expose by argument, since the facts are abominable in themselves, and are enough taken alone to furnish proof of the deception; so that one’s principal feeling is pity for those deceived about them. 4. For, hating the adulterer who tampers with a wife of their own, they are not ashamed to deify the teachers of adultery; and refraining from incest themselves they worship those who practise it; and admitting that the corrupting of children is an evil, they serve those who stand accused of it and do not blush to ascribe to those they call gods things which the laws forbid to exist even among men.
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This explanation of gods as deified men is known as Euhemerism, from Euhemerus, who broached the theory in the third century, b.c. (supra,10, note 1); but ‘there were Euhemerists in Greece before Euhemerus’ (Jowett’s Plato, 2. 101). The Fathers very commonly adopt the theory, for which, however, there are very slight grounds. Such cases as those of Antinous and the Emperors, as well as the legends of heroes and demigods, gave it some plausibility (see Döllinger;Gentile and Jew,vol. i. p. 344, Eng. Tr.). ↩