73.
Es steht geschrieben: „Gott hat durch seine Weisheit die Erde gegründet“1. Wenn also die Erde durch die Weisheit gegründet ist, wie wird dann der Gründer gegründet? Doch auch das ist in der Form des Sprichworts gesagt. Und man muß auch hier nach seinem Sinn forschen, um zu erkennen, daß der Vater durch die Weisheit schafft und die Erde gründet, damit sie fest sei und auch Bestand habe, die Weisheit selbst aber für uns gegründet wurde, damit sie Anfang und Grundlage unserer neuen Schöpfung und Erneuerung würde. Er hat also auch hier nicht gesagt: „Vor der Zeit hat er mich zum Wort oder Sohn gemacht“, damit er nicht gleichsam einen Anfang habe, in dem er geschaffen wird. Denn danach muß man vor allem fragen, ob er Sohn ist, und in diesem Punkte in erster Linie die Schriften befragen. Denn hierauf gab auch Petrus, als die Apostel gefragt wurden, seine Antwort, da er sagte: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“2. Und danach fragte auch der Vater der arianischen Häresie zuerst [in den Worten]: „Wenn Du der Sohn Gottes bist“3. Denn er wußte, daß das die Wahrheit ist und der Kernpunkt unseres Glaubens, und daß S. 223 die Herrschaft des Teufels ein Ende nehmen werde, wenn er der Sohn wäre. Ist er aber ein Geschöpf, dann ist auch Er ein Nachkomme Adams, der von ihm betrogen wurde, und es brauchte ihm nicht zu bangen. Deshalb waren auch die damaligen Juden darob ungehalten, daß sich der Herr Gottessohn und Gott seinen eigenen Vater nannte. Denn hätte er gesagt, er sei eines von den Geschöpfen oder: „Ich bin ein gemachtes Wesen“, so hätte es sie nicht befremdet, dies zu hören, noch auch hätten sie solche Worte für eine Gotteslästerung gehalten, da sie auch von Engelserscheinungen bei den Vätern wußten. Doch da er sich Sohn nannte, so sahen sie, daß solch ein Erkennungszeichen nicht ein Geschöpf verrät, sondern eine Gottheit und väterliche Natur anzeigt.