3. Kapitel. Er wird Asket.1
Wieder besuchte er die Kirche und hörte im Evangelium den Herrn sprechen: "Sorget euch nicht um das S. 692 Morgen";2 da brachte er es nicht über sich, länger zu warten, sondern er ging hinaus und gab auch den Rest den Bedürftigen. Die Schwester vertraute er bekannten, zuverlässigen Jungfrauen an und brachte sie in einem Jungfrauenhaus3 zur Erziehung unter; er selbst widmete sich von nun an vor seinem Hause der Askese,4 hatte acht auf sich5 und hielt sich strenge. Denn es gab damals in Ägypten noch nicht so zahlreiche Klöster, und von der großen Wüste6 wußte der Mönch überhaupt nichts; jeder, der an seiner Vervollkommnung arbeiten wollte, übte sich darin nicht weit von seinem Heimatsorte, und zwar allein. Nun lebte damals in dem nahen Bezirke ein alter Mann, der von Jugend auf ein Einsiedlerleben führte. Diesen sah Antonius und eiferte ihm im Guten nach;7 damals fing er auch zuerst an, sich in der Umgebung des Dorfes aufzuhalten. Von hier wanderte er, wenn er von einem trefflichen Manne hörte, zu diesem, suchte ihn auf wie eine kluge Biene, kehrte nicht eher an seinen Wohnsitz zurück, bis er ihn gesehen hatte und ging erst heim, nachdem er von ihm gleichsam eine Wegzehrung8 erhalten für seinen eigenen Pfad S. 693 zur Tugend. Die Anfänge verlebte er hier und festigte seine Gesinnung, um nicht zu seinem elterlichen Besitz zurückzukehren, noch sich seiner Verwandten zu erinnern. Seine ganze Sehnsucht aber und seinen ganzen Eifer richtete er auf die Anspannung in der Askese. Dabei beschäftigte er sich mit Handarbeit, da er gehört hatte: "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen";9 einen Teil des Lohnes verbrauchte er für Brot, den anderen verwandte er für die Armen. Er betete beständig, da er gelernt hatte, daß man für sich allein unaufhörlich beten müsse.10 Bei der Vorlesung der Schrift war er so aufmerksam, daß ihm kein Wort entfiel; vielmehr behielt er alles bei sich,11 und sein Gedächtnis ersetzte ihm so die Bücher.
Um das Jahr 271. ↩
Mt 6,34. ↩
Vgl. Wetzer-Welte a.a.O. Bd. 9 Sp. 437 ↩
Gegen das Jahr 271. ↩
1Tim 4,13.16. ↩
Zwischen dem Nil und dem Roten Meer erstreckt sich von Süden nach Norden ein unwirtliches, wasserloses Gebirge, zu dem auch der Berg des Antonius, Kolzim, gehört. Das westlich des Nils gelegene Steppengebiet hieß im Norden, südlich von Alexandria, die Nitrische Wüste. Noch weiter südlich hieß das Land als Anfang des eigentlichen Lybischen Wüste die Wüste von Skethis. Ganz im Süden Ägyptens, auf beiden Seiten des Nils, lag oberhalb der Katarakte die berühmte Thebais (die große Wüste). Die alten Ägypter bestatteten hier links des Nils ihre Toten in natürlichen Höhlen und künstlichen Grabkammern. Hierher zogen sich später die christlichen Einsiedler zurück; der erste war Paulus von Theben (während der decianischen Verfolgung). Vgl. Wetzer-Welte a.a.O. Bd. 12 Sp. 1802. BZ Bd. 4 (1895) S. 378. 8 (899) S. 573,681,905/6. 9 (1900) S. 597. 10 (1901) S. 706. 11( 1902) S. 660,680. 12 (1903) S. 388, 698. ↩
Gal 4,18. ↩
Euagr.: gleichsam ein Geschenk an Honig. ↩
2Thess 3,10. ↩
Mt 6,6; 1Thess 5,17. ↩
Lk 8,15. ↩
