7. Kapitel. Die Einrichtung seiner Lebensführung.
Dies war der erste siegreiche Kampf des Antonius gegen den Teufel oder vielmehr, diese herrliche Tat war in Antonius das Werk des Heilandes, "der die Sünde im S. 697 Fleische verurteilte, damit die Gerechtigkeit des Gesetzes erfüllt werde in uns, die wir nicht im Fleische wandeln, sondern im Geiste."1 Antonius aber wähnte nicht, der Dämon sei unterlegen, so daß er nachlässig werden könne und nicht weiter auf sich zu achten brauche; auch der Feind hielt sich nicht für überwunden und hörte nicht auf, ihm nachzustellen; denn er ging wieder herum wie ein Löwe und suchte einen Vorwand gegen ihn. Antonius aber, der aus der Heiligen Schrift gelernt hatte, daß die Ränke des bösen Feindes vielfach seien,2 übte sich mit aller Kraft in der Askese; denn er bedachte bei sich, daß der Teufel, wenn er auch nicht imstande gewesen sei, sein Herz durch die Lust des Fleisches zu verführen, jedenfalls eine andere List versuchen werde, ihm nachzustellen; denn der Dämon liebt die Sünde überaus. Mehr und immer mehr bezwang er seinen Körper und machte ihn untertänig,3 um nicht, hier siegreich, dort zu unterliegen. Daher ging er mit sich zu Rate, wie er sich an eine noch härtere Lebensführung gewöhnen könne. Gar viele bewunderten ihn, er selbst aber ertrug die Mühe leicht. Denn die Bereitwilligkeit seiner Seele, die ihr so lange innewohnte, hatte eine treffliche Verfassung in ihm zustande gebracht, so daß er, wenn er von anderen auch nur den kleinsten Anstoß erhalten hatte, daraufhin einen glühenden Eifer zeigte; er wachte so lange, daß er oft sogar die ganze Nacht schlaflos zubrachte, und dies nicht etwa einmal, sondern oft und oft; darüber wunderten sich dann die anderen; Nahrung nahm er einmal des Tages zu sich nach Sonnenuntergang; bisweilen aß er nur alle zwei, oft aber auch bloß alle vier Tage; er lebte von Brot und Salz, als Getränk diente ihm nur Wasser. Von Fleisch und Wein bei ihm nur zu reden, ist überflüssig, da man dergleichen nicht einmal bei den anderen Frommen4 fand. Zum Schlafen begnügte er sich mit einer Binsenmatte; meist aber legte er sich auf die bloße Erde zur Ruhe S. 698 nieder. Sich mit Öl zu salben, lehnte er ab; denn er sagte, es zieme sich für junge Leute mehr, die Askese in bereitwilligem Eifer zu üben, statt all die Dinge zu suchen, die den Körper verweichlichen; man müsse ihn auch an die Mühen gewöhnen, in Erinnerung an das Wort des Apostels: "Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark".5 Er behauptete, die Spannkraft der Seele sei dann groß, wenn die Begierden des Körpers ohnmächtig seien. Er hielt auch folgenden, wirklich seltsamen Gedanken fest: er wollte den Weg zur Tugend und die Trennung vom Leben, die er sich um ihretwillen auferlegte, nicht durch ein zeitliches Maß messen, sondern durch seine Sehnsucht und seinen Vorsatz. Er wollte sich nicht erinnern an die Zeit, die schon verstrichen; nein, wie wenn er täglich die Askese aufs neue begänne, mühte er sich immer mehr ab um seine Vollendung, indem er beständig die Worte des Apostels Paulus wiederholte: "Vergessend das, was da zurück liegt, strebend nach dem, was vorwärts liegt";6 er gedachte auch des Ausspruches des Propheten Elias, der sagt: "Es lebt der Herr, vor dem ich heute stehe".7 Denn Antonius beachtete, daß Elias, da er von "heute" sprach, die abgelaufene Zeit nicht maß; wie wenn er immer von neuem den Anfang machte, bemühte er sich, aus sich den zu machen, als der er vor Gott erscheinen sollte, reinen Herzens und bereit, seinem Willen zu gehorchen und keinem anderen. Denn Antonius sagte bei sich, der Asket müsse in dem Lebenswandel des großen Elias wie in einem Spiegel beständig sein eigenes Leben sehen.
