8.
Weil also derjenige, der den Sohn sieht, auch den Vater sieht, wie der Herr in den Evangelien sagt1, deshalb sagt Paulus, das Ebenbild der Hypostase des Vaters sei der Eingeborne. Und um diesen Gedanken noch mehr zu erläutern, wollen wir noch weitere Aussprüche des Apostels mitheranziehen, in denen er den Sohn „Ebenbild des unsichtbaren Gottes2” und dann wieder „Ebenbild seiner Güte3” nennt, nicht als ob das Ebenbild vom Urbild verschieden wäre in bezug auf die Unsichtbarkeit und Güte, sondern um zu zeigen, daß es dem Urbild gleich ist, wenn auch etwas anderes. Denn der Begriff vom Ebenbild könnte ja gar nicht mehr festgehalten werden, wenn es nicht in allweg die ausgeprägten und unveränderten Züge hätte. Wer die Schönheit des Ebenbildes betrachtet, zieht in seinen Gedankenkreis auch das Urbild. Und wer gleichsam die Gestalt des Sohnes im Geiste erfaßt hat, der hat auch das Ebenbild der väterlichen Hypostase sich vorgestellt, indem er durch diese jenen sieht, wobei er freilich nicht das Ungeborensein des Vaters im Urbilde schaut — sonst wäre ja dieses ganz genau dasselbe und nicht etwas anderes —, sondern die ungeborne Schönheit in der gebornen. Wie nämlich der, welcher in einem Spiegel die zum Vorschein S. 80 kommende Gestalt schaut, eine genaue Kenntnis der abgebildeten Person bekommt, so hat auch der, welcher den Sohn kennt, mit der Kenntnis des Sohnes den Ausdruck der väterlichen Person ins Herz aufgenommen. Denn alles, was des Vaters ist, wird auch im Sohne geschaut, und alles, was des Sohnes ist, ist auch dem Vater eigen, weil der Sohn ganz im Vater bleibt und wiederum den Vater ganz in sich hat. Daher ist die Person des Sohnes gleichsam eine Gestalt und ein Antlitz, worin der Vater erkannt wird, und die Person des Vaters wird in der Gestalt des Sohnes erkannt, wobei aber die an ihnen beobachtete Proprietät zur deutlichen Unterscheidung der Personen bleibt.