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S. 123 Ich empfing den Brief Deiner Gottesfurcht durch den hochehrwürdigen Bruder Hellenius. Auch hat er persönlich alles, was Du nur andeutest, mit nackter Offenheit erzählt. Wie wir aber gestimmt wurden, als wir davon hörten, darüber bist Du jedenfalls nicht im Zweifel. Doch fest entschlossen, jede Betrübnis der Liebe zu Dir hintanzusetzen, nahmen wir auch dies hin, wie es sich gehörte, und bitten zum heiligen Gott, daß die übrigen Tage oder Stunden uns in der Gesinnung zu Dir sehen, die früher bestand, als wir nach unserem Wissen und Gewissen nichts, weder einen kleinen noch gröberen Verstoß, uns haben zuschulden kommen lassen. Wenn aber ein gewisser N. N., stolz darauf, erst jüngst zum Leben der Christen sich bequemt zu haben, nun meint, es würde ihm Ehre bringen, wenn er sich an uns reibt und Dinge zusammenkonstruiert, die er nicht gehört hat, Sachen erzählt, die er nicht verstanden hat, so ist das nichts Auffallendes. Aber das ist auffallend und befremdlich, daß er hierfür bei Euch die vertrautesten meiner Brüder zu Zuhörern hat, ja nicht bloß zu Hörern, sondern, wie es scheint, zu Schülern. Sollte man es etwa anders denn befremdlich finden, wenn ein solcher Mensch Lehrer ist, ich aber der Geschmähte bin? Nun ja, der Umschwung der Verhältnisse hat uns gelehrt, uns über nichts zu ärgern. Schon längst sind wir an noch heftigere Schmähungen gewöhnt worden — schuld unserer Sünden. Wenn ich nun seinen Brüdern noch nie einen Beweis gegeben habe von meiner gläubigen Überzeugung, so habe ich jetzt nichts zu antworten. Wie wird ein kurzer Brief die belehren, die die lange Zeit nicht überzeugt hat? Reicht aber das Frühere hin, dann halte man alle Aussagen meiner Verleumder für Quark! Übrigens, wenn wir lose Mäuler und ungezogene Herzen reden lassen, worüber sie nur wollen, und ihnen willig unser Ohr leihen, so werden nicht bloß wir die Meinung der andern, sondern auch die anderen unsere Ansicht zu hören bekommen.