4.
Zunächst folgendes! Warum soll man an heiteren Tagen Widerwärtigkeiten auffrischen und in Trauer verweilen? Man soll sie vielmehr verwünschen und es meiden, sich daran zu erinnern. Statt darüber zu sprechen, wollen wir lieber darüber schweigen und das Unheil in die Tiefen des Vergessens versenken. Nur aus dem einen Grunde könnte man die Erinnerung an das Leid wachrufen, damit wir nämlich durch Erfahrung klug werden und wie der genesene Kranke das meiden, was uns ins Leid gestürzt hat. Da nunmehr „Leid, Schmerz und Klagen schwanden1“, da wir, die Kinder des Einen, eins wurden, wir als Kinder der Dreieinigkeit Natur, Geist und Ehre teilten, als Kinder des Logos die Torheit ablegten, als Kinder des Geistes nicht gegen-, sondern miteinander erglühten, als Kinder der Wahrheit eines Sinnes und einer Rede wurden, als Kinder der Weisheit Verstand annahmen, als Kinder des Lichtes „ehrbar wie am Tage wandelten2“, als Kinder des Weges gemeinsam den geraden Weg gingen, als Kinder der Türe alle im Innern blieben, als Kinder des Lammes und S. 195 des Hirten3 sanft wurden und in einen Stall und unter einen Hirten traten, welcher nicht „in der Ausrüstung eines ungeschickten Hirten4“ weidet, die Herde nicht der Weide beraubt und sie nicht Wölfen und Abgründen überläßt, sondern sehr umsichtig und verständig ist, da wir ferner als Kinder dessen, der für uns gelitten hat, Mitleid zeigten und einander die Lasten trugen, als Kinder des Hauptes zu einem einzigen, organischen, einheitlichen Körper wurden, wie es die Vereinigung im Geiste erforderte, da der, welcher alles macht und zum besten lenkt, uns den Schmerz in Freude verwandelte und das Bußkleid mit Wonne vertauschte5, nehme ich von Vergangenheit und Schweigen Abschied, weihe ich mich der Gegenwart und meine Rede euch, bzw. Gott, um ihm zu danken und ihm ein gebührendes Opfer zu bringen, ein Geschenk, das reiner ist als Gold, wertvoller als Edelsteine, kostbarer als Gewebe, würdiger als das Opfer des (mosaischen) Gesetzes, heiliger als das Opfer der Erstgeburt, Gott wohlgefälliger als ein junges Rind6 mit noch nicht entwickelten Hörnern, Klauen und Sinnen, wohlgefälliger als Rauchopfer, als Brandopfer, als Tausende von fetten Widdern ― Opfer, durch welche das als Vorschule dienende Gesetz7 das noch unmündige Israel festhielt, durch die blutigen Opfer das kommende Opfer schattenhaft andeutend.
Is. 35, 10. ↩
Röm. 13, 13. ↩
Zur Bezeichnung Jesu als Türe, Weg, Lamm, Hirte vgl. Cyrill v. Jer. Kat. 10, 3. ↩
Zach. 11, 15. ↩
Vgl. Ps. 29, 12 [hebr. Ps. 30, 12]. ↩
Vgl. Ps. 68, 32 [hebr. Ps. 69, 32]. ↩
ὁ στειχειόδης νόμος [ber. s.: Migne PG 35, 728 A = ὁ στοιχειόδης νόμος] [ho steicheiodēs nomos; ber.: ho stoicheiodēs nomos]. Vgl. Gal. 4, 3. 9. ↩
