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Werke Gregor von Nyssa (335-394) De oratione dominica orationes v. Das Gebet des Herrn (BKV)
Vierte Rede: "Dein Wille geschehe wie im Himmel, also auch auf Erden; unser tägliches Brot gib uns heute!"
b) Gib uns heute unser tägliches Brot!

III

Damit dir nun keines dieser Übel zustoße, so beschränke1 dein Leben auf ausreichenden Broterwerb und als Zukost strebe an, was unsere Natur selbst an die Hand gibt. In erster Linie ist dies ein gutes Gewissen, das da durch die Gerechtigkeit des Erwerbs das Brot wohlschmeckend macht. Willst du aber auch am Gaumenreiz dich ergötzen, dann diene dir der Hunger als Würze und die feste Regel, nicht Sättigung auf Sättigung zu häufen und nicht durch die Unmäßigkeit und ihre Folgen den Appetit abzustumpfen. Im Gegenteil soll dem Essen der Schweiß vorausgehen, wie es das Gebot verlangt: „In Schweiß und Arbeit sollst du dein Brot essen“ (Gen. 3, 19). S. 134 Siehst du, wie das Wort Gottes dich auf die vorzüglichste Würze der Speise hinweist. Du darfst deinen Geist soweit bemühen, daß du das Notwendige habest; richtiger aber sollst du deinen Geist um das Brot nicht in Sorgen verstricken, sondern dich an denjenigen wenden, der das Brot aus der Erde hervorbringt (Ps. 103, 14 [hebr. Ps. 104, 14]); rufe zu dem, der die Raben ernährt (Ps. 146, 9 [hebr. Ps. 147, 9]), der allem Fleische Nahrung gibt (Ps. 135, 25 [hebr. Ps. 136, 25]), der die Hand öffnet und jedes lebende Wesen mit Freude erfüllt (Ps. 144, 16 [hebr. Ps. 145, 16]); zu diesem sprich also: „Von dir habe ich mein Leben; von dir werde mir auch der Unterhalt des Lebens zuteil! Gib du mir das Brot, d. h. durch Arbeit in Gerechtigkeit will ich mir meine Nahrung verschaffen.“ Denn wenn Gott die Gerechtigkeit ist, so haben alle jene ihr Brot nicht von Gott, die sich ihren Unterhalt durch habsüchtiges Treiben verdienen. Du hast selbst die Erhörung deines Gebetes in der Hand, nämlich dann, wenn du dein Hab und Gut nicht aus dem Eigentum des Nächsten gestohlen hast, wenn du nicht aus den Tränen anderer erntest, wenn um deiner Sättigung willen niemand hungern, wenn um deiner Befriedigung willen niemand seufzen muß. Gottes Brot dürfen wir vor allem jenes nennen, das da ist die Frucht der Gerechtigkeit, die Ähre des Friedens, nicht vermischt und verunreinigt mit dem Samen des Unkrautes. Wenn du aber fremdes Ackerland bebaust, auf Übervorteilung des Nächsten sinnest, ungerechten Besitz urkundlich verbriefen lässest und dann beten willst: „Gib mir das Brot!“, so verlangst du Erhörung nicht von Gott, sondern von einem anderen; denn die Frucht der Ungerechtigkeit stammt von Gottes Widersacher. Nur wer nach Gerechtigkeit strebt, empfängt das Brot von Gott; wer aber die Ungerechtigkeit ausübt, wird vom Beförderer der Ungerechtigkeit ernährt. Prüfe daher dein Gewissen, wenn du deine Bitte um Brot vor den Herrn bringen willst. Nicht darfst du vergessen, daß „Christus keine Gemeinschaft mit Belial hat“ (2 Kor. 6, 15). Wenn du aus ungerechtem Erwerb eine Gabe reichest, so ist dein Geschenk ein Hundelohn und ein Hurensold, und wenn du von Ehrgeiz geleitet noch so großartige Beiträge2 leistest, S. 135 so gilt dir doch das Wort des Propheten, der Gaben aus solcher Quelle mit Abscheu zurückweist: „Was soll mir die Menge der Opfer? spricht der Herr! Ich bin satt von den Opfern der Widder; das Fett der Lämmer, das Blut der Stiere und Böcke verlange ich nicht. Räucherwerk ist mir ein Greuel“ (Is. 1, 11 ff.). Anderswo (Is. 66, 3) setzt er den, der ein Kalb opfert, auf gleiche Linie mit dem, der einen Hund tötet. Nur dann, wenn du dein Brot von Gott hast, d. h. erworben durch Arbeit in Gerechtigkeit, kannst du ihm daraus auch angenehm ein Erstlingsopfer der Gerechtigkeit darbringen.


  1. nach L.L.: περιόριζε [periorize] (statt περιορίζεται [periorizetai]). ↩

  2. Wahrscheinlich zum Gottesdienst u. zur kirchl. Armenpflege. ↩

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Das Gebet des Herrn (BKV)
Kommentare zu diesem Werk
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Inhaltsangabe

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