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Œuvres Grégoire de Nysse (335-394) De oratione dominica orationes v. Das Gebet des Herrn (BKV)
Vierte Rede: "Dein Wille geschehe wie im Himmel, also auch auf Erden; unser tägliches Brot gib uns heute!"
b) Gib uns heute unser tägliches Brot!

IV

Trefflich ist endlich der Zusatz „heute“, indem er uns beten lehrt: „Unser tägliches Brot gibt uns heute.“ Auch in diesem Wörtlein liegt tiefe Weisheit; aus ihm kannst du lernen, daß das Leben des Menschen nur auf einen einzigen Tag beschränkt ist. Nur die Gegenwart gehört uns; die Hoffnung auf die Zukunft ist unsicher; denn wir wissen nicht einmal, was der folgende Tag bringt. Was mehren wir unsere Mühsal durch Sorgen um die Zukunft? „Genug des Schlimmen hat jeder Tag“, heißt es (Matth. 6, 34), wobei unter dem Ausdruck „Schlimmes“ Plag und Mühe zu verstehen ist. Was sorgen wir uns also ab um den morgigen Tag? Indem er dir daher den Zusatz „heute“ anbefiehlt, untersagt der Herr die Sorge für das Morgen; denn mit diesem Wörtchen ruft er dir ungefähr dieses zu: „Wer dir den Tag gibt, gibt dir auch, was zum Tage gehört!“ Wer läßt die Sonne aufgehen, wer das Dunkel der Nacht verschwinden? Wer zeigt dir den Strahl des Lichtes? Wer bewegt den Himmel im Kreise, so daß die Leuchte über der Erde erscheint? Wer dir diese großartigen Dinge gibt, bedarf der etwa deiner Hilfe, um deinem Leibe zu geben, was er benötigt? Welchen Fleiß verwenden die unvernünftigen Geschöpfe auf ihren Lebensunterhalt? Welche Felder bestellen die Raben? Welche Vorratskammern haben die Adler? Verschafft nicht allen ihre Lebensmittel der Wille Gottes, der das Universum mit seiner Macht umfaßt? Ochs und Esel und andere unvernünftige Tiere besitzen S. 136 von Natur aus genügend Weisheit, um über das, was sie gerade haben, richtig zu verfügen und sich über die Zukunft nicht den geringsten Kummer zu machen. Brauchen wir da erst noch einen Lehrmeister, der uns über die Vergänglichkeit und zeitliche Begrenztheit unseres fleischlichen Lebens aufklärt? Lassen wir uns nicht durch das Geschick anderer zur Einsicht bringen? Öffnen sich nicht unsere Augen durch die Erfahrungen in unserem eigenen Leben? Was haben jenem Reichen seine umfangreichen Zurichtungen genützt, ihm, der sich eitlen Plänen töricht hingab, der niederreißen, aufbauen, sammeln, schwelgen und von nichtiger Hoffnung verführt für viele Jahre in seinen Vorratskammern aufspeichern wollte? Hat nicht eine einzige Nacht alle seine Zukunftsphantasien zuschanden gemacht wie ein ganz nichtiges Traumgebilde, dem jedes Fundament fehlt? Das Leben des Leibes gehört nur der Gegenwart an; dasjenige Leben hingegen, auf das wir bestimmt in der Zukunft hoffen dürfen, kommt bloß der Seele zu. Menschlicher Unverstand zieht daraus aber nicht die richtige Folgerung: das leibliche Leben stellt er sich in seinen Hoffnungen viel länger vor, das der Seele aber will er ganz zum Genießen der Gegenwart herabziehen; infolgedessen wird die Seele notwendig von jenem Gegenstand der Hoffnung, dem allein Wahrheit und Wirklichkeit eignet, abgezogen, indem ihre Tätigkeit nur von den äußerlichen Dingen in Anspruch genommen wird. Auf diese Weise kann die Seele weder diese besitzen, noch das große Gut der Hoffnung erlangen, da sie sich auf Unbeständiges stützt.

Lassen wir uns also durch die gegebene Erörterung belehren, um was wir für heute und um was wir für später bitten müssen! Das Brot gehört für den Gebrauch des heutigen Tages, das Reich Gottes aber zur seligen Hoffnung. Mit dem Worte „Brot“ will der Herr alles zusammenfassen, was wir für den Leib bedürfen. Wenn wir um dieses bitten, so wird dem Beter zum Bewußtsein kommen, daß er hiermit um Vergängliches bittet, während hingegen, wenn wir um ein Gut der Seele flehen, unsere Bitte auf Immerwährendes und Ewiges abzielt. Auf Letzteres sollen wir aber zumeist unseren Blick richten, voll der Zuversicht, daß doch mit dem Wichtigeren auch alles S. 137 Übrige, dessen wir bedürfen, zugleich erreicht wird. Der Herr versprach nämlich: „Bittet um das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und dieses alles wird euch dazugegeben werden“ (Matth. 6, 33). In Christo Jesu, unserem Herrn, dem die Herrlichkeit und die Macht sei von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

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Das Gebet des Herrn (BKV)
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