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Möchten sich doch die Ungläubigen durch die Macht und Kraft Gottes überführen lassen, "dessen Willen ja niemand zu widerstehen vermag"1 . Möchten sie doch Moses hören und von ihm sich überzeugen lassen! "Was ist in deiner Hand?" fragt Gott, und er antwortet: ein Stab. Es war aber ein hölzerner und ganz dürrer Stab. Und Gott spricht: "Wirf ihn auf den Boden!"2 Und Moses warf den dürren Stab auf den Boden! Und da machte Gott das, was dürr war, saftvoll und nicht nur saftvoll, sondern auch belebt, so daß also der Stab seiner Natur nach umgewandelt war und S. 150in der Substanz anders gestaltet. Und das war nicht etwa bloß sinnliche Täuschung, sondern Tatsache; denn auf Befehl Gottes hin vollzieht es sich wirklich und nicht bloß dem Scheine nach. Um in allweg unsere Einsicht richtig zu leiten, demonstrierte er die Wirklichkeit [des Vorganges] durch Moses ad oculos: es anerkannte nämlich der Prophet, daß das Geschehene nicht nur dem Scheine nach, sondern Wirklichkeit sei, indem er davonlief. Hätte er den ganzen Vorgang nur für sinnliche Täuschung und nicht für Wirklichkeit gehalten, so wäre er beim Anblicke der Schlange nicht geflohen. Damit aber ja nicht etwa unsere streitseligen Widersacher an dieser Erzählung Anstoß nehmen und die Behauptung aufstellen, es sei ja ein ganz anderer Stab gewesen, dem Gott nach seinem Willen eine andere Gestalt mitgeteilt habe, so mögen sie vorerst vernehmen, daß Gott nicht den einen Stab für den anderen belebt habe, sondern eben jenen dürren Holzstab. Das erhellt schon daraus, daß ja Gott keineswegs die Absicht hatte, diesen dem Stabe gegebenen Leib und die von ihm angenommene Art und Form etwa zu richten oder etwa über die Schlange anstatt des Stabes Gericht zu halten, sondern uns durch diesen Stab die volle Gewißheit unserer Auferstehung geben und seine Macht zeigen wollte, damit ja niemand ihm, dem Allmächtigen, mißtraue. Und wir bemerken noch, daß Gott dieses Wunder mit aller Vorsicht gewirkt hat. Denn er hat nicht etwa nur einen Teil des Stabes lebendig gemacht, sondern den ganzen Stab, entsprechend seinem Willen.
