107.
Indem ihr nun dieses alles in der Kirche sorgfältig darlegt, so zeiget auf das schlimme Ende des Todesweges und machet die soweit Verführten wieder frei. Andere führt vom Ehebruch zu keuscher Besonnenheit und bringt sie dazu, nicht bloß von heimlicher Buhlerei sich zu enthalten, sondern auch dem Umgang mit ihrer eigenen Gattin zu entsagen; da ja, wie der heilige Apostel sagt, "die Zeit kurz ist"1 , Unterweiset auch die Unzüchtigen, daß sie doch nicht durch Verübung solcher vor Gott und den Menschen unerlaubter Handlungen sich der Strafe überliefern. S. 165Indem ihr dies alles durch Wort und Tat ihnen unermüdet vorstellt, redet ihnen zu, daß sie von euch das annehmen; doch zeigt alles zuerst durch die eigenen Werke, laßt es Gestalt gewinnen an euch selbst und verschafft so euren Worten Glaubwürdigkeit, indem ihr durch eure Werke zuerst euch selbst erbaut, bevor ihr andere belehrt. Wo ihr kein Wort sprechet, macht es wie die Sonne, die auch ohne Worte alles allüberall aufklärt; denn mit ihrem ersten Strahle schon lehrt sie ohne Worte jeden seine Kunst, und indem ihr die heilsamen Früchte alles dessen euren Kindern oder vielmehr euren gläubigen Brüdern zuwendet, bringt sie dahin, daß sie "auf Erden wandelnd, ein Leben wie im Himmel führen"2 . Pflanzet, so vielen ihr könnt, Eifer und Liebe zum Mönchsleben3 ein durch eure Beharrlichkeit und euren aufrichtigen Glauben; verabscheut die Ketzer, bringt die Manichäer zum Schweigen, vertreibt die Marcionisten4 und andere ähnlichen Schlages aus dem Schafstalle Gottes und stopfet ihnen den Mund durch Widerlegung aller ihrer Scheingründe! Was sie auch immer gegen Gott und seine heiligen Propheten in frecher Weise vorbringen, jene eitlen Schwätzer, welche den Hl. Geist nicht haben; sie lästern den Schöpfer des Alls und hassen die herrlichen Gnadenerweise, die Gott durch seine heiligen Propheten allen Menschen auf dem S. 166Wege der Prophetie im Geiste zuteil werden ließ; sie erkennen auch nicht die geheimnisvollen Tiefen des Gesetzes und der Propheten, da sie ja irdische, fleischliche Menschen sind und nur wie Psychiker urteilen. Sie lästern in den Tag hinein. Wohlan, zaudert nicht, den Zuhörern deren Hirngespinst auszutreiben, indem ihr sie mit Gründen der Wahrheit überführt; denn jene durch Worte betörten Menschen werden wie dürres Reisig in den Fluten eines wasserreichen Flusses fortgerissen.
1 Kor. 7, 20. ↩
Phil. 3, 20. ↩
Anpreisung des Mönchsstandes, des βίος ἀγγελικός, die neue "cohortatio ad martyrium" unmittelbar nach dem Zeitalter der Verfolgungen. E. selbst war wie die größten seiner bischöflichen Zeitgenossen eifriger Klostergründer. ↩
Die Väter, die gegen die Gnostiker kämpften, eiferten auch besonders energisch gegen den Reformversuch des Marcion, den sie für den schlimmsten Häretiker hielten. Tertullian schrieb fünf Bücher gegen ihn, Epiphanius bekämpft ihn ausführlich im Panarion. Marcion hatte die Tatsächlichkeit der alttestamentlichen Geschichte anerkannt, aber eben deshalb ihren Urheber für ein eiferndes, bösartig-,.gerechtes" Wesen erklärt. Sein Schüler Apelles sah im Alten Testament größtenteils nur unglaubwürdige mythische Geschichte. Vgl. A. Harnack, Dogmengeschichte 1905, im Grundriß der theologischen Wissenschaft IV. 3, S. 70, gegen die behauptete Unvollkommenheit des alttestamentlichen Gottes richtet sioh die Polemik der folgenden Kapitel. ↩
