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S. 70Aber sie [die Gegner] machen ja förmlich Jagd darauf, den heiligen Schriften törichte Unterstellungen zu machen, sie denken nur auf Widersprüche und sagen: „Nehmet an den hohen Priester unseres Bekenntnisses, der da treu ist dem, der ihn gemacht hat“1 , und an einer anderen Stelle: „Kundgetan sei euch, dem ganzen Volke Israel, daß diesen Jesus, welchen ihr gekreuzigt habt, Gott zum Herrn und Christus gemacht hat“2 . Da muß ich mich nun baß wundern, wie diejenigen, welche sich so an den Schriftbuchstaben anklammern, den darin ausgesprochenen Sinn so mißkennen. Denn die Worte; „Nehmet den Hohenpriester, der treu ist dem, der ihn gemacht hat“, sind ja nicht von seiner Gottheit gesprochen. Es ist doch Gott selbst gekommen und die heiligen Schriften sind für uns in allweg klar und deutlich; nichts ist in ihnen verdreht oder verwickelt, sondern: „Alles ist offenbar für die Verständigen und gerade für die, welche Erkenntnis fanden“3 . „Nehmet an“, heißt es auch da, „Zucht und nicht Silber!“ Denn wenn jemand Zucht von Gott, das ist den Glauben an die Wahrheit nicht annimmt, so ist ihm alles schief und verwickelt, was für die Verständigen und was denen, die Erkenntnis finden, gerade und unverfänglich ist. Aber um sie zu widerlegen, sagt der Apostel: „Jeder Hohepriester, aus den Menschen genommen, wird aufgestellt zu dem, was für die Menschen ist, nämlich Opfer und Gaben darzubringen“4 . Deshalb nahm auch der Eingeborene, da er den Menschen zuliebe geboren werden wollte, von uns das Fleisch an, damit er von uns geboren für uns sich selbst seinem eigenen Vater als Opfer darstellen und seine Schüler Brüder nennen könne. Von wem wird dieses erfüllt? Von niemand anderem als dem Hohenpriester. „Nehmet also den Hohenpriester an, der dem treu ist, der ihn machte,“ Um noch zum Überflusse das Gesagte durch ein Beispiel zu erläutern, so nehmen wir an, daß jemand einen König über seinen S. 71Sohn befrage und sich so zu sagen getraue: Wer ist dieser? Nachdem nun der königliche Vater die ganz wahre Antwort gegeben: Mein Sohn, so frage jener weiter: Ist das dein wahrer und echter Sohn? Und auf die Bejahung des Königs erkundige sich der Fragesteller weiter: Wozu machtest du ihn denn? Er aber sage einfach: Zu einem König habe ich ihn gemacht. Hat er nun damit, daß er seine Würde nannte, seine echte Sohnschaft geleugnet? Hat er das erste zurückgenommen, wenn er das zweite sagte? Keineswegs. So hat auch der Vater den Sohn ohne Anfang gezeugt, und in dem Menschenleben desselben hat sich der Satz bewahrheitet: „Er machte ihn zum Hohenpriester.“