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Bibliothek der Kirchenväter
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Œuvres Jean Chrysostome (344-407) De sacerdotio libri 1-6

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Über das Priestertum (BKV)

KAPITEL VIII.

Sei getrost, entgegnete ich. Denn nicht nur auf deine Fragen bin ich bereit, dir Rede und Antwort zu stehen, sondern auch darüber, worüber du mir die Verantwortung erlassen hast, will ich versuchen, soweit ich es vermag, dir Rechenschaft zu geben. Und wenn es dir genehm ist, will ich zunächst gerade hiermit meine Verteidigung beginnen. Denn ich würde ja widersinnig und nur allzu rücksichtslos handeln, wenn ich, besorgt um das gute Ansehen bei den mir ferne Stehenden, alles tun wollte, um diese Tadler zum Schweigen zu bringen, wenn ich hingegen meinen allerbesten Freund nicht zu überzeugen suchte, daß ich ihm kein Unrecht zufüge, zumal er sich so rücksichtsvoll gegen mich benommen, daß er mir nicht einmal wegen der vermeintlich erlittenen Kränkung Vorwürfe machen wollte, sondern unter Hintansetzung der eigenen Ehre nur mehr auf die meinige bedacht ist. Es wäre dann meine leichtsinnige Gleichgültigkeit ihm gegenüber viel größer als umgekehrt seine anhängliche Sorge, die er um meinetwillen an den Tag legte.

Inwiefern habe ich dir denn jemals Unrecht getan — denn von diesem Punkte aus bin ich entschlossen, die Fahrt in das Meer der Verantwortung anzutreten —, etwa weil ich dich überlistet und dir meine wahre Meinung verheimlicht habe? Es geschah dies jedoch dir, den ich getäuscht, zum Vorteil, und auch S. 111 zum Vorteil derer, denen ich dich durch List überantwortet habe. Ist nämlich heimliche List überhaupt etwas Böses, und ist es niemals, auch nicht im Notfalle, erlaubt, sich ihrer zu bedienen, so bin ich bereit, jedwede Strafe zu erleiden, welche du willst; oder vielmehr, da du selbst es doch nie über dich gewinnen wirst, Strafe über mich zu verhängen, so will ich in eigener Person mir jene Sühne auferlegen, welche die Richter gegen die Übeltäter erkennen, wenn die Ankläger sie der Schuld überführt haben. Ist aber ein listiger Kunstgriff nicht immer zu verwerfen, sondern wird er je nach der Absicht derer, die sich seiner bedienen, schlecht oder gut 1, so höre doch auf, mir vorzuwerfen, daß du hintergangen worden seiest, weise mir vielmehr nach, daß ich die fragliche List zu einem schlechten Zweck angewandt habe. Solange jedoch ein solches Motiv fehlt, sollten diejenigen, welche als verständig gelten wollen, keineswegs Tadel und Beschuldigungen vorbringen, sondern sie sollten billigerweise der verständnisvoll angewandten List Beifall zollen. Denn eine rechtzeitige und in der richtigen Absicht vorgebrachte Täuschung hat so großen Gewinn zur Folge, daß schon oftmals gar manche es büßen mußten, weil sie es an einem listigen Vorgehen fehlen ließen.

Prüfe nur einmal die seit alter Zeit berühmt gewordenen Feldherrn, und du wirst finden, daß die meisten ihrer Siege Erfolge angewandter List waren und daß gerade sie mehr gepriesen werden als jene, die im offenen Kampfe den Sieg davongetragen haben. Denn letztere führen die Kriege nur durch bedeutenderen Aufwand an Geld und Menschenleben zu einem glücklichen Ende. Darum erwächst ihnen kein eigentlicher Vorteil aus dem errungenen Siege; vielmehr ist die Lage der Sieger um nichts weniger misslich als S. 112 die der Unterlegenen, da beider Heere aufgerieben, beider Schatzkammern geleert sind. Dazu kommt, daß die so Besiegten den Siegern den Siegesruhm nicht einmal ungeschmälert lassen. Denn auch den Gefallenen gebührt es, einen nicht geringen Teil davon für sich zu beanspruchen, weil ihre Seelen den Sieg davontrugen und nur ihre Leiber unterlagen. Wenn es nämlich möglich wäre, tödlich getroffen 2 nicht zu fallen, und wenn nicht der Tod sie zu Boden gestreckt und hinweggerafft hätte 3, dann würden sie niemals in ihrem entschlossenen Mute gebeugt worden sein. Wer aber durch List zu siegen versteht, der bringt die Feinde nicht bloß ins Unglück, sondern überantwortet sie auch dem Gespötte. Denn während dort beide Teile in gleicher Weise Ruhm davontragen je nach den ihnen zur Verfügung stehenden Kräften, ist dies bei denen, welche sich der Klugheit bedienten, nicht geradeso der Fall. Hier gehört der Siegespreis den Siegern ausschließlich, und, was nicht geringer anzuschlagen ist, sie bewahren ihrem Vaterlande die Siegesfreude ungetrübt. Denn ein noch so großer Vorrat an Geldmitteln und die Maße der Krieger hat nicht den gleichen Wert wie die Klugheit des Geistes. Werden erstere im Kriege beständig in Anspruch genommen, so werden sie selbstverständlich allmählich aufgezehrt und gehen schließlich den Besitzern vollständig aus; diese aber nimmt ihrer Natur nach um so mehr zu, je mehr sie angeregt wird. Nicht nur im Kriege jedoch, auch in Friedenszeiten kann gar oft die Anwendung der List nicht umgangen werden, und dies wie bei den öffentlichen Angelegenheiten des Staates so im häuslichen Familienkreise. Der Mann bedient sich ihrer gegenüber der Frau, die Frau gegenüber dem Manne, der Vater gegenüber dem Sohne, der Freund gegenüber dem Freunde, ja sogar die Kinder gegenüber S. 113 ihrem Vater, Konnte doch zum Beispiel Sauls Tochter 4 ihren Gatten 5 nicht anders aus den Händen erretten als dadurch, daß sie ihren Vater überlistete 6, und ihr Bruder 7 nahm, um den von der Gattin geretteten Freund aus einer neuen Gefahr zu befreien, die nämlichen Waffen der List zu Hilfe 8, deren diese sich bedient hatte. Aber, unterbrach mich Basilius, das alles passt ja nicht auf mich. Denn ich bin weder dein persönlicher noch dein politischer Gegner. Auch gehöre ich nicht zu denen, welche dir Unrecht zuzufügen suchen, sondern gerade im Gegenteil. Immer habe ich mich in allen meinen Entschlüssen nach deiner Meinung gerichtet und bin dir auf dem Wege gefolgt, den du mich gehen hießest.


  1. Die ganze Theorie über Anwendung von List und Täuschung, wie sie Chrysostomus hier vorbringt und die auch von anderen Kirchenvätern ähnlich vertreten wurde, erregt in mancher Beziehung Bedenken und läßt sich mit der Pflicht unbedingter Wahrhaftigkeit kaum vereinbaren. Vgl. dazu Seltmann, S. 36—39; Hasselbach, S. LXXXIV-LXXXVIII; Neander, Bd. I³, S. 92-97; Cognet, S, 25—27; Nairn, S. 19. ↩

  2. Savilius, Migne, Seltmann, Nairn lesen „βαλλομένους“ mit fast allen Manuskripten; Bengel „βουλομενους“. ↩

  3. Dieser Satz ist noch von εἰ abhängig und gehört nicht zum Nachsatz, wie Mitterrutzner in der bisherigen Bibliothek der Kirchenväter fälschlich übersetzte. Es müßte dann hei ἔπαυσεν ebenso selbstverständlich ἄν stehen wie bei ἔστησαν. ↩

  4. Michal ↩

  5. David ↩

  6. 1 Kön. 19, 11—17 ↩

  7. Jonathan. ↩

  8. 1 Kön. 20, 5 ff. ↩

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Treatise concerning the christian priesthood

8.

Chrysostom: Be of good cheer, I replied, for I am not only ready to answer for myself in these matters, but I will also endeavor as well as I am able to render an account of those for which you have not held me answerable. Indeed, if you wish it, I will make them the starting-point of my defence. For it would be a strange piece of stupidity on my part if, thinking only of praise from the outside public, and doing my best to silence their accusations, I were unable to convince my dearest of all friends that I am not wronging him, and were to treat him with indifference greater than the zeal which he has displayed on my behalf, treating me with such forbearance as even to refrain from accusing me of the wrongs which he says he has suffered from me, and putting his own interests out of the question in consideration for mine.

What is the wrong that I have done thee, since I have determined to embark from this point upon the sea of apology? Is it that I misled you and concealed my purpose? Yet I did it for the benefit of thyself who wast deceived, and of those to whom I surrendered you by means of this deceit. For if the evil of deception is absolute, and it is never right to make use of it, I am prepared to pay any penalty you please: or rather, as you will never endure to inflict punishment upon me, I shall subject myself to the same condemnation which is pronounced by judges on evil-doers when their accusers have convicted them. But if the thing is not always harmful, but becomes good or bad according to the intention of those who practise it, you must desist from complaining of deceit, and prove that it has been devised against you for a bad purpose; and as long as this proof is wanting it would only be fair for those who wish to conduct themselves prudently, not only to abstain from reproaches and accusation, but even to give a friendly reception to the deceiver. For a well-timed deception, undertaken with an upright intention, has such advantages, that many persons have often had to undergo punishment for abstaining from fraud. And if you investigate the history of generals who have enjoyed the highest reputation from the earliest ages, you will find that most of their triumphs were achieved by stratagem, and that such are more highly commended than those who conquer in open fight. For the latter conduct their campaigns with greater expenditure of money and men, so that they gain nothing by the victory, but suffer just as much distress as those who have been defeated, both in the sacrifice of troops and the exhaustion of funds. But, besides this, they are not even permitted to enjoy all the glory which pertains to the victory; for no small part of it is reaped by those who have fallen, because in spirit they were victorious, their defeat was only a bodily one: so that had it been possible for them not to fall when they were wounded, and death had not come and put the finishing stroke to their labors, there would have been no end of their prowess. But one who has been able to gain the victory by stratagem involves the enemy in ridicule as well as disaster. Again, in the other case both sides equally carry off the honors bestowed upon valor, whereas in this case they do not equally obtain those which are bestowed on wisdom, but the prize falls entirely to the victors, and, another point no less important is that they preserve the joy of the victory for the state unalloyed; for abundance of resources and multitudes of men are not like mental powers: the former indeed if continually used in war necessarily become exhausted, and fail those who possess them, whereas it is the nature of wisdom to increase the more it is exercised. And not in war only, but also in peace the need of deceit may be found, not merely in reference to the affairs of the state, but also in private life, in the dealings of husband with wife and wife with husband, son with father, friend with friend, and also children with a parent. For the daughter of Saul would not have been able to rescue her husband out of Saul's hands [^52] except by deceiving her father. And her brother, wishing to save him whom she had rescued when he was again in danger, made use of the same weapon as the wife. [^53]

Basil: But none of these cases apply to me: for I am not an enemy, nor one of those who are striving to injure thee, but quite the contrary. For I entrusted all my interests to your judgment, and always followed it whenever you bid me.

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Traité du Sacerdoce Comparer
Treatise concerning the christian priesthood
Über das Priestertum (BKV)
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Einleitung Über das Priestertum
Introduction to the treatise on the priesthood

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