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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) De sacerdotio libri 1-6

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Über das Priestertum (BKV)

KAPITEL IV.

Hingegen sind die meisten der dem Priester unterstellten Personen von weltlichen Sorgen beunruhigt, und gerade das macht sie so träge zur Beschäftigung mit geistlichen Dingen. Darum muß der Lehrer sozusagen tagtäglich den Samen ausstreuen, damit das Wort seiner Lehre wenigstens infolge solch unaufhörlicher Bemühung bei den Zuhörern sich durchzusetzen vermöge. Denn allzu großer Reichtum, einflußreiche Machtstellung, Leichtsinn infolge eines verweichlichten Lebens und dazu noch vieles andere dergleichen erstickt die ausgestreute Saat, ja oft lassen die dicht aneinander stehenden Dornensträucher die Samenkörner nicht einmal den Erdboden erreichen. Was nun erst übermäßige Trübsal, drückende Armut, beständige verletzende Behandlung anbelangt, so ziehen sie und andere derartige, den früher genannten 1 entgegengesetzten Zustände von dem Eifer für göttliche Dinge ab. Von ihren Vergehen kann S. 226 nicht einmal der geringste Teil den Priestern zur Kenntnis gelangen. Wie könnte das auch anders sein, da ihnen die meisten Leute nicht einmal von Angesicht bekannt sind?

Solche Schwierigkeiten bringt also sein [des Priesters] Verhältnis zum Volke mit sich.

Stellt man aber eine Untersuchung an über sein Verhältnis zu Gott, so wird man finden, daß dagegen das Gesagte gar nichts bedeutet. Sein Eifer muß hier noch weit größer und gewissenhafter sein. Denn der, welcher für eine ganze Stadt, ja was sage ich, für eine Stadt, der vielmehr für den gesamten Erdkreis als Vermittler auftritt und Gott bittet, daß er den Sünden aller gnädig sein möge, nicht bloß der Lebenden, sondern auch der Verstorbenen, was für eine Persönlichkeit muß das sein? Ich wenigstens bin der Ansicht, daß selbst die Freimütigkeit eines Moses und eines Elias zu einem solchen Flehen noch nicht genügen könne. Denn als wäre ihm die ganze Welt anvertraut und als wäre er der Vater aller, so tritt er vor Gott hin mit der Bitte, es möge überall die Kriegsfackel ausgelöscht und den Unruhen ein Ende gemacht werden, ferner, es möge Frieden und Wohlfahrt und baldigste Befreiung von allen Übeln, die jeden einzelnen sowohl im privaten wie im öffentlichen Leben bedrängen, beschert werden. Es erscheint nun aber notwendig, daß er selber über alle, für welche er bittet, in jeglicher Beziehung so sehr hervorrage, wie dies bei einem Vorgesetzten im Verhältnis zu seinen Untergebenen selbstverständlich ist.

Wenn er gar den Hl. Geist herabruft2, das schauererregendste Opfer vollbringt, und den Herrn, das Gemeingut aller, beständig berührt, auf welche Rangstufe, sage mir, setzen wir ihn da erst? Welch peinliche Reinheit und welch ausnehmende Gewissenhaftigkeit müssen S. 227 wir da von ihm fordern? Bedenke doch, wie beschaffen die Hände sein müssen, die solchen Dienst verrichten, wie beschaffen die Zunge, die solche Worte ausspricht, wie die Seele, die solchen Geist in sich aufnimmt, reiner und heiliger sein muß als die jedes anderen! Zu dieser Zeit umringen selbst Engel 3 den Priester; das ganze Heiligtum4 und der Raum um den Altar5 ist angefüllt mit himmlischen Heerscharen, dem zu Ehren, der auf dem Altare liegt. Es ist das an und für sich schon genügend glaubwürdig bei Berücksichtigung alles dessen, was in dem genannten Zeitpunkte auf dem Altare vor sich geht. Zudem habe ich einmal jemanden erzählen hören, es habe ihm ein Greis, ein angesehener Mann, der Erscheinungen zu sehen gewohnt war, berichtet, er sei eines derartigen Gesichtes gewürdigt worden; er habe nämlich in jenem Augenblicke plötzlich, soweit es ihm überhaupt möglich war, eine Menge Engel erblickt, eingehüllt in glänzende Gewänder, rings um den Altar, sich zu Boden neigend, wie man Soldaten dastehen sehen kann in Gegenwart des Königs. Ich wenigstens glaube das auch. Ein zweiter, der es dazu nicht von einem anderen erfahren hatte, sondern der selber es zu sehen und zu hören gewürdigt worden, hat mir erzählt, daß Leute, die im Begriffe sind, von hinnen zu scheiden, falls sie mit reinem Gewissen dieses Geheimnis genossen haben, im Augenblicke, da sie gerade ihre Seele aushauchen, um der empfangenen Gabe willen von Engeln wie von einer Leibwache hinübergeleitet werden.S. 228 Und du schauderst noch nicht davor zurück, eine Seele [wie die meinige] in einen solch heiligen Dienst hineindrängen und einen mit so schmutzigen Gewändern bekleideten Menschen, den auch Christus aus der Schar der übrigen Gäste ausgestoßen hat6, zu der Priesterwürde erheben zu wollen? Gleich dem Lichte, das den Erdball erleuchtet7 , muß die Seele des Priesters hell erstrahlen. Meine Seele jedoch hält infolge ihres schlechten Gewissens eine so dichte Finsternis umfangen, daß sie sich beständig verkriechen muß und niemals mit Vertrauen zu ihrem Herrn aufzublicken wagt. Die Priester sind das Salz der Erde8. Meinen Unverstand hingegen und meine Unerfahrenheit in allen Dingen, wer wird sie ohne weiteres ertragen außer dir, der du es schon gewohnt bist, mich überschwänglich zu lieben? Denn wer eines solch hohen Amtes für würdig befunden werden soll, muß nicht bloß rein sein, sondern auch höchst verständig, und vielerlei Erfahrung besitzen; er muß einerseits in sämtlichen weltlichen Verhältnissen sich ebenso gut auskennen wie die, welche mitten in der Welt sich bewegen, anderseits von all dem mehr losgeschält sein als die Einsiedler, welche sich in die Einöden zurückgezogen haben. Ist er doch genötigt, mit Männern zu verkehren, die verheiratet sind, Kinder zu erziehen haben, Dienstboten besitzen, sich großen Reichtums erfreuen, in öffentlichen Ämtern stehen und eine einflußreiche Stellung einnehmen. Darum muß er vielseitig sein9 ; vielseitig sage ich, nicht verschlagen, kein Schmeichler oder Heuchler, sondern ausgestattet mit Freimut und Offenheit, der es auch versteht, falls die Lage der Verhältnisse es erfordert, sich in heilsamer Weise herablassend10 zu zeigen, milde und streng zu- S. 229 gleich. Denn es geht ebenso wenig an, alle Untergebenen auf eine und dieselbe Weise zu behandeln, als es für die Ärzte zweckmäßig ist, allen Kranken gegenüber das nämliche Verfahren einzuschlagen, oder für einen Steuermann, bloß einen Ausweg beim Kampfe mit den Winden zu kennen. Umbrausen doch auch dieses Schiff11 beständige Stürme, die nicht nur von außen sich heranwälzen, sondern auch aus dem Innern hervorbrechen. Und da ist sowohl herablassende Nachgiebigkeit wie große Strenge vonnöten. Alle die genannten Erfordernisse gehen nur auf ein einziges Ziel hinaus: die Ehre Gottes und das Heil der Kirche.


  1. Gemeint ist Reichtum, Machtstellung usw. ↩

  2. „Ὄτ᾿ ἂν δὲ καὶ τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον καλᾖ καὶ τὴν φρικωδεστάτην ἐπιτελῇ θυσίαν.“ Es ist hier ebensowenig wie oben in Buch III, 4 (siehe S. 142) die Rede speziell von der sogenannten Epiklese, der Chrysostomus keineswegs die Konsekrationskraft zuerkennt, sondern von den Konsekrationsgebeten in ihrer Gesamtheit. Siehe hierzu A. Naegle, Die Eucharistielehre des hl. Johannes Chrysostomus, Freiburg i. B. 1900, S. 136 ff. ↩

  3. Der Gedanke, daß Gott der Herr, wie im Himmel, so auch in der Eucharistie, von Engelscharen angebetet werde, kehrt in den Werken des hl. Chrysostomus sehr häufig wieder. Die einzelnen Texte sind zusammengestellt bei A. Naegle, Die Eucharistielehre des hl. Johannes Chrysostomus, S. 104. 105. ↩

  4. Die neueren Herausgeber, wie Nairn, Bengel, Seltmann, lesen „ἄπαν τὸ βῆμα“, während in älteren Ausgaben, so bei Savilius, Montfaucon, Migne „ἅπαν τάγμα βοᾷ“ steht, von dem dann „ὀὐρανίων δυνάμεων“ abhängig ist. Mitterrutzner übersetzte darnach: „Der ganze Chor der himmlischen Mächte stimmt ein.“ Nach obiger Lesart und meiner Übersetzung ist dieser Genitiv abhängig von „πληροῦται“. ↩

  5. „τὸ θυσιαστήριον“ wie schon Paulus im Hebräerbrief 13, 10. ↩

  6. Anspielung auf Math. 22, 11-13. ↩

  7. Vgl. Matth. 5, 14. ↩

  8. Vgl. ebd. 5, 13. ↩

  9. Vgl. die Mahnung des hl. Apostels Patdus in 1 Kor. 9, 22. ↩

  10. „συγκατιέναι“. A, Puech, St. Jean Chrysostome et les moeurs de son temps, Paris 1900, p. 31 bemerkt: „Chrysostome répète à chaque instant ce mot d'abaissement: συγκατάβασις. C'est le mot, qu'on peut lui appliquer a lui-même. Il imite autant qu'il est en lui la sublime condescendance qu'il fait admirer dans le texte sacré.“ ↩

  11. Das mitten im Meere der Pastoration segelt. ↩

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Treatise concerning the christian priesthood

4.

But of those who are subject to the Priest, the greater number are hampered with the cares of this life, and this makes them the slower in the performance of spiritual duties. Whence it is necessary for the teacher to sow every day (so to speak), in order that by its frequency at least, the word of doctrine may be able to be grasped by those who hear. For excessive wealth, and an abundance of power, and sloth the offspring of luxury, and many other things beside these, choke the seeds which have been let fall. Often too the thick growth of thorns does not suffer the seed to drop even upon the surface of the soil. Again, excess of trouble, stress of poverty, constant insults, and other such things, the reverse of the foregoing, take the mind away from anxiety about things divine; and of their people's sins, not even the smallest part can become apparent; for how should it, in the case of those the majority of whom they do not know even by sight?

The Priest's relations with his people involve thus much difficulty. But if any inquire about his relations with God, he will find the others to be as nothing, since these require a greater and more thorough earnestness. For he who acts as an ambassador on behalf of the whole city--but why do I say the city? on behalf of the whole world indeed--prays that God would be merciful to the sins of all, not only of the living, but also of the departed. 1 What manner of man ought he to be? For my part I think that the boldness of speech of Moses and Elias, is insufficient for such supplication. For as though he were entrusted with the whole world and were himself the father of all men, he draws near to God, beseeching that wars may be extinguished everywhere, that tumults may be quelled; asking for peace and plenty, and a swift deliverance from all the ills that beset each one, publicly and privately; and he ought as much to excel in every respect all those on whose behalf he prays, as rulers should excel their subjects.

And whenever he invokes the Holy Spirit, and offers the most dread sacrifice, and constantly handles the common Lord of all, tell me what rank shall we give him? What great purity and what real piety must we demand of him? For consider what manner of hands they ought to be which minister in these things, and of what kind his tongue which utters such words, 2 and ought not the soul which receives so great a spirit to be purer and holier than anything in the world? At such a time angels stand by the Priest; and the whole sanctuary, and the space round about the altar, is filled with the powers of heaven, in honor of Him who lieth thereon. For this, indeed, is capable of being proved from the very rites which are being then celebrated. I myself, moreover, have heard some one once relate, that a certain aged, venerable man, accustomed to see revelations, used to tell him, that he being thought worthy of a vision of this kind, at such a time, saw, on a sudden, so far as was possible for him, a multitude of angels, clothed in shining robes, and encircling the altar, and bending down, as one might see soldiers in the presence of their King, and for my part I believe it. Moreover another told me, without learning it from some one else, but as being himself thought worthy to be both an ear and eye witness of it, that, in the case of those who are about to depart hence, if they happen to be partakers of the mysteries, with a pure conscience, when they are about to breathe their last, angels keep guard over them for the sake of what they have received, and bear them hence. And dost thou not yet tremble to introduce a soul into so sacred a mystery of this kind, and to advance to the dignity of the Priesthood, one robed in filthy raiment, whom Christ has shut out from the rest of the band of guests? 3 The soul of the Priest should shine like a light beaming over the whole world. But mine has so great darkness overhanging it, because of my evil conscience, as to be always cast down and never able to look up with confidence to its Lord. Priests are the salt of the earth. 4 But who would easily put up with my lack of understanding, and my inexperience in all things, but thou, who hast been wont to love me beyond measure. For the Priest ought not only to be thus pure as one who has been dignified with so high a ministry, but very discreet, and skilled in many matters, and to be as well versed in the affairs of this life as they who are engaged in the world, and yet to be free from them all more than the recluses who occupy the mountains. For since he must mix with men who have wives, and who bring up children, who possess servants, and are surrounded with wealth, and fill public positions, and are persons of influence, he too should be a many-sided man--I say many-sided, not unreal, nor yet fawning and hypocritical, but full of much freedom and assurance, and knowing how to adapt himself profitably, where the circumstances of the case require it, and to be both kind and severe, for it is not possible to treat all those under one's charge on one plan, since neither is it well for physicians to apply one course of treatment to all their sick, nor for a pilot to know but one way of contending with the winds. For, indeed, continual storms beset this ship of ours, and these storms do not assail from without only, but take their rise from within, and there is need of much condescension, and circumspection, and all these different matters have one end in view, the glory of God, and the edifying of the Church.


  1. All the ancient Liturgies contained prayers for the departed. St. Cyril of Jerusalem (Catech. Mystag., v. n. vi.), speaking of the prayer after consecration, says: "and then we pray for our holy fathers and bishops, and for all that have fallen asleep before us, believing that it will be a very great benefit to their souls to have supplication offered for them whilst the holy and most awful sacrifice is lying upon the altar," but the practice was not based upon anything like the later Roman doctrine of purgatory. It was the natural expression of a devout belief in the "communion of saints." See Bingham's Antiquities, Book xv. ↩

  2. "And we pray and beseech Thee, send down thy Holy Ghost upon us and upon these gifts here outspread, and make this bread to be the precious body of thy Christ, and that which is in the cup the precious blood of Christ, having so changed them by thy Holy Spirit that to us who partake of them they may be for the cleansing of our souls, the remission of sins, the communion of the Holy Spirit." (Liturgy of St. Chrysostom.) ↩

  3. Matt. xxii. 13. ↩

  4. Matt. v. 13. ↩

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