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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) De sacerdotio libri 1-6 Über das Priestertum (BKV)
2. Buch

KAPITEL III.

Was hingegen die Krankheiten der Menschen betrifft, so ist es zunächst für den Menschen nicht leicht, sie zu erkennen. Denn niemand "weiß, was im Menschen ist außer der Geist des Menschen, der in ihm ist"1 . Wie sollte nun jemand eine Arznei gegen eine Krankheit anwenden können, deren Art er nicht kennt, ja da er oft nicht einmal zu sehen vermag, ob überhaupt eine Krankheit vorhanden ist? Ist aber eine solche wirklich offensichtlich, dann entsteht eine noch größere Schwierigkeit. Man vermag nämlich keinen 2 Menschen unter Anwen- S. 123 dung solcher Gewalt zu heilen, wie der Hirte seine Schafe. Auch bei den Menschen tut es zwar ebenso not, zu binden, Nahrung zu entziehen, zu brennen und zu schneiden. Aber das Vermögen, sich diese Heilung gefallen zu lassen, liegt nicht bei dem, der das Heilmittel zuführen will, sondern bei dem Leidenden.3 Das hat auch jener bewunderungswürdige Mann gewusst, als er an die Korinther schrieb: "Nicht als ob wir Gebieter wären eures Glaubens, sondern wir sind Mithelfer eurer Freude"4.

Am allerwenigsten ist es den Christen erlaubt, mit Gewalt die Fehler der Sünder bessern zu wollen. Allerdings die weltlichen Richter zeigen ihre volle Gewalt den Übeltätern gegenüber, sobald dieselben den Gesetzen verfallen sind, und hindern sie, auch wider ihren Willen, ihren bisherigen Lebenswandel weiterzuführen. Bei uns aber gilt es, einen solchen Menschen nicht durch Zwang, sondern durch Überzeugung zu bessern. Denn einerseits ist uns schon von den Gesetzen keine solche Macht gegeben, daß wir den Sündern wehren könnten; anderseits, besäßen wir diese Gewalt, dann hätten wir keine Gelegenheit, sie zur Anwendung zu bringen, da Gott nicht diejenigen krönt, welche aus Zwang, sondern nur die, welche freiwillig der Sünde sich enthalten. Es bedarf deshalb großer Geschicklichkeit, daß die Kranken sich aus Überzeugung dahin bringen lassen, sich freiwillig dem Heilverfahren seitens der Priester zu unterwerfen, und nicht allein das, sondern daß sie ihnen auch Dank wissen für ihre Heilung. Denn wenn jemand gebunden worden ist und dennoch aufspringt — die Freiheit dazu besitzt er ja —, so macht er sein Übel noch schlimmer; wenn er den wie Eisen einschneidenden Worten kein Gehör schenkt, so bringt er sich durch solche Verachtung eine neue Wunde bei, und was die Heilung bewirken sollte, wird der Anlaß für eine noch S. 124 schlimmere Krankheit. Es gibt ja niemanden, der einen Kranken durch Zwang und wider seinen Willen heilen könnte.


  1. 1 Kor. 2, 11. ↩

  2. Die Lesart „ἄπαντας“ durch „ἄκοντας“ zu ersetzen, was wohl einen strikteren Sinn gäbe, geht nicht an, da dies nicht handschriftlich beglaubigt ist. ↩

  3. Manche Ausgaben, so auch Naira, schieben vor „ἐν τῷ κάμνοντι“ ein „ἤ“ ein, das in den meisten Handschriften und auch bei Savilius, Montfaucon-Migne fehlt. Es wird dadurch der Sinn nicht wesentlich alteriert ↩

  4. 2 Kor. 1, 24. ↩

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Einleitung Über das Priestertum
Introduction to the treatise on the priesthood

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