KAPITEL VII.
Auch mich drängt es übrigens selbst, antwortete ich, nunmehr zu diesem Gegenstande überzugehen. Denn da ich meine Ausführungen, soweit sie dich persönlich betreffen, beendet habe, so werde ich mich mit Vergnügen diesem zweiten Teile der Verteidigung zuwenden1. Was für eine Anklage bringt man denn vor? Welches sind die Beschuldigungen? Man erklärt, von uns ver- S. 133 ächtlich behandelt worden zu sein, man habe großes Unrecht erfahren, da wir die Ehre, die uns zugedacht gewesen, nicht angenommen hätten. Demgegenüber stelle ich zunächst die Behauptung auf, daß wir keine Rücksicht zu nehmen brauchen auf andere, die sich durch unser Verhalten verletzt fühlen, falls die etwa ihnen erwiesene Ehrerbietung uns nötigt, Gott zu mißfallen. Auch ist für sie selbst, welche darüber 2 erbittert sind, ihre Entrüstung nicht ohne Gefahr, sie bringt ihnen sogar großen Schaden. Denn ich bin der Meinung, daß denjenigen, welche Gott angehören wollen und nur auf ihn ihren Blick richten, eine so gottergebene Gesinnung eigen sein müsse, daß sie das Geschehene überhaupt nicht für eine Beleidigung halten können, auch wenn sie tausendmal sich dadurch gekränkt fühlen sollten. daß mir nicht einmal in Gedanken so etwas eingefallen ist, geht aus folgendem deutlich hervor.
Wenn ich mich nämlich aus Hochmut und Ehrgeiz, dessen mich, wie du wiederholt versichertest, manche beschuldigen, hätte zu diesem Schritte verleiten lassen, dann gehörte ich in der Tat, um hierin meinen Anklägern beizustimmen 3, zu den ärgsten Frevlern, indem ich bewundernswerte und hochangesehene Männer, dazu noch meine Wohltäter, geringschätzend behandelt hätte. Wenn es schon strafwürdig ist, denen Unrecht zuzufügen, die uns nichts Böses getan haben, welch große Strafe verdiente es dann nicht, wenn man jenen, die aus eigenem Antriebe uns zu ehren beschlossen hatten, mit einem gegenteiligen Verhalten vergelten wollte! Denn niemand dürfte zu behaupten wagen, daß sie größere oder geringere Wohltaten von mir empfingen und dafür sich hätten erkenntlich zeigen wollen. Wenn ich mir so S. 134 etwas nicht einmal in Gedanken einfallen ließ, ich vielmehr aus einem ganz anderen Grunde mich der schweren Last entzogen habe, warum unterlassen sie es dann, mir zu verzeihen? Und wenn sie mein Vorgehen zwar auch nicht billigen mögen, warum jedoch klagen sie mich an, daß ich meines eigenen Lebens geschont hätte? Ich bin so weit entfernt, jene Männer verächtlich behandelt zu haben, daß ich vielmehr behaupten möchte, ich habe sie durch meine Weigerung sogar geehrt. Wundere dich nicht, wenn meine Worte widerspruchsvoll erscheinen. Ich werde diesen Widerspruch sofort zu lösen suchen
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Im ersten Teile der Verteidigung hat Chrysostomus die Frage behandelt, ob er durch sein Verhalten gegen Basilius diesem unrecht getan hat. Im zweiten geht er zu der Frage über, was den Tadlern für eine Antwort zu geben ist. ↩
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Über unsere Ablehnung der Wahl. Auch Basilius hatte zuerst sich geweigert. Chrysost. hätte die Annahme der Wahl als eine Sünde gegen Gott betrachtet. Deshalb ist es auch niemanden erlaubt, sich über die Ablehnung zu ärgern. ↩
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„ψηφἱσασδοι τοῖς κατηγόροις“. Diese Worte, die Schwierigkeiten machen, finden sich in allen Handschriften (siehe Nairn) und dürfen deshalb nicht ausgelassen werden, wie dies Seltmann gern tun möchte. Sie sind einfach als griechischer Infinitivus absolutus zu fassen. ↩