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Bibliothek der Kirchenväter
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Works John Chrysostom (344-407) De sacerdotio libri 1-6 Über das Priestertum (BKV)
3. Buch

KAPITEL X.

Es möge aber niemand glauben, daß ich alle Priester mit den genannten Beschuldigungen belasten will. Denn es gibt deren, ja es gibt deren viele, die diesen Netzen glücklich entronnen sind; es sind ihrer sogar mehr als solche, die sich haben verstricken lassen. Noch weniger möchte ich dem Priestertume selbst die Schuld für diese Übel beimessen. Niemals werde ich so wahnsinnig sein. Denn alle verständigen Menschen betrachten diejenigen, welche die von Gott verliehenen Gaben nicht zu dem richtigen Zwecke gebrauchen, als die Schuldigen und bestrafen sie, niemand jedoch macht das Eisen verantwortlich für die vorkommenden Mordtaten oder den Wein für die Trunkenheit, niemand die Stärke für die Gewalttat oder die Tapferkeit für die unvernünftige Tollkühnheit. Vielmehr kann umgekehrt das Priestertum mit Recht gegen uns Klage erheben, wenn wir es nicht richtig verwalten. Denn nicht das Priestertum selbst ist schuld an den von mir genannten Übeln, sondern wir beschmutzen es, soweit es auf uns ankommt, mit solchen Flecken, indem wir es den ersten besten Personen anvertrauen. Diese nehmen gar bereitwillig das angebotene Amt an, ohne vorher ihre eigene Seele kennen gelernt und die schwere Last des Amtes beachtet zu haben. Wenn sie aber zu einer praktischen Tätigkeit kommen sollen, tappen sie in der Finsternis ihrer Unerfahrenheit herum und richten unter den ihnen anvertrauten Gläubigen unsagbares Unheil an. S. 152

Eben das Nämliche wäre beinahe auch bei mir zugetroffen, wenn nicht Gott, um seine Kirche und um meine Seele zu schonen, mich schnell aus jenen Gefahren errettet hätte. Oder woher, sage mir, entstehen denn nach deiner Meinung so große Unordnungen in den Kirchengemeinden? Ich wenigstens bin der Überzeugung, aus keiner anderen Ursache als aus der Art und Weise, wie man die Wahl der Vorsteher vornimmt und daß man die Auswahl aufs Geratewohl vor sich gehen läßt und wie es sich zufällig trifft. Denn das Haupt muß vor allem kräftig sein, damit es die aus dem übrigen Körper von unten her aufsteigenden schädlichen Dünste richtig zu verteilen und sie in das gehörige Geleise zu leiten vermag. Ist aber das Haupt selbst voll Schwäche und nicht imstande, jene ungesunden Dünste abzustoßen, dann wird es selber noch weit schwächer, als es an und für sich schon ist und zieht auch den übrigen Körper mit sich ins Verderben. Damit das nicht auch bei mir zutreffe, hat Gott mich in der Rolle eines Fußes 1 festgehalten, wie ich sie bisher inne gehabt habe.

Denn, mein lieber Basilius, außer den genannten Eigenschaften sind dem Kirchenvorsteher noch viele andere nötig, die ich aber nicht besitze. So vor allem folgende: Vollständig muß er seine Seele von der Begierde nach dem Kirchenamte frei halten. Wenn er von allzu großem Verlangen nach dieser Würde sich fesseln läßt, so schürt er, sobald er in ihren Besitz gelangt ist, die Flamme nur noch stärker, und mit aller Macht hingerissen nimmt er, um sich in seiner Stellung zu befestigen, unzählige Gefährlichkeiten auf sich, sei es, daß er gezwungen ist, zu schmeicheln oder eine ehrlose und unwürdige Handlung zuzulassen oder viele Geldmittel aufzuwenden. Denn daß manche, um sich diese Würde zu erringen, sogar Kirchen mit Mord erfüllten und Städte verwüsteten, will ich jetzt übergehen, um nicht bei dem einen oder dem anderen den Anschein zu erwecken, als rede ich unglaubliche Dinge. Man sollte nach meinem Dafürhalten eine solche Scheu vor dieser S. 153 hohen Stellung haben, daß man zunächst vor der schweren Bürde die Flucht ergreift. Wenn man sie jedoch übernommen hat, soll man nicht auf das Urteil anderer warten, falls es dazu kommen sollte, daß ein Vergehen Absetzung erheischte, sondern zuvorkommend von selbst das Amt aufgeben. Denn dann könnte man voraussichtlich wenigstens von Gott Verzeihung erlangen. Hält man aber in ungebührlicher Weise an der Würde fest, so heißt das, sich jeder Nachsicht berauben und den Zorn Gottes umso heftiger anfachen, indem man ein zweites, noch schlimmeres Vergehen hinzufügt.


  1. d. h. in einer untergeordneten Stellung innerhalb der Kirche. ↩

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Traité du Sacerdoce Compare
Treatise concerning the christian priesthood Compare
Über das Priestertum (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung Über das Priestertum
Introduction to the treatise on the priesthood

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