KAPITEL VII.
Ein begabter Künstler soll auch selbst an seinen eigenen Kunstwerken Kritik üben. Er halte sie für gut oder schlecht, je nachdem der Verstand, der sie geschaffen, sein Urteil abgibt. Hingegen soll er der irregeführten und kunstwidrigen Meinung von Nichtsachverständigen keineswegs irgendwelche Beachtung schenken. Demgemäß soll auch der, welcher als Lehrer in die Öffentlichkeit tritt, sich um die Lobsprüche anderer nicht kümmern, noch weniger sich durch solche Leute mutlos machen lassen; vielmehr verfertige er seine Predigten so, daß er Gott gefalle. Denn Gott allein muß ihm Richtschnur und Ziel bei der möglichst besten Ausarbeitung seiner Predigten1 sein, nicht Beifallklatschen und Lobsprüche. Wenn ihm zwar auch von den Menschen Beifall gezollt wird, so weise er das Lob nicht zurück; wird ihm aber solches seitens der Zuhörer nicht gespendet, so suche er es nicht und gräme sich darüber nicht. Denn einen hinreichenden, ja überreichlichen Trost für seine Mühen gewährt ihm dann das eigene Be- S. 218 wußtsein, bloß um Gott zu gefallen, seine Predigten ausgearbeitet und gestaltet zu haben.
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Das ἐκείνων“ bezieht sich nicht, wie Wohlenberg übersetzt, auf die Person des Predigers, dem schon durch „αὐτῷ“ Rechnung getragen ist, sondern auf das vorausgehende „λόγους“. ↩