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Works John Chrysostom (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
SIEBZEHNTE HOMILIE: Kap. IX, V. 1—33.

8.

Diese Stelle ist nicht so zu verstehen, als ob der Apostel mit diesen Worten die menschliche Willensfreiheit aufheben wollte, sondern er will damit nur klar machen, inwieweit wir Gottes Fügungen Gehorsam schulden. Wenn es sich darum handelt, Rechenschaft von Gott zu verlangen, so sind wir dazu nicht mehr befugt, wie der Ton dem Töpfer gegenüber. Nicht bloß kein Widerspruch ist uns erlaubt, sondern nicht einmal eine Frage oder eine Äußerung, ja auch nicht ein Gedanke, sondern wir müssen ganz dem leblosen Ton glei- S. d42 chen, der in den Händen des Töpfers sich formen läßt, wozu dieser will. Darin allein liegt der Vergleichspunkt des Beispieles; nicht auf unser Handeln hat es Bezug, sondern auf unsere Unterwürfigkeit und unser Stillesein den Fügungen Gottes gegenüber. Das muß man übrigens bei allen Gleichnissen beachten: man darf sie nicht in ihrer Gänze nehmen, sondern man muß das, was auf die Sache paßt, herausheben, das andere aber beiseite lassen. Wenn es z. B. heißt: „Er hat sich gelagert und schläft wie ein Löwe“ 1, so ist damit das Unbesiegbare und Furchterregende gemeint, nicht das Wilde und was sonst den Löwen eigen ist. Und wenn es anderswo heißt: „Ich werde ihnen entgegenkommen wie eine Bärin, der man die Jungen geraubt hat“ 2, so ist die Rache gemeint; und wenn es heißt: „Unser Gott ist wie ein verzehrend Feuer“ 3, so das Zerstörende, das in der Strafe liegt. Ebenso haben wir auch den Ton, den Töpfer und das Gefäß zu verstehen. Wenn aber der Apostel fortfährt und sagt: „Oder hat der Töpfer nicht Macht über den Ton, aus derselben Masse das eine Gefäß zu einer edlen, das andere zu einer unedlen Bestimmung zu formen?“ so glaube ja nicht, Paulus habe dies gesagt, um eine Unfreiheit des menschlichen Willens zu behaupten, die ihm anerschaffen sei, sondern um auszudrücken, daß Gott in seinen Verfügungen frei sei und daß diese demzufolge verschieden seien. Denn wenn wir diese Worte nicht so auffassen, folgt daraus mancherlei Ungereimtes. Wäre hier vom menschlichen Willen die Rede, so wäre Gott selbst der Urheber des Guten und Bösen und der Mensch dafür ganz unverantwortlich. Damit würde sich aber Paulus in Widerspruch zu sich selbst setzen, da er ja sonst überall die menschliche Willensfreiheit so sehr hervorhebt. Er will also hier nichts anderes erreichen, als den Zuhörer zu überzeugen, daß er sich ganz und gar Gott überlassen müsse und nicht einmal nach einem Grunde für die Verfügungen Gottes fragen dürfe. Denn wie der Töpfer, will er sagen, aus derselben Masse formt, was er will, ohne daß ihm jemand widerspricht, S. d43 so frage auch du nicht und zerbrich dir nicht den Kopf, wenn du siehst, wie Gott von Menschen, die demselben Geschlecht entstammen, die einen bestraft, die andern belohnt, sondern neige dich in demütiger Anbetung und verhalte dich wie der Ton: wie dieser sich den Händen des Töpfers fügt, so füge auch du dich dem Willen Gottes, wenn er das oder jenes verfügt. Er tut ja nichts ohne seine guten Gründe, auch da, wo ein Zufall zu walten scheint und wo du das Geheimnis seiner Weisheit nicht durchschaust. Du gestehst ja auch dem Töpfer das Recht zu, aus derselben Masse Verschiedenes zu formen und machst ihm keinen Vorwurf; von Gott aber möchtest du Rechenschaft darüber fordern, wie er Strafe und Lohn austeilt, und traust ihm nicht zu, zu wissen, wer des einen oder andern würdig ist, sondern verlangst, daß die ganze Masse, weil sie dem Wesen nach gleich ist, auch die gleiche Bestimmung haben müsse. Was ist das doch für eine Torheit! Es liegt ja auch nicht am Töpfer, daß aus derselben Masse Edles und Unedles wird, sondern am Gebrauch, den die Besitzer der Gefäße davon machen; so hängt es auch hier vom Gebrauch des freien Willens ab. Übrigens, wie ich oben schon bemerkte, darf man aus dem vorgebrachten Beispiele nur den einen Vergleichspunkt pressen, daß man nämlich Gott nicht widersprechen dürfe, sondern sich den unerforschlichen Ratschlüssen seiner Vorsehung fügen müsse. Denn das Beispiel muß immer weiter reichen als der Gegenstand, zu dessen Verdeutlichung es dient, damit es auf den Zuhörer mehr wirke. Wenn es nicht den Vergleichspunkt vergrößerte, ja gewissermaßen in einer Übertreibung darstellte, so könnte es den Zuhörer nicht überzeugen und den Gegner nicht zum Schweigen bringen. So hat also der Apostel die ungehörige Streitsucht der Juden mit der ihm eigenen Treffsicherheit vorläufig gedämpft. Im folgenden bringt er die eigentliche Lösung (der schwierigen Frage). Worin liegt diese Lösung?

V. 22: „Gott wollte seinen Zorn zeigen und seine Macht kund tun; darum ertrug er mit großer Langmut die Gefäße des Zornes, die zum Verderben bestimmt waren“; S. d44

V. 23: „damit er den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen des Erbarmens zeige, die er vorherbestimmt hatte zur Verherrlichung“,

V. 24: „hat er uns berufen nicht bloß aus den Juden, sondern auch aus den Heiden.“

— Der Sinn dieser Sätze ist folgender: „Ein Gefäß des Zornes war Pharao, d. h. ein Mensch, der durch seine Verstocktheit den Zorn Gottes entflammte. Ungeachtet Gottes Langmut besserte er sich nicht, sondern blieb verkehrt, wie er war. Darum nennt ihn der Apostel nicht bloß „ein Gefäß des Zornes“, sondern auch „bestimmt zum Verderben“. „Bestimmt“ will heißen, allerdings aus eigener Schuld, durch seine eigenen Taten. Denn Gott hat nichts unversucht gelassen, was zu seiner Bekehrung dienen konnte, er selbst aber ließ nichts ungetan, was sein Verderben herbeiführen und ihm jede Verzeihung unmöglich machen mußte. Aber obgleich Gott das gar wohl wußte, „ertrug er (ihn) doch mit großer Langmut“, weil er ihn zur Sinnesänderung leiten wollte; denn wäre das nicht Gottes Absicht gewesen, nimmer hätte er solche Langmut gegen ihn bewiesen. Weil aber jener diese Langmut nicht zu seiner Bekehrung benützte, sondern sich selbst für Gottes Zorn reif machte, benützte ihn dieser zur Besserung anderer, indem er durch die an ihm vollzogene Strafe andere zum Eifer anspornte und an ihm seine Macht zeigte. Daß Gott nicht gern auf solche Weise seine Macht zeigt, sondern im Gegenteil durch Segnungen und Wohltun, das hat Paulus oben klar zum Ausdruck gebracht. Denn wenn er selbst nicht auf solche Weise seine Macht zeigen will — „nicht daß wir bewährt erscheinen, sondern damit ihr das Gute tuet“ 4, sagt er —, um wieviel weniger wird dies Gott tun wollen. Mit Pharao hatte er so viel Langmut geübt, um ihn zur Bekehrung zu bringen. Als dieser sich aber nicht bekehrte, ertrug er ihn noch lange Zeit und gab dadurch einerseits einen Beweis seiner Güte, andererseits aber auch seiner Macht, indem er wartete, ob dieser sich seine große Langmut nicht doch noch zu- S. d45 nutze machen würde. Wie Gott durch die Bestrafung dieses unbekehrten Sünders seine Macht zeigte, so gab er durch sein Erbarmen mit großen, aber bekehrten Sündern einen Beweis seiner Liebe.


  1. Num. 24, 9. ↩

  2. Os. 13, 8. ↩

  3. Deut. 4, 24. ↩

  4. 2 Kor. 13, 7. ↩

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