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Works John Chrysostom (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
SIEBZEHNTE HOMILIE: Kap. IX, V. 1—33.

9.

Der Apostel braucht aber nicht den Ausdruck „Liebe“ (wo er von Gottes Erbarmen spricht), sondern „Herrlichkeit“, um auszudrücken, daß sich darin ganz besonders Gottes Herrlichkeit zeige, und daß ihm diese über alles andere gehe. Wenn er aber spricht: „Die er vorherbestimmt hatte zur Verherrlichung“, so sagt er damit, daß dabei nicht alles Gottes Werk sei. Wenn dem so wäre, so stünde ja nichts im Wege, daß alle das Heil erlangten. Der Apostel will vielmehr wieder auf das Vorauswissen Gottes hingewiesen haben und den Unterschied zwischen Juden und Heiden (in bezug auf die Erlangung des Heiles) als aufgehoben kennzeichnen. Gerade damit verschafft er seiner Rede keine geringe Rechtfertigung. Denn nicht bloß bei den Juden kommt es vor, daß die einen verloren gehen, die andern das Heil erlangen, sondern auch bei den Heiden. Darum heißt es auch nicht, daß Gott die Heiden berufen hat, sondern „aus den Heiden“, auch nicht die Juden, sondern „aus den Juden“. So wie Pharao ein Gefäß des Zornes geworden ist durch seine eigene Schlechtigkeit, so sind diese Gefäße des Erbarmens geworden durch ihre eigene gute Gesinnung. Denn wenn die Berufung auch zum größeren Teil ein Werk Gottes ist, so haben doch auch die Berufenen selbst ein Weniges mitgewirkt. Darum sagt der Apostel auch nicht: Gefäße der guten Werke, auch nicht: Gefäße der guten Gesinnung, sondern: „Gefäße des Erbarmens“, um auszudrücken, daß das Ganze ein Werk Gottes ist. Denn auch der Satz: „Es kommt nicht auf das Wollen und nicht auf das Rennen an“ ist gleichfalls als ein Ausspruch des Paulus aufzufassen, wenn er auch in Form einer Einwendung ausgesprochen ist, und enthält keinen Widerspruch zu andern Aussprüchen desselben Apostels. Denn wenn er sagt: „Es kommt nicht auf das Wollen und nicht auf das Rennen an“, will er damit nicht die Selbstbestimmung aufgehoben, sondern nur ausgedrückt haben, daß die Be- S. d46 rufung zur Seligkeit nicht ganz ein Werk des Berufenen ist, sondern daß dazu auch die Gnade von oben gehört. Das Wollen und Laufen gehört dazu; aber man darf sich nicht auf die eigene Anstrengung allein verlassen, sondern auf die Liebe Gottes. Dasselbe sagt der Apostel anderswo: „Nicht ich, sondern die Gnade Gottes in mir“ 1. Treffend heißt es weiter: „die er vorherbestimmt hatte zur Verherrlichung“. Denn da man den Christen den Vorwurf machte, daß sie aus Gnade das Heil erlangten, und darin etwas Beschämendes für sie erblickte, so beseitigt der Apostel diesen Verdacht vollständig. Denn wenn die Berufung zur Seligkeit eine Tat ist, die Gott Herrlichkeit bringt, so doch um so mehr denen, durch welche Gott diese Herrlichkeit wurde.

Beachte übrigens bei dieser ganzen Beweisführung die weise Zurückhaltung des Apostels! Er mußte nicht den Pharao als Beispiel anführen, wo von den Bestraften die Rede war, sondern konnte Juden, die gesündigt hatten, nennen. Er hätte damit seine Ausführungen noch einleuchtender machen können, indem er gezeigt hätte, daß trotz der Abstammung von denselben Urvätern und trotz derselben Verfehlungen doch die einen verloren gingen, die andern das Heil erlangten. Er hätte sie dadurch bestimmen können, nicht weiter dagegen Einwendungen zu machen, wenn von den Heiden manche das Heil erlangen, von den Juden dagegen manche verloren gehen. Um jedoch nicht bei den Juden anzustoßen, nimmt er das Beispiel der Bestrafung aus einem fremden Volke, um nicht genötigt zu sein, sie „Gefäße des Zornes“ zu nennen. Dagegen führt er von solchen, die Erbarmung erlangt haben, Beispiele aus dem Volke der Juden an. Von Gott wehrt ja der Apostel hinlänglich alle Schuld ab; er habe wohl gewußt, daß Pharao sich zu einem Gefäß des Verderbens machen werde, und dennoch von seiner Seite das Möglichste aufgeboten (ihn zu retten), Geduld, Langmut, ja nicht Langmut in gewöhnlichem Maße, sondern überaus große Langmut; und trotzdem (auf Gott nicht der Schein eines Übelwollens fällt,) wollte der Apostel doch nicht das Bei- S. d47 spiel der Verwerfung den Juden entnehmen. Woher kommt es also, daß die einen Gefäße des Zornes, die andern Gefäße der Gnade geworden sind? Sie haben es sich selbst so gewählt. Gott, höchst gütig wie er ist, erweist beiden dasselbe Wohlwollen. Er hat sein Erbarmen nicht bloß auf diejenigen beschränkt, die gerettet worden sind, sondern es auch dem Pharao zuteil werden lassen, soweit es auf ihn ankam. Seine Langmut erfuhren sowohl jene wie dieser. Wenn er trotzdem nicht das Heil erlangte, so lag die Schuld einzig nur an ihm. Soweit es auf Gott ankommt, empfing er es nicht weniger als die, welche selig geworden sind.

Nachdem der Apostel die Lösung der schwierigen Frage (der göttlichen Vorherbestimmung) durch Hinweis auf Tatsachen der Geschichte gegeben hat, so führt er nun, um seine Ausführungen auch von einer andern Seite her glaubwürdig zu machen, auch die Propheten an, die dasselbe voraus verkündigt hatten. Oseas, sagt er, hat das schon lange vorher geschrieben, wenn er spricht:

V. 25: „Ich werde ein Volk mein nennen, das nicht mein Volk ist 2 , und eine Nichtgeliebte Geliebte.“

Damit nämlich die Juden nicht sagen können: Du belügst uns mit deinen Ausführungen, so ruft er den Oseas als Zeugen an, der da spricht: „Ich werde ein Volk mein nennen, das nicht mein Volk ist.“ Wer ist dieses „nicht (mein) Volk“? Offenbar die Heiden. Und wer ist „die Nichtgeliebte“? Wieder dieselben. Und doch heißt es, sie würden sein Volk und seine Geliebte und Kinder Gottes sein.

V. 26: „Da werden sie Kinder Gottes genannt werden.“

Wenn man behaupten wollte, dies sei von den gläubigen Juden gesagt, so bleibt die Sache doch dieselbe. Denn wenn das Verhältnis zu Gott bei den Juden eine solche Veränderung erfahren konnte, daß sie, die nach so vielen Wohltaten undankbar blieben und sich ihm entfremdeten, das Recht verloren, sein Volk zu beißen, S. d48 was steht im Wege, daß den Heiden, die nicht früher sein eigen gewesen und sich dann ihm entfremdet hatten, sondern die ihm von Anfang an fremd gegenüber gestanden waren, das Umgekehrte widerfuhr, daß sie nämlich berufen wurden und, weil sie dem Rufe gefolgt waren, derselben Ehren teilhaftig wurden? — Doch dem Apostel genügt es nicht, den Oseas angeführt zu haben, sondern er führt auch den Isaias an, der übereinstimmend mit jenem den Ruf erschallen läßt:

V. 27: „Isaias aber ruft über Israel“;

d. h. er verkündet es mit Freimut und hält nicht zurück. — Was tadelt ihr also uns, wenn jene Männer dasselbe verkünden lauter als wir, mit Trompetenschall? — Was also ruft Isaias?

„Wenn auch die Zahl der Söhne Israels wäre wie der Sand am Meere, so wird doch nur ein übrigbleibender Teil das Heil erlangen“. 3

— Siehst du da, wie auch er sagt, daß nicht alle das Heil erlangen werden, sondern nur die, welche dessen würdig sind? Ich schaue nicht auf die Menge, spricht etwa Gott, und laß mich in meinem Entschlusse nicht beirren durch die Tatsache, daß ihr Geschlecht so weit verbreitet ist, sondern ich rette nur diejenigen, welche sich dessen würdig gemacht haben. Nicht umsonst erwähnt der Apostel den „Sand am Meere“. Er will damit die Juden an alte Verheißungen erinnern, deren sie sich unwürdig gemacht hatten, was schlagt ihr also Lärm, will er sagen, als sei die Verheißung unerfüllt geblieben, da doch alle Propheten es klar aussprechen, daß nicht alle das Heil erlangen werden?

Hierauf geht er auf die Art und Weise ein, wie sie zum Heil gelangen sollen. Merkst du da, wie genau die angezogene Weissagung zutrifft und wie klug der Apostel gerade dieses Zeugnis als überaus treffend ausgewählt hat? Es bringt nämlich nicht bloß zur Anschauung, daß nur manche das Heil erlangen, nicht alle, sondern es veranschaulicht auch die Art und Weise, S. d49 wie sie es erlangen. Wie werden sie also das Heil erlangen? Und wie wird sie Gott dieser seiner Wohltat würdig machen?

V. 28: „Ein Wort erfüllt er, und das in kurzer Zeit, gerecht, wie er ist; ja, ein Wort, das sich in kurzer Zeit erfüllt, wird der Herr ausführen auf Erden.“ — Damit will er sagen: Es braucht keine lange Zeit, keine Mühen und kein Sichabplagen mit den Werken des Gesetzes, sondern das Heil ist auf ganz kurzem Wege zu erlangen. Dieser kurze Weg ist der Glaube; in wenig Worten enthält er das Heil: „Denn wenn du“, heißt es, „mit dem Munde den Herrn Jesus bekennst und im Herzen glaubst, daß Gott ihn von den Toten auferweckt hat, so wirst du das Heil erlangen“ 4.


  1. 1 Kor. 15, 10. ↩

  2. Os. 2, 24. ↩

  3. Is. 10, 22. ↩

  4. Röm. 10, 9. ↩

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