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Œuvres Jean Chrysostome (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
ZWANZIGSTE HOMILIE: Kap. XI. V. 7—36.

4.

Denn was kannst du, mein lieber Jude, sagen? Etwa: Wenn wir uns nicht hätten verstoßen lassen, wäret ihr nicht berufen worden? Darauf kann der Heide antworten: Wenn ich nicht das Heil erlangt hätte, wärest du nicht eifersüchtig geworden; willst du aber wissen, worin unsere Vorzugsstellung besteht (so höre): Ich führe dich zum Heil durch mein Gläubigsein, du aber hast uns den Vortritt verschafft durch dein widerspenstiges Gehaben. — Der Apostel merkt nun wieder, daß er den Juden einen Hieb versetzt habe; er nimmt darum den früher schon ausgesprochenen Gedanken wieder auf und sagt:

V. 15: „Denn wenn ihre Entlassung (aus dem Dienst) eine Weltversöhnung war, was wird da ihre Wiederaufnahme (in den Dienst) anderes sein als Leben aus den Toten?“

— Aber auch damit spricht der Apostel wieder eine Verurteilung der Juden aus; die Heiden wußten Gewinn zu S. d104 ziehen aus den Sünden der Juden, diese aber machten sich das Rechttun jener nicht zunutze. Wenn aber hier der Apostel etwas auf Rechnung der Juden schreibt, was als notwendige Folge eintrat, so darf dich das nicht wundern. Wie ich schon öfter gesagt habe, gibt er seiner Rede eine solche Form, daß er durch sie den Heiden einen Dämpfer aufsetzt, den Juden einen Ansporn gibt. Denn, wie gesagt, wären auch die Juden tausendmal außer Dienst gesetzt worden, so wären doch die Heiden nie zum Heil gelangt, wenn sie nicht den Glauben angenommen hätten. Aber der Apostel stellt sich auf die Seite des Schwachen und kommt dem Bedrängten zu Hilfe. Sieh, wie er den Juden zu Gefallen spricht, freilich nur um sie mit Worten zu trösten. „Wenn ihre Entlassung“, heißt es, „eine Weltversöhnung war.“ Was haben aber die Juden davon? „Was wird ihre Wiederaufnahme anders sein als Leben aus den Toten?“ Aber was haben sie auch davon, wenn sie nicht wirklich aufgenommen wurden? Der Sinn dieser Stelle ist folgender: Wenn Gott, als er den Juden zürnte, den andern so reichen Segen daraus entsprießen ließ, was für Segen wird ihnen erst werden, wenn er sich einmal mit jenen versöhnen wird? Aber geradeso wie die Auferstehung der Toten nicht wegen der Wiederaufnahme der Juden statthat, ebenso ist auch unser Heil nicht einzig durch sie verursacht worden, sondern sie wurden verstoßen wegen ihrer Verblendung, und wir wurden gerettet durch unsern Glauben und die Gnade von oben. Nichts von alledem wird den Juden Nutzen bringen können, wenn sie nicht den erforderlichen Glauben an den Tag legen. — Nebenher spinnt der Apostel seine Rede zu einem weiteren Lob der Juden aus, das freilich kein eigentliches Lob, sondern nur ein scheinbares ist. Er macht es geschickten Ärzten nach, die ihren Patienten so viel Trost zusprechen, als ihr Krankheitszustand nur immer erlaubt. Was sagt er denn?

V. 16: „Wenn die Erstlingsgarbe heilig, so ist es auch das Brot; wenn die Wurzel heilig, so sind es auch die Zweige.“ — „Erstlingsgarbe“ und „Wurzel“ nennt der Apostel S. d105 hier den Abraham, Isaak und Jakob, die Propheten, die Patriarchen und alle berühmten Männer der Vorzeit. „Zweige“ ihre gläubig gewordenen Nachkömmlinge! Weil ihm aber dann wieder einfällt, daß ja die Mehrzahl ungläubig geblieben sei, sieh, wie er wieder diesen Einwand abschneidet und sagt:

V. 17: „Sind aber manche Zweige abgebrochen.“ — Aber oben hast du ja doch gesagt, daß die Mehrzahl verloren gegangen ist und nur wenige gerettet worden sind; wie kannst du also hier von den Verlorengegangenen das Wort „manche“ gebrauchen, das ja doch eine geringe Anzahl bezeichnet? — Ich widerspreche mir nicht, will er sagen, sondern ich bin nur bemüht, die Kranken zu heilen und wieder herzustellen. Siehst du, wie an dieser ganzen Stelle das Bemühen des Apostels zum Ausdruck kommt, die Juden zu trösten! Wenn man das außer acht läßt, kommen zahlreiche Widersprüche Heraus. Du aber beachte das feine Vorgehen des Paulus, wie er sich den Anschein gibt, zugunsten der Juden zu sprechen und Trostgründe für sie ausfindig zu machen, ihnen aber dabei doch versteckterweise einen Merks gibt und durch den Hinweis auf die Wurzel und die Erstlingsgarbe ihnen jede Entschuldigung abschneidet! Dann bedenke nur, was das für schlechte Zweige sein müssen, wenn sie eine süße Wurzel haben und ihr nicht ähnlich werden; was das für ein schlechter Brotteig sein muß, wenn er nicht einmal von der Erstlingsgarbe her eine Besserung erfährt!

„Sind aber manche Zweige abgebrochen.“ Die Mehrzahl davon ist abgebrochen, aber, wie gesagt, der Apostel will die Juden trösten. Daher spricht er nicht von seinem Standpunkte, sondern von dem der Juden aus. Auch darin liegt übrigens ein versteckter Hieb für sie; er zeigt ihnen nämlich, daß sie der Verwandtschaft mit Abraham verlustig gegangen seien. Es ist seine Absicht, ihnen zu sagen, daß sie nichts Gemeinsames mit jenen Stammvätern haben. Denn wenn die Wurzel heilig ist, sie selbst sind aber nicht heilig, so sind sie ja weit entfernt von der Wurzel. — Im folgenden gibt er sich S. d106 den Anschein, nur die Juden trösten zu wollen, gibt aber auch den Heiden wieder einen Merks.

„Du aber als wilder Sprößling eingepfropft worden bist —“ 1

— je armseliger früher der Heide war, desto mehr muß es den Juden betrüben, ihn nun im Genuß dessen zu sehen, was eigentlich ihm gehört. Dem Heiden aber kommt keine solche Beschämung von seiner früheren Armseligkeit, als ihm jetzt Ehre von seiner Bekehrung kommt — Beachte dabei die feine Unterscheidung, die der Apostel anwendet! Er sagt nicht: wenn du „eingepflanzt“, sondern: wenn du „eingepfropft“ worden bist. Damit gibt er dem Juden wieder einen Stich, indem er zeigt, daß der Heide jetzt auf dem Baume des Juden steht, während dieser selbst (als abgebrochener Zweig) am Boden liegt. — Dabei bleibt aber der Apostel noch nicht stehen; er läßt es nicht dabei bewenden, zu sagen: „Du bist eingepfropft“, obzwar er dadurch die ganze Sache klar dargestellt hat, sondern er verweilt noch ein wenig bei dem glücklichen Zustand des Heiden und malt denselben noch weiter aus, indem er sagt:

„Und wenn du Teilhaber an der Wurzel und dem fetten Saft des Ölbaumes geworden bist —“

— Zwar scheint der Apostel dem Heiden eine Stellung zweiten Ranges anzuweisen (indem er ihn einen eingepfropften Zweig nennt); aber er zeigt ihm zugleich, daß das für ihn keinen Schaden bedeute, sondern daß er alles habe wie der Zweig, der aus der Wurzel aufgesproßt ist. Damit man nämlich, wenn man hört: „Du bist eingepfropft“, nicht meine, dieser eingepfropfte Zweig stehe dem urwüchsigen in etwas nach, sieh, wie der Apostel die vollständige Gleichheit behauptet, wenn er sagt: „Du bist Teilhaber an der Wurzel und dem fetten Saft des Ölbaumes geworden“, d. h. du bist von der- S. d107 selben edlen Beschaffenheit, von derselben Art geworden. — Dann spricht der Apostel eine Warnung aus:

„Rühme dich nicht schadenfroh den (abgebrochenen) Zweigen gegenüber!“

— Der Apostel scheint das den Juden zum Troste zu sagen, legt aber damit ihre Armseligkeit und ihre große Schande offen an den Tag. Er sagt darum nicht: Rühme dich nicht, sondern: „Rühme dich nicht schadenfroh“, rühme dich nicht froh über den Schaden der andern, daß sie abgebrochen sind. Du bist ja an ihre Stelle getreten und genießest ihr Gut. — Siehst du, wie er den Heiden eine Mahnung zu geben scheint, dabei aber den Juden einen Stich gibt?


  1. Das Bild ist von der Kultur des Olivenbaumes hergenommen. Zur Zeit des heiligen Paulus wurden alte Ölbäume, deren Fruchtbarkeit nachließ durch einpfropfen von Wildreisern zu neuer Fruchtbarkeit verjüngt. ↩

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