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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
VIERTE HOMILIE: Kap. I, V. 18—25.

1.

Kap. I, V. 18—25.

V. 18: „Denn es offenbart sich Gottes Strafgericht vom Himmel her über jede Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit von Menschen, die die Wahrheit im Banne der Ungerechtigkeit gefangen halten.“

Beachte das kluge Vorgehen des Paulus, wie er mit heil- und segenverheißenden Worten beginnt und dann die Rede hinüberleitet auf Gedanken, die Furcht einflößen sollen. Er hat oben davon gesprochen, daß das Evangelium Heil und Leben bringe, daß es eine Kraft Gottes sei, daß es Heil und Gerechtigkeit wirke; nun kommt er mit Gedanken, die geeignet sind, bei denen Furcht zu erregen, die es nicht halten. Da nämlich die Mehrzahl der Menschen sich nicht so sehr durch Verheißung von Heil und Segen als durch die Furcht vor Unheil zur Tugend leiten läßt, so sucht der Apostel seine Leser von beiden Seiten her zu gewinnen. Aus demselben Grunde hat auch Gott nicht bloß das Himmelreich verheißen, sondern auch mit der Hölle gedroht. Auch die Propheten haben in derselben Weise zu den Juden gesprochen. Sie mischen beständig Verheißungen und Drohungen untereinander. So schlägt denn auch Paulus in seiner Rede verschiedene Töne an, und zwar nicht beliebig, sondern das Heil- und Segenverheißende stellt er voran, das Unheilvolle läßt er nachfolgen. Dabei bringt er zum Ausdruck, wie jenes der vorgefaßten Absicht Gottes entspringe, dieses aber eine Folge schuldbaren Leichtsinnes der Menschen sei. So stellt auch der Prophet das Gute voran, wenn er spricht: „Wenn ihr willig seid und mir gehorcht, sollt ihr des Landes Gut genießen; wenn ihr euch aber weigert, und euch zum Zorne neigt, soll das Schwert euch fressen“ 1. Auf dieselbe Weise geht Paulus hier in seiner Rede vor. Gebt acht! Christus, sagt er, ist gekommen und hat Sündenvergebung gebracht, Gerechtigkeit und Leben; S. b40 aber nicht so ohne weiteres, sondern durch das Kreuz. Das Große und Staunenswerteste dabei ist nicht, daß er uns so reichen Segen gebracht, sondern daß er so viel gelitten hat. Mißachtet ihr seine Geschenke, dann bricht das Unheil über euch herein. „Denn es offenbart sich“, sagt er, „Gottes Strafgericht vom Himmel her.“ Wieso läßt sich das erweisen? Wenn ein Gläubiger so fragt, dann führen wir ihm die Aussprüche Christi an; ist es aber ein Ungläubiger, ein Heide, dann macht ihn Paulus mundtot mit dem nun folgenden Hinweis auf das Gericht Gottes. Er führt so den unwiderleglichen Nachweis aus der Geschichte der Heiden selbst. Das ist nämlich das ganz Sonderbare bei Paulus, daß er den Bestreitern der christlichen Wahrheit nachweist, wie sie selbst durch das, was sie Tag für Tag tun und reden, ihre Übereinstimmung mit derselben bekunden. Doch davon später; jetzt wollen wir uns an den vorliegenden Text halten. Also:

„Denn es offenbart sich Gottes Strafgericht vom Himmel her.“ Jawohl, das ist gar oft schon hier auf Erden der Fall, z. B. bei Hungersnot, Pest und Krieg. Da erleidet jeder im besondern und alle zusammen gemeinsam Strafe. Was ist aber das Befremdliche an der Strafe, die dann (im Jenseits) kommen wird? Daß sie größer ist (als alle irdische Strafe), daß sie alle trifft und daß sie nicht denselben Zweck hat: die diesseitige Strafe hat nämlich den Zweck der Besserung, die jenseitige den der Wiedervergeltung. Das bringt auch Paulus zum Ausdruck, wenn er spricht: „Wir werden nun gezüchtigt wie Kinder, damit wir nicht mit der Welt verdammt werden“ 2. Jetzt kommt ja gar manchen vieles nicht als ein Strafgericht von oben vor, sondern als Verschulden von Menschen; dann aber wird es offenkundig sein, daß die Strafe von Gott kommt, wenn er nämlich als Richter auf dem schrecklichen Throne sitzen und die einen in den Feuerofen, die andern in die äußerste Finsternis und wieder andere zu andern unentrinnbaren, unerträglichen Strafen abführen lassen wird. Warum sagt er aber nicht offen so: „Der Menschen- S. b41 sohn wird kommen mit Zehntausenden von Engeln und Rechenschaft fordern von einem jeden“, sondern: „es offenbart sich das Strafgericht Gottes“? — Seine Zuhörer waren erst Neugetaufte; darum sucht er sie zunächst durch etwas zu gewinnen, was von ihnen ohne Schwierigkeit zugestanden wurde. Außerdem scheint es mir, daß er mit Rücksicht auf die Heiden seine Rede so einleitet; später kommt er ja auf das Gericht Christi zu sprechen.

„Über jede Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit von Menschen, welche die Wahrheit im Banne der Ungerechtigkeit gefangen halten.“ — Hier bringt der Apostel zum Ausdruck, da es viele Wege der Gottlosigkeit gibt, der Weg der Wahrheit aber nur einer ist. Denn bunt und vielgestaltig und unterschiedlich ist der Irrtum, die Wahrheit aber ist eine. Zunächst meint er das wohl in bezug auf die Glaubenslehre; in der Folge bezieht er es auch auf das Leben, indem er von Ungerechtigkeit der Menschen spricht. Und in der Tat gibt es vielerlei Ungerechtigkeiten. Bei der einen handelt es sich um den Besitz, so z. B. wenn einer seinem Nebenmenschen Schaden daran zufügt; bei einer andern um die Weiber, so wenn einer sich von seinem Eheweibe trennt und die Ehe eines andern zerstört. Auch das versteht Paulus unter „Übervorteilen“, wenn er spricht: „Daß keiner zu weit gehe und seinen Bruder im Geschäfte nicht übervorteile“ 3. Andere wieder treten zwar nicht dem Weibe und dem Besitze, wohl aber der Ehre des Nächsten nahe. Auch das ist Ungerechtigkeit. „Denn ein guter Name ist besser als viel Reichtum“ 4. Manche (Erklärer) sind der Ansicht, daß die Ausdrücke („Gottlosigkeit“ und „Ungerechtigkeit“) von Paulus nur in bezug auf die Glaubenslehren gemeint seien. Es hindert aber nichts, abzunehmen, daß er es auf beides (sowohl auf die Glaubenslehren wie auch auf das sittliche Verhalten) bezieht. Was aber das heißt: „welche die (christliche) Wahrheit durch Ungerechtigkeit gefangen halten“, ersieh aus dem, was folgt:

S. b42

V. 19: „Weil das Erkennbare an Gott unter ihnen offenkundig geworden ist; denn Gott hat es ihnen ja kundgemacht.“


  1. Is. 1, 19—20. ↩

  2. 1 Kor. 11, 32. ↩

  3. 1 Thess. 4. 6. ↩

  4. Sprichw. 22, 1. ↩

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