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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistula ad Romanos commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Römer (BKV)
FÜNFTE HOMILIE: Kap. 1, V. 26 und 27.

1.

Kap. 1, V. 26 und 27.

V. 26: „Darum überließ sie Gott den schandbarsten Leidenschaften. Vertauschten ja ihre Weiber die naturgemäße Befriedigung des Triebes mit einem solchen wider die Natur.“

V. 27: „Ebenso gaben die Männer den naturgemäßen Umgang mit dem Weibe auf und entbrannten in Gier gegeneinander.“

Alle Leidenschaften sind schändlich; am meisten aber doch die Gier von Männern nach Männern. Unter diesen Sünden leidet nämlich die Seele und wird mehr zuschanden als der Leib unter Krankheiten. Beachte, wie der Apostel den Heiden auch hier die Entschuldigung abschneidet wie oben, wo er von den Irrungen im Glauben gesprochen hat. Von den Weibern sagt er nämlich: „Vertauschten sie ja die naturgemäße Befriedigung des Triebes.“ Es kann niemand, will er sagen, zu ihrer Entschuldigung vorbringen, daß sie an dem naturgemäßen geschlechtlichen Verkehr gehindert gewesen und deshalb dazu gekommen seien; auch nicht, daß sie deswegen auf diese wahnsinnige Verirrung verfallen seien, weil sie ihre geschlechtliche Lust nicht anders befriedigen konnten. „Vertauschen“ kann man nur etwas, was man hat. So sagte der Apostel auch, als er von den Verirrungen im Glauben sprach: „Sie vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge.“ Von den Männern bringt er dasselbe zum Ausdruck, wenn er sagt: „Sie gaben den naturgemäßen Umgang mit dem Weibe auf.“ Wie den Weibern, so nimmt der Apostel auch den Männern jede Entschuldigung. Er klagt sie nämlich an, nicht daß sie einen Genuß hatten, ihn aber aufgaben und auf einen andern kamen, sondern daß sie den naturgemäßen Geschlechtsgenuß verschmähten und dem widernatürlichen nachliefen. Dann ist ja auch das, was gegen die Natur ist, immer mit mehr Schwierigkeiten verbunden und weniger angenehm; sie konnten daher S. b52 auch nicht geltend machen, sie hätten eben einen Genuß haben wollen. Der richtige Genuß ist ja gerade der naturgemäße. Aber wenn Gott einmal aufgegeben ist, dann steht eben bald alles auf dem Kopfe. Darin lag gerade der Grund, daß nicht bloß ihre Glaubenslehre höllisch war, sondern auch ihr Leben teuflisch. Oben, wo der Apostel von den Glaubenslehren sprach, zog er das Weltall heran und die menschliche Vernunft. Er sagte, vermöge der ihnen von Gott verliehenen Erkenntnisgabe hätten sie sich ganz gut durch den Anblick der Schöpfung zum Schöpfer können führen lassen; weil sie es aber nicht wollten, so seien sie unentschuldbar. Hier setzt er an die Stelle des Weltalls den naturgemäßen Genuß, den sie mit mehr Behagen ganz unbedenklich und ohne Schande hätten haben können. Sie wollten aber nicht; darum sind sie jeder Entschuldigung bar und Frevler gegen die Natur. Das Schandvollste dabei ist aber, daß auch Weiber diesen Geschlechtsverkehr suchten, die doch mehr Scham hätten haben sollen als die Männer. Bewunderungswert ist auch hier wieder die Besonnenheit des Paulus, wie er, vor zwei sich entgegenstehende Aufgaben gestellt, beide ganz vortrefflich zu lösen versteht. Er wollte sich nämlich zart ausdrücken und doch auch den Hörer etwas unsanft anfassen. Beides zugleich geht nun nicht, sondern eins steht dem andern im Wege. Drückt man sich zart aus, so kann man den Zuhörer nicht scharf anlassen; will man ihm aber die Meinung sagen, dann muß man auch das Kind beim rechten Namen nennen. Diese weise und heilige Seele verstand es nun aber, beides ganz vortrefflich ins Werk zu setzen. Dadurch, daß Paulus das Wort „Natur“ einfügt, vergrößert er einerseits die Anklage, erzielt aber andererseits eine zarte Ausdrucksweise, indem er dieses Wort wie als Hülle benützt.

Nachdem der Apostel zuerst die Weiber scharf angelassen hat, wendet er sich zu den Männern, indem er sagt: „Ebenso gaben die Männer den naturgemäßen Umgang mit den Weibern auf.“ Das ist ja fürwahr ein Bild des äußersten Verderbens, wenn beide Geschlechter von Fäulnis zerfressen sind, wenn Mann und Weib gegeneinander wie Feinde handeln, während doch der Mann S. b53 der Lehrer des Weibes und das Weib die Gehilfin des Mannes sein soll. Beachte hier, wie treffend der Apostel die Ausdrücke wählt. Er sagt nicht: „sie liebten einander“ oder „sie begehrten einander“, sondern: „sie entbrannten in Gier gegeneinander“. Siehst du, wie da alles überschäumende Gier ist, die sich nicht in ihren Grenzen zu halten vermag? Denn jeder Trieb, der einmal die ihm von Gott gesetzten Grenzen überspringt, geht nach Absonderlichkeiten und Widernatürlichkeiten. So kommt es manchmal vor, daß Leute die Lust nach Speise verlieren und dafür Erde und Steinchen verschlingen, oder andere, die von heftigem Durst ergriffen werden, sich nach Pfütze sehnen. So entbrannten auch jene Heiden zu dieser unnatürlichen Liebe. Fragst du aber, woher diese Überspanntheit der sinnlichen Begierde kam, so ist die Antwort: Von ihrer Gottverlassenheit. Und woher ihre Gottverlassenheit? Von der Übertretung des Gesetzes, wodurch sie ihn zuerst verlassen hatten.

„Männer verübten Schändlichkeit mit Männern.“

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