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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Einundzwanzigste Homilie.

I.

Kap. X.

1. 2. Ich selbst aber, Paulus, ermahne euch bei der Sanftmuth und Milde Christi, — der ich in’s Angesicht zwar demüthig bin unter euch, abwesend aber muthig gegen euch; — ich bitte aber, daß ich nicht anwesend nöthig sein müsse mit der Zuversicht, mit welcher ich kühn aufzutreten gedenke wider Einige, die da wähnen, daß wir nach dem Fleische wandeln.

Nachdem der Apostel die Sache des Almosens gebührend zum Abschlusse gebracht, nachdem er auf den Unterschied hingewiesen, der zwischen seiner Liebe und ihrer Gegenliebe bestehe, nachdem er eingehend von seinen Leiden und Drangsalen gesprochen, so hält er es nun an der Zeit, den falschen Aposteln gegenüber eine strengere Sprache zu beginnen und schließlich noch einen Gegenstand zu behandeln, der sonst weniger geneigtes Gehör findet; es ist die Hervorhebung der eigenen Würde. Denn dieß ist ein Punkt, auf den er auch während des ganzen Schreibens S. 335 Bedacht nimmt. Er fühlt es denn auch selbst und entschuldigt sich mehrmals darüber; so, wenn er sagt: „Beginnen wir wieder, uns selbst zu empfehlen?“1 dann wieder: „Wir empfehlen uns nicht selbst, sondern wollen euch Anhalt zum Rühmen geben;“2 und etwas nachher: „Ich bin unverständig geworden, daß ich mich rühme, aber ihr habt mich gezwungen.“3 Und so bedient er sich mehrmals solcher Entschuldigungen. Und man würde nicht irre gehen, wenn man diesen Brief als Lobschrift auf Paulus zubenennen würde; mit solcher Ausführlichkeit schildert er seine Gnaden und seine Leiden. Es gab nämlich in Korinth Einige, die anmaßend genug waren, sich über den Apostel zu stellen und diesem allen Beruf, alle Bedeutung und gesunde Lehre abzusprechen, — gewiß der stärkste Beweis ihrer eigenen Verkommenheit. — Gegen Diese nun richtet er die Schärfe seines Wortes, wenn er also anfängt: „Ich selbst aber, Paulus.“ Siehst du, mit welchem Nachdruck er spricht, mit welcher Würde? Denn was er damit sagen will, ist Dieses: Ich bitte euch, zwingt mich nicht, laßt es nicht dahin kommen, daß ich von meiner Macht Gebrauch machen müsse gegen Die, welche so verächtlich von nur reden, die mich als fleischlich gesinnten Mann erachten. Das ist eindrucksvoller, als wenn er im ersten Briefe drohend frägt: „Soll ich mit der Ruthe zu euch kommen oder in Liebe und im Geiste der Sanftmuth?“ und wiederum: „Als ob ich nicht zu euch kommen würde, so haben sich Einige erhoben; ich werde aber kommen und kennen lernen nicht das Wort der Hochmüthigen, sondern die Kraft.“4 Denn hier gibt er ihnen Beides zu erwägen, seine Macht sowie auch seine Milde und Langmuth; er bittet ja so angelegentlich, ihn nicht zu zwingen, einen Erweis der eigenen Strafgewalt zu geben, mit Nachdruck gegen sie einzuschreiten und die strengste Genugthu- S. 336 ung zu verlangen. Denn auf das Letztere weist er hin, wenn er sagt: „Ich bitte aber, daß ich nicht anwesend muthig sein müsse mit der Zuversicht, mit welcher ich kühn aufzutreten gedenke wider Einige, die da wähnen, daß wir nach dem Fleische wandeln.“ Doch vorerst noch ein Wort über den Anfang: „Ich selbst aber, Paulus.“ Wie nachdrücklich, wie gewichtvoll sind diese Worte! So sagt er auch anderswo: „Siehe, ich, Paulus, sage euch;“5 und wiederum. „Ich, Paulus, der Betagte;“6 und an anderer Stelle: „Sie ward Fürsorgerin für Viele und für mich selbst.“7 So denn auch hier: „Ich selbst aber, Paulus.“ Nichts Geringes nun ist es schon, wenn Paulus selbst bittet; aber noch bedeutsamer ist Das, was er beifügt in den Worten: „Bei der Sanftmuth und Milde Christi.“ Da er nämlich einen recht tiefen Eindruck auf sie machen will, so verweist er sie auf die Sanftmuth und Milde Christi, um damit seiner Bitte um so größeren Nachdruck zu geben. Es ist, als wenn er sagte: Thuet es aus Ehrfurcht vor der Milde Christi, bei der ich euch bitte! Damit will er zugleich zu verstehen geben, daß er selbst vermöge seiner Sanftmuth immer mehr zur Güte sich hinneige, wenn ihm auch ihr Verhalten die Strenge noch so nahe lege; daß es nicht das Bewußtsein der Schwäche sei, warum er nicht strafend vorgehe, sondern das Beispiel Christi, der ebenso zu verfahren pflegte.

„Der ich in’s Angesicht zwar demüthig bin unter euch, abwesend aber muthig gegen euch.“ Was will er nun damit eigentlich sagen? Entweder meint er die Worte nicht ernst und führt sie nur als Äusserungen der Gegner an. Denn so pflegten Jene zu sprechen. Wenn er da ist, so weiß er sich kein Ansehen zu geben, sich weder Geltung noch Achtung zu verschaffen; sobald S. 337 er aber fort ist, so macht er sich groß und beginnt eine hohe Sprache zu führen und sich drohend gegen uns zu erheben. Dieser Auffassung entsprechen denn auch die weiterhin folgenden Worte: „Seine Briefe,“ sagen sie, „sind gewichtig, aber seine leibliche Anwesenheit ist schwach und das Wort verächtlich.“ Entweder ist es ihm also nicht Ernst mit diesen Worten, und er will damit nur den Eindruck erhöhen und eigentlich sagen: Ich, der ich in Anwesenheit so demüthig, so geringfügig bin, wie nämlich Jene sagen, und abwesend so selbstbewußt; oder will damit ausdrücken: Wenn ich auch eine hohe Sprache führe, so thue ich es nicht aus Überhebung, sondern im Bewußtsein der vollen Berechtigung.

„Ich bitte aber, daß ich nicht anwesend muthig sein müsse mit der Zuversicht, mit welcher ich kühn aufzutreten gedenke wider Einige, die da wähnen, daß wir nach dem Fleische wandeln.“ Siehst du, wie der Apostel zürnt, und wie entschieden er jenes Gerede zurückweist? Ich bitte euch, will er sagen, zwingt mich nicht, zu zeigen, daß ich auch anwesend stark sein kann und Macht habe. Weil nämlich die Gegner sprechen, nur abwesend sei ich so kühn gegen euch und überhebe mich so, darum habe ich gerade gesagt: Ich bitte, mich nicht zu zwingen, von meiner Macht Gebrauch machen zu müssen. Denn der Hinweis auf die Macht liegt im Worte „Zuversicht“. Und er sagt nicht: Mit welcher ich bereit stehe, sondern: „Mit welcher ich gedenke:“ Denn noch ist es nicht entschieden; Jene geben mir zwar Anlaß genug dazu, aber ich thue es dennoch ungerne. So verfährt nun Paulus, wo es sich um die Sache des Evangeliums, nicht um eigene Dinge handelt. Wenn er nun schon da, wo es die Vertheidigung seines apostolischen Berufes gilt, alle Härte vermeidet, wenn er auch da noch immer zögert und aufschiebt, wenn er bittet, ihm die schwere Nothwendigkeit zu ersparen, um wie viel weniger S. 338 ist zu denken, daß er jemals in eigener Angelegenheit zu strenge gewesen wäre?


  1. II. Kor. 3, 1. ↩

  2. II. Kor. 5, 2. ↩

  3. II. Kor. 12, 11. ↩

  4. I. Kor. 4, 18. 21. ↩

  5. Gal. 5, 2. ↩

  6. Philem. 9. ↩

  7. Röm. 16, 2. ↩

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Commentaire sur la deuxième épitre aux Corinthiens Compare
Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

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