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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Zweiundzwanzigste Homilie.

III.

Dieses sage ich aber nicht, damit wir bloß hören, sondern damit wir auch lernen. Denn wenn Paulus der Verirrungen vor der Taufe noch eingedenk ist, obschon sie alle getilgt waren, was würden dann wir für eine Nachsicht verdienen, wenn wir der Sünden nach der Taufe nicht mehr gedächten? Was sagst du, Mensch? Du hast Gott beleidigt und vergißt es? Das ist eine zweite Beleidigung, eine zweite Verfeindung. Für welche Sünden willst du denn um Vergebung bitten? Für die, welche du selbst nicht weißt? Gewiß ist es so. Denn dir macht es so wenig Kummer und Sorge, wie du Rechenschaft geben wirst, daß du dich gar nicht bemühst, der Sünden nur eingedenk zu bleiben, daß du vielmehr da spielst, wo nicht zu spielen ist. Aber es kommt die Zeit, wo es uns mit dem Spiele nicht mehr vorangehen will. Denn unvermeidlich müssen wir sterben, — die große Gedankenlosigkeit der Meisten macht es ja leider nöthig, auch über so allbekannte Dinge zu sprechen; — unvermeidlich werden wir auferstehen, unvermeidlich gerichtet und gestraft werden; oder vielmehr das Letztere nicht unvermeidlich, wenn wir nur ernstlich wollen. Das Übrige liegt nicht in unserer Hand, weder unser Ende noch die Auferstehung noch das Gericht. Das liegt alles in der Hand unseres Herrn; ob uns aber Strafe erwarte oder nicht, Das hängt von uns ab; denn Das gehört zum bloß Möglichen. Wenn wir aber wollen , so können wir es ebenso zum Unmöglichen machen, wie Paulus, wie Petrus, wie die Heiligen alle; denn bei Diesen ist die Strafe unmöglich. Wenn wir demnach wollen, so ist es gleicher Maßen auch bei uns unmöglich, etwas Schlimmes zu erleiden. Denn wären auch unsere Verirrungen ohne Zahl, so kann man doch Alles wieder gut machen, solange wir noch hienieden weilen.

So suchen wir denn uns selbst wieder zu gewinnen; und der Greis bedenke, daß er in Kurzem von hinnen muß, nachdem er ja genugsam sich am Leben vergnügt hat; — freilich, was ist das für ein Vergnügen, in der S. 357 Sünde dahin zu leben? Doch einstweilen spreche ich nach seiner eigenen Vorstellung; — er bedenke sodann, daß es ihm gegönnt ist, sich in kurzer Zeit von Allem rein zu waschen. Der Jüngling wiederum erwäge ebenfalls das Ungewisse des Todes, und daß oftmals viel Ältere hier bleiben, während die Jünglinge vor ihnen weggerafft werden. Damit wir nämlich nicht auf den Tod hin sündigen, darum ist seine Stunde ungewiß. Darum ermahnt denn auch ein Weiser: „Zögere nicht, dich zum Herrn zu wenden, und verschiebe es nicht von einem Tage zum andern;1 denn du weißt nicht, was der morgige Tag bringen wird!“2 Das Aufschieben bringt Angst und Gefahr, das Nichtaufschieben aber offenbares und sicheres Heil. So halte dich denn an die Tugend; denn so wirst du, wenn du jung stirbst, ohne Furcht scheiden, und gelangst du zum Alter, so wirst du mit reichen Schätzen von hinnen gehen; und in zweifacher Hinsicht wirst du dein Leben in beständiger Fröhlichkeit verbringen, indem du sowohl vom Bösen dich bewahrst, als auch die Tugend dir zu eigen machst.

Sage nicht: Es kommt schon die Zeit, wo man sich bekehren muß. Denn solche Reden erzürnen Gott überaus. Warum denn? Weil er dir endlose Ewigkeiten verheissen hat, und du nicht einmal im gegenwärtigen Leben dich mühen willst, in diesem kurzen vergänglichen Leben, weil du vielmehr so verweichlicht und entnervt bist, daß du immer noch nach einem kürzeren verlangst. Sind es denn, frage ich, nicht täglich dieselben Gelage? nicht dieselben Mahle? nicht dieselben Buhlerinen? nicht die gleichen Schauspiele? nicht die nämliche Gier nach Schätzen? Wie lange denn noch liebst du diese Dinge, als wären es wahre Güter? Wie lange noch nährst du die unersättliche Begier nach dem Bösen? Bedenke nur, so oft du der Lust fröhnst, so oft verurtheilst du dich selbst. Denn so ist es mit der S. 358 Sünde: kaum ist sie geschehen, so spricht der Richter das Urtheil. Der Trunkenheit, dem Bauche, der Habgier hast du gefröhnt? Halt’ einmal inne und betritt den umgekehrten Weg und danke Gott, daß er dich nicht mitten in deinen Sünden hinweggerafft; verlange nicht noch einen weiteren Aufschub, um Böses zu thun! Viele wurden mitten im Jagen nach Gewinn hinweggerafft und gingen der offenbaren Strafe entgegen. Fürchte nur, es möchte auch dir so gehen, ohne daß du ein Wort dagegen sagen könntest.

„Aber Vielen hat Gott Aufschub gewährt, um noch im höchsten Alter ihre Sünden zu bekennen.“ Wie nun? Wird er ihn auch dir gewähren? „Vielleicht wird er es thun.“ Was sagst du? vielleicht, und manchmal, und oftmals? Bedenke, daß es sich um deine Seele handelt, und setze auch einmal den umgekehrten Fall; erwäge bei dir und sprich: Was aber dann, wenn Gott keine Frist gewährt? „Und was dann, wenn er sie gewährt?“ entgegnest du. Er hat sie dir ja gewährt, und ausserdem ist diese sicherer und ausgiebiger als jene zu hoffende. Denn fängst du jetzt unmittelbar an, so hast du Alles gewonnen, du magst nun weitere Frist bekommen oder nicht; säumst du aber noch immer, so wirst du sie eben darum gemeiniglich nicht bekommen. Wenn du in den Krieg ziehst, so sagst du nicht: Es ist nicht nöthig, über das Meinige zu verfügen; vielleicht kehre ich wieder zurück; wenn du an Vermählung denkst, so sprichst du nicht: Ich will eine arme Frau nehmen; denn Viele sind wider Erwarten auch so reich geworden; und wenn du ein Haus baust, so sagst du ebenfalls nicht: Ich will auf schlechten Grund bauen; viele Häuser haben auch so Bestand. Wo es aber deine Seele gilt, da versuchst du es mit noch morscheren Grundlagen, da sprichst du von Vielleicht und Oftmals und Manchmal, und vertraust dich dem Ungewissen an. „Nicht dem Ungewissen,“ sagst du, „sondern der Menschenfreundlichkeit Gottes; denn Gott ist menschenfreundlich.“ Das weiß auch ich, aber dieser menschenfreundliche Gott hat eben auch Jene, S. 359 von denen ich gesprochen, hinweggerafft. Und was ist es dann, wenn du wohl Zeit bekömmst, aber immer Derselbe bleibst? Denn wer so denkt wie du, der legt auch im Alter noch die Hände in den Schoß. „O nein,“ sagst du. Ja, sage ich. Denn eine solche Gesinnung wünscht sich nach achtzig Jahren neunzig, nach neunzig hundert, und nach den hundert ist erst alle Kraft erlahmt. Und so geht das ganze Leben umsonst dahin, und es trifft auch bei dir zu, was von den Juden gesagt ist: „In Nichtigkeit schwanden hin ihre Tage.“3 Und wäre es nur in Nichtigkeit allein und nicht auch zum Verderben! Denn kommen wir dorthin mit der schweren Last unserer Sünden, — das heißt nämlich: zum Verderben, — welche Nahrung bringen wir dann dem Feuer, welch’ reiches Mahl dem Wurme! Darum bitte und flehe ich, daß wir einmal muthig aufstehen und dem Bösen entsagen, auf daß wir auch der verheissenen Güter theilhaftig werden. Mögen diese uns allen zu Theil werden durch die Gnade und Güte unseres Herrn Jesus Christus, mit welchem dem Vater zugleich mit dem heiligen Geiste Ruhm, Macht und Ehre jetzt und immer und für ewige Zeiten. Amen.

S. 360


  1. Eccli. 5, 8. ↩

  2. Sprüchw. 27, 1. ↩

  3. Ps. 77, 33. ↩

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Commentaire sur la deuxième épitre aux Corinthiens Compare
Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

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