VIII.
„Daß er mehre und segne ihre Kinder, sie zur Reife des Alters führe und weise mache.“ Hier wiederum die Bitte um leiblichen und gei- S. 48 stigen Segen zugleich, denn die Katechumenen sind ja noch Kinder im Glauben; aber von jetzt an (folgt) rein Geistiges.
„Daß er ihnen all ihre Vorhaben zum Besten lenke.“ Nicht einfach, daß er ihre Vorhaben, sondern daß er sie zum Besten lenke. Denn manchmal nehmen wir uns z. B. eine Reise vor, aber es frommt uns nicht, oder irgend ein anderes Geschäft, aber es ist nicht zum Guten. So werden mit diesen Worten die Katechumenen belehrt, bei Allem Gott zu danken, weil Alles, was geschieht, zu ihrem Besten dient. —
Nach all diesen Bitten heißt der Diakon die Katechumenen aufstehen. Denn bisher lagen sie auf dem Boden; nachdem aber all diese Gebete verrichtet und die Herzen mit Vertrauen erfüllt worden, so dürfen sie jetzt aufstehen und auch selbst die flehende Stimme zu Gott erheben. Denn das Eine sprechen wir, das Andere überlassen wir ihnen, indem wir ihnen, indem wir ihnen bereits die Thüre zum Gebete eröffnen. Wir machen es bei ihnen gerade wie bei den Kindern, denen wir zuerst vorsprechen und sie dann nachsprechen lassen. Und wir rufen ihnen zu:
„Um den Engel des Friedens bittet, ihr Katechumenen.“ Denn es gibt auch einen Engel der Strafe, gemäß dem Worte: „Schickung durch schlimme Engel;“1 es ist auch ein Engel des Verderbens. Darum heissen wir sie beten um den Engel des Friedens; darum ermahnen wir sie, fern von Kampf und Streit und Zwietracht jeder Art Das zu suchen, was das Band aller Güter ist, den Frieden.
„Daß euch zum Frieden diene Alles, was euch bevorsteht.“ Denn was etwa schwer ist, der Friede S. 49 macht es leicht. Darum sprach auch Christus: „Meinen Frieden gebe ich euch.“2 Denn eine stärkere Waffe hat der Satan nicht als Streit und Feindschaft und Krieg.
„Um Frieden bittet für den heutigen Tag und für alle Tage eures Lebens!“ Damit werden sie erinnert, daß ihr ganzes Leben ein Leben der Tugend sein müsse.
„Daß christlich seien eure Endziele, was gut und was nützlich ist;“ denn darin ist alles Gute eingeschlossen. Was nämlich nicht gut ist, das frommt auch nicht. Denn anders ist in unsern Augen das Wesen des Nützlichen, anders in der Vorstellung der Menge.
„Daß ihr euch selbst empfehlet dem lebendigen Gotte und seinem Gesalbten.“ Denn für Andere lassen wir sie noch nicht beten; wir sind zufrieden, wenn sie es für sich können. — Wahrlich ein vollendetes Gebet, wir mögen auf die Lehren des Glaubens sehen oder auf die Vorschriften des Lebens! Denn wenn wir Evangelium nennen und Gewand der Unverweslichkeit und Bad der Wiedergeburt, so haben wir den Kern der Glaubenslehre genannt; und nennen wir gotterfüllten Sinn und nüchternes Denken und was diesen Worten gefolgt ist, so haben wir alle Vorschriften des christlichen Lebens. —
Jetzt heissen wir die Katechumenen das Haupt neigen und den Segen, den Gott ertheilt, nehmen wir als Pfand, daß unsere Gebete erhört sind. Denn es ist ja nicht ein Mensch, der da segnet; des Priesters Hand und Mund sind nur das Mittel, durch welches wir die Häupter der Versammlung dem Könige selbst zum Segnen darstellen. — Und Alle rufen ein lautes Amen.
S. 50 Welche Absicht hat mich nun bei dieser ganzen Ausführung geleitet? Ich wollte zeigen, daß wir die Pflicht haben, der Nebenmenschen uns anzunehmen, und daß die Gläubigen nicht meinen dürfen, es gehe sie Nichts an, wenn diese Gebete gesprochen werden. Der Diakon ruft ja doch nicht für die Wände. „Laßt uns beten für die Katechumenen!“ Aber Manche gibt es, die so unverständig sind, so gleichgiltig und theilnahmslos, daß sie nicht bloß in der Zeit des Gebetes für die Katechumenen, sondern auch während der Gebete der Gläubigen müssig dastehen und plaudern. Daher ist Alles verkehrt, daraus kommt alles Verderben, weil wir gerade zu der Zeit, die am geeignetsten ist, Gott zu versöhnen, ihn von neuem erzürnen und so aus der Kirche gehen. In der Messe der Gläubigen werden wir angewiesen, für Bischöfe und Priester, für Könige und Machthaber, für Land und Meer und Luft hinzutreten vor den allgütigen Gott. Wenn wir nun ein solches Vertrauen haben sollen, um für Andere zu beten, und nicht einmal für uns selbst Dieses aufmerksam thun, welche Entschuldigung, welche Verzeihung sollen wir finden? So bitte und ermahne ich euch denn, ihr möchtet euch meine Worte zu Herzen nehmen und die Zeit des Gebetes verstehen, ihr möchtet euch da losmachen von der Erde und euch emporschwingen zur Höhe, bis zu den Gewölben des Himmels, auf daß wir Gott zur Gnade bewegen und einst der verheissenen Seligkeit theilhaftig werden mögen. Möge diese uns Allen zu Theil werden durch die Gnade und Güte unsers Herrn Jesus Christus, mit welchem dem Vater zugleich mit dem heiligen Geiste Ruhm, Macht und Ehre jetzt und immer und für ewige Zeiten! Amen.