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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Vierte Homilie.

III.

So war denn die Sprache des ersten Briefes zwar zürnend, aber doch der Ausfluß einer liebevollen schmerzlich bewegten Seele. Denn während des Schreibens, sagt er, schnürte mir Leid und Betrübniß das Herz zusammen, nicht bloß wegen euerer Verirrung, sondern auch wegen der Nothwendigkeit, euch wehe thun zu müssen. Es ging mir wie etwa einem Vater mit dem geliebten Sohne, der ein böses Geschwür am Leibe hat, welches Schneiden und Brennen nothwendig macht. Dem Vater geht da Beides nahe, sowohl die Krankheit des Sohnes als auch das schmerzliche Heilverfahren. Was euch darum als Zeichen der Abneigung erscheinen mochte, das war ein Merkmal einer ganz besonderen Liebe. Wenn es aber schon Antrieb der Liebe war, daß ich euch betrübte, so hat noch um viel mehr meine Freude über euere Betrübniß ihren Ursprung in der Liebe.

Hiemit schließt nun Paulus seine Vertheidigung; er nimmt nämlich nicht Anstand, bei manchen Gelegenheiten sein eigenes Verhalten zu rechtfertigen; denn wenn Gott selbst Dieses thut und beim Propheten sagt: „Mein Volk, was habe ich dir gethan?“1 warum denn nicht auch Paulus? Nachdem er nun seine eigene Rechtfertigung beendet hat, so geht er jetzt daran, zu Gunsten jenes „Unzüchtigen“ ein Wort zu sprechen. Damit aber der scheinbare Widerspruch in den Anordnungen die Korinther nicht verwirre oder dem Eigenwillen zur Stütze diene, weil ja ein und derselbe Paulus es war, der zuerst so gezürnt hat und jetzt zur Nachsicht mahnt, so sucht er dieser Möglichkeit weise vorzubauen, theils durch Das, was er schon gesagt hat, S. 86 theils durch Das, was er jetzt sagen will. Was sagt er denn weiter?

5. Wenn aber Jemand betrübt hat, so hat er nicht mich betrübt.

Nachdem er zuerst die Korinther gelobt, daß sie Freude und Leid mit ihm theilen, nachdem er von ihnen gesagt hat, „Ich habe das Vertrauen, daß meine Freude die von euch allen ist,“ so kommt er nun jetzt auf jenen Sünder zu sprechen. Wenn aber meine Freude, will er sagen, die Freude von euch allen ist, so müßt ihr jetzt mit mir euch freuen, gleichwie ihr vorher mit mir euch betrübt habt. Und wie euere damalige Betrübniß mich erfreut hat, so wird auch euere gegenwärtige Freude, wenn ihr anders sie empfindet, dieselbe Wirkung auf mich haben. Und Paulus sagt nicht: Mein Schmerz ist der von euch allen; bei anderen Gelegenheiten hebt er auch Das hervor, hier aber redet er nur von Dem, worauf es zunächst ankam, von der Freude, indem er sagt: „Meine Freude ist euer aller Freude.“ Dann berührt er auch die früheren Vorkommnisse und spricht: „Wenn aber Jemand betrübt hat, so hat er nicht mich betrübt, sondern einigermaßen, damit ich nicht beschwere, euch alle.“ Ich weiß, will er sagen, ihr habt mit mir gezürnt und meine Entrüstung über jenen Frevel getheilt, und einigermaßen hat der Fall euch alle betrübt. Ich sage absichtlich „einigermaßen“, nicht als wollte ich damit ausdrücken, es sei euer Schmerz geringer als der meinige gewesen, sondern um Den, der gesündigt, nicht allzu sehr niederzubeugen. Nicht ich allein bin es demnach, den er betrübt hat, auch ihr seid es in gleichem Grade, und nur aus Schonung für den Mann habe ich von einem theilweisen Betrüben gesprochen. So weiß Paulus ihre Erregung rasch zu beschwichtigen, indem er anerkennend hervorhebt, daß sie vorher auch seinen Unwillen über den Frevel getheilt haben.

S. 87 6. Genug ist für den so Beschaffenen diese Züchtigung, die von der Mehrheit ist auferlegt.

Wie im ersten Briefe, so sagt Paulus auch hier: „Für den so Beschaffenen,“ nicht. Für jenen Unzüchtigen; aber der Grund dieser unbestimmten Ausdrucksweise ist beidesmal ein anderer; dort war es der Abscheu, hier ist es die Schonung. Darum gedenkt er auch sonst nicht weiter der Versündigung, denn es handelt sich ja hier um die Fürsprache.

7. So daß ihr im Gegentheile lieber verzeihen und trösten sollt, damit der so Geartete nicht etwa von der übermäßigen Traurigkeit verschlungen werde.

Die Korinther sollen nicht bloß die Strafe erlassen, sondern auch das frühere gute Einvernehmen wieder herstellen. Aber auch Jener darf nicht das Haupt erheben und nicht etwa in Folge der Nachsicht schlimmer werden. Denn wenn er auch seine Sünde bekannt und bereut hat, so ist doch die Nachlassung mehr ein Geschenk der Gnade als eine Folge seiner Buße. Darum sagt Paulus: „Ihr sollt im Gegentheile lieber verzeihen und trösten.“ Und in Dem, was er weiter sagt, liegt derselbe Gedanke. Nicht weil der Mann es verdient, nicht weil die Buße, die er gewirkt hat, völlig ausreichend ist, sondern weil er so schwach ist, darum sagt Paulus: „Ich ermahne, zu verzeihen und zu trösten;“ darum fährt er auch fort. „Damit der so Geartete von der übermäßigen Trauer nicht verschlungen werde.“ Diese Worte bezeugen jenem Manne eine große Reue und wollen der Möglichkeit der Verzweiflung vorbeugen. Was heißt denn aber: „Damit er nicht verschlungen werde“? Daß er nicht etwa wie Judas seinem Leben ein Ende mache oder, wenn nicht Das, in einen noch schlech- S. 88 teren Lebenswandel sich stürze. Denn wenn er unvermögend, den Schmerz der langen und schweren Züchtigung länger auszuhalten, mit einem Male das Joch abwirft, so könnte er leicht in der Verzweiflung entweder zum Stricke laufen oder schlimmer denn vorher werden. Darum müssen wir Vorsorge treffen, daß wir nicht, was wir bereits gewonnen, durch das Übermaß wieder verlieren.


  1. Mich. 6, 3. ↩

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Commentaire sur la deuxième épitre aux Corinthiens Compare
Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

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