• Home
  • Works
  • Introduction Guide Collaboration Sponsors / Collaborators Copyrights Contact Imprint
Bibliothek der Kirchenväter
Search
DE EN FR
Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Vierte Homilie.

VI.

Sehen wir nun, welches von diesen Mitteln sie gesund gemacht hat. Aber wie sollen wir Das herausbringen, frägst du? Wenn wir zum Arzte gehen und ihn selbst fragen; der wird es uns nicht verhehlen, sogar sehr gerne mittheilen. Ja, damit es ohne langes Fragen Jedermann wisse, so hat er das Mittel, das die Niniviten wieder aufgerichtet hat, sogar aufschreiben lassen. Welches ist nun dieses Mittel? „Es sah Gott,“ heißt es, „daß ein Jeder von ihnen sich bekehrte von seinem bösen Wege, und es bereute ihn des Unheils, das er über sie zu verhängen ausgesprochen hatte.“1 Es heißt nicht: Gott sah ihr Fasten, ihr Bußgewand und die Asche. — Das sage ich aber nicht, als wollte ich das Fasten beseitigen, gewiß nicht, sondern ich mahne nur, Das zu thun, was noch besser ist als Fasten, sich von aller Sünde enthalten. Gesündigt hat auch David; sehen wir nun, wie auch er Buße gethan. Drei Tage lang saß er auf Asche. Aber Das that er nicht wegen der Sünde, sondern aus Liebe zum Knaben, denn er war seiner noch kaum mächtig ob des Schlages; aber von der Sünde selbst reinigte er sich auf andere Weise, durch Verdemüthigung vor Gott, durch Zerknirschung des Herzens und Betrübniß der Seele; auch fiel er nicht mehr in die alten Sünden, hatte beständig seine Verirrung vor Augen und ertrug mit Dank alles hereinbrechende Ungemach; er verzieh seinen Beleidigern, er rächte sich nicht an Denen, die ihm nach S. 96 Thron und Leben strebten, ja er wehrte sogar Jenen, die Das thun wollten. Als z. B. Semei eine Fluth von Schmähungen über ihn ergoß und der begleitende Heerführer in Zorn gerieth, da sprach der König: „Laß ihn, daß er mich verwünsche, denn der Herr hat es ihm geboten.“2 Er hatte eben ein zerknirschtes und gedemüthigtes Herz; und Das war es vornehmlich, was ihn rein wusch von seinen Sünden; denn das ist rechtes Bekenntniß, das wahre Buße. Wenn aber zum Fasten sich der Hochmuth gesellt, so haben wir statt des Nutzens nur Schaden. Demüthige darum auch du dein Herz, damit Gott zu dir sich wende; denn „der Herr ist nahe Denen, die zerknirschten Herzens sind.“3 Siehst du nicht, wie in vornehmen Häusern entehrte Glieder den Schimpf selbst der niedrigsten Diener schweigend hinnehmen, eben wegen der Schande, in welche die Sünde sie gestürzt? So mache es denn auch du! Und wenn dich Jemand schmäht, so brause nicht auf, sondern seufze, nicht über die Beschimpfung, sondern über die Sünde, die dir Entehrung zugezogen. Ja, wenn du sündigst, sollst du seufzen, nicht wenn die Strafe kommt, denn dann hat es keinen Werth. Seufzen mußt du, weil du deinen Herrn beleidigt hast, einen Herrn, der so gütig ist, der dich so liebt, der so sehnlich nach deinem Heile verlangt, daß er sogar seinen Sohn für dich hingegeben. Das sind Gründe, aus denen du seufzen sollst und zwar unaufhörlich; denn Das ist das schönste Bekenntniß. Nicht heute fröhlich, morgen düster, dann wieder fröhlich, sondern immerfort sollst du Trauer und Zerknirschung in deinem Herzen nähren; denn: „Selig sind die Trauernden,“4 die nämlich ohne Aufhören* Dieses thun.

Verharre darum beständig in der Trauer, sei immer in dich gekehrt und zerknirsche dein Herz, so etwa, wie man S. 97 den Verlust eines geliebten Sohnes betrauert. „Zerreisset eure Herzen,“ mahnt der Prophet, „und nicht eure Kleider!“5 Was aber zerrissen ist, steigt nicht in die Höhe, was zermalmt ist, erhebt sich nicht. Darum sagt Joel: „Zerreisset eure Herzen;“ und David: „Ein Herz, zermalmt und gebeugt, wird Gott nicht verschmähen.“6 Magst du darum noch so gelehrt, magst du noch so reich, noch so mächtig sein, so zerreisse doch dein Herz, laß es nicht stolz und aufgeblasen werden! Denn was zerrissen ist, bläht sich nicht auf, und wenn auch ein Windhauch hineinfährt, so kann es doch den Schwall nicht halten, eben weil es zerrissen ist. So demüthige auch du deinen Sinn! Nimm dir ein Beispiel an dem Zöllner, den ein einziges Wort gerechtfertigt hat; und sein Bekenntniß war noch dazu nicht bloße Demuth, sondern lautere Wahrheit. Wenn nun Das schon solche Kraft hat, um wie viel mehr erst die eigentliche Demuth?

Vergib Denen ihre Verschuldungen, die gegen dich gefehlt haben; denn auch Das bewirkt Nachlassung der Sünden. Und wie von der Trauer der Herr beim Propheten spricht: „Ich sah, daß mein Volk traurig einherging, und heilte seine Wege;“7 und wie Achab durch Verdemüthigung den Zorn Gottes besänftigt hat, so sagt auch bezüglich der Verzeihung Christus: „Vergebet, und es wird euch vergeben werden!“8 Es gibt aber auch noch einen anderen Weg, auf dem wir zu diesem Heilmittel gelangen können; es ist das demüthige Bekenntniß unserer Missethaten. Denn es heißt: „Bekenne du zuerst deine Sünden, damit du gerechtfertigt werdest!“9 Auch die Danksagung für Leid und Trübsal löst die Sünden und endlich das Almosen, das über allem Anderen steht.

S. 98 Zähle sie nun zusammen, die Heilmittel für deine Wunden, und wende sie alle insgesammt beständig an, die Demuth, das Bekenntniß, die Verzeihung, die Danksagung im Leiden, die Übung des Erbarmens durch Gaben und Dienste und das anhaltende Bitten! Auf diese Weise hat jene Wittwe den harten, unbarmherzigen Richter gnädig gestimmt. Wenn nun jene schon den unbilligen, um wie viel mehr du den milden? Endlich gibt es ausser den genannten noch einen Weg, die Beschützung der Unterdrückten. „Sprechet Recht der Waise,“ spricht der Herr, „schützet die Wittwe; dann kommt und rechtet mit mir; und wenn euere Sünden sind wie Scharlach, gleich dem Schnee will ich sie weiß machen!“10

Was würden wir also für eine Entschuldigung verdienen, wenn wir bei so vielen Wegen, die zum Himmel führen, bei so vielen Mitteln, die unsere Wunden heilen, wenn wir, sage ich, auch nach der Taufe in den alten Sünden verblieben? Nein, wir wollen nicht in ihnen verharren; sondern Die, welche niemals gefallen sind, sollen ihre ursprüngliche Schönheit bewahren, ja durch eigenes Bemühen sie noch erhöhen; denn wenn die genannten frommen Werke keine Sünden zu tilgen haben, so vermehren sie den Schmuck der Seele. Wir aber, die viel gesündigt, wollen das Gesagte anwenden, um unsere Sünden wieder gut zu machen, auf daß wir einst vor den Richterstuhl Christi mit großer Zuversicht treten können. Möge solches Vertrauen uns allen zu Theil werden durch die Gnade und Güte unseres Herrn Jesus Christus, mit welchem dem Vater zugleich mit dem heiligen Geiste Ruhm, Macht und Ehre jetzt und immer und für ewige Zeiten. Amen.

S. 99


  1. Jon. 3, 10. ↩

  2. II. Kön. 16, 10. ↩

  3. Ps. 33, 19. ↩

  4. Matth. 5, 5. ↩

  5. Joel 2, 13. ↩

  6. Ps. 50, 19. ↩

  7. Is. 57, 18. ↩

  8. Luk. 6, 73. ↩

  9. Is. 43, 26. ↩

  10. Is. 1, 17. 18. ↩

pattern
  Print   Report an error
  • Show the text
  • Bibliographic Reference
  • Scans for this version
Download
  • docxDOCX (357.48 kB)
  • epubEPUB (306.33 kB)
  • pdfPDF (1.21 MB)
  • rtfRTF (0.97 MB)
Translations of this Work
Commentaire sur la deuxième épitre aux Corinthiens Compare
Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

Contents

Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Imprint
Privacy policy