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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Sechste Homilie.

II.

Wenn demnach die Empfehlungsschreiben den Zweck haben, Fremden kund zu machen, daß Jemand mit uns in Freundschaft und vertrautem Verkehre steht, so versieht meine Liebe zu euch vollständig diesen Dienst. Sei es nun, daß ich zu euch komme, so brauche ich von sonst Niemand eine Empfehlung, weil meine Zuneigung zu euch mich schon genugsam empfiehlt; oder sei es, daß ich zu Anderen gehe, so bedarf es wiederum keines Schreibens, indem die nämliche Liebe mir reichlich die Schrift ersetzt; ich trage überall den Brief in meinem Herzen. Und jetzt erhebt sie Paulus auf eine noch höhere Stufe und nennt sie sogar Brief Christi. „Da es offenbar ist,“ sagt er, „daß ihr ein Brief Christi seid.“ Von diesen Worten nun nimmt er Anlaß und Ausgang, das alte Gesetz näher zu beleuchten. Brief aber nennt er hier die Korinther in einem anderen Sinne als vorher; dort nannte er sie Brief, weil sie ihn, statt der Empfehlung dienen; hier aber nennt er sie Brief Christi, weil das Gesetz Gottes in ihrem Inneren geschrieben steht. Denn was Gott euch und allen Men- S. 119 schen offenbaren wollte, Das steht geschrieben in eueren Herzen. Wir aber sind es, die euch zur Aufnahme der Schrift bereitet haben. Moses hat einst die Tafeln von Stein zurecht gemacht, wir dagegen euere Herzen. Darum sagt er: „Zubereitet von uns.“ Hierin aber gleicht das Alte ganz dem Neuen; denn beschrieben wurden sowohl jene Tafeln von Gott als auch diese Herzen vom heiligen Geiste. Worin liegt nun der Unterschied?

Geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geiste des lebendigen Gottes, nichtauf Tafeln von Stein, sondern auf fleischerne Tafeln des Herzens.

Was zwischen Geist und Tinte, was zwischen Tafel von Stein und Tafel von Fleisch und Blut, das ist auch der Unterschied zwischen der alten und der neuen Ordnung und folglich auch zwischen Denen, die zur Vermittlung der einen und der anderen Ordnung gedient haben. Damit hat nun Paulus ein großes Wort ausgesprochen; darum beschränkt er sich sogleich wieder, indem er sagt:

4. Eine solche Zuversicht aber haben wir durch Christus zu Gott.

Wiederum verweist er Alles auf Gott; die Fähigkeit zu solchem Dienste, sagt er, haben wir Christus zu verdanken.

5. Nicht als wären wir tüchtig, von uns selbst Etwas zu denken als aus uns selbst.

Hier sehen wir, wie Paulus noch weiter das oben Gesagte zu beschränken sucht. Denn eine Tugend ist es vor allen, die er im höchsten Grade besitzt, die Demuth. Hat S. 120 er nun einmal ein großes Wort gesprochen, so kann er sich nicht genug beeilen, um das Gesagte auf alle Weise wieder möglichst zu beschränken. So sagt er denn auch hier. „Nicht als wären wir tüchtig, von uns selbst Etwas zu denken als aus uns selbst,“ d. i. wenn ich von der „Zuversicht“ rede, die ich habe, so will ich damit nicht sagen, als wäre ein Theil mein Verdienst und der andere Werk Gottes, sondern Alles ohne Ausnahme bezeichne ich als Geschenk und Gnade Gottes.

6. Denn unsere Tüchtigkeit ist aus Gott, welcher uns tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes.

Was heißt denn: „Er hat uns tüchtig gemacht?“ Er hat uns fähig und geeignet gemacht. Es ist ja kein kleiner Dienst, solche Tafeln und Briefe der Welt zu bringen, Tafeln weit vorzüglicher als jene der alten Zeit. Darum heißt es auch weiter: Eines Bundes „nicht des Buchstabens, sondern des Geistes“. Hier haben wir wieder einen weiteren Unterschied. Aber wie? War denn jenes alte Gesetz nicht geistig? Wie kann dann Paulus sagen. „Wir wissen, daß das Gesetz geistig ist“?1 Geistig war es wohl, aber es konnte den Geist nicht mittheilen; denn Moses brachte nicht Geist, sondern Buchstaben; uns aber ist es übertragen, den Geist zu vermitteln. Darum entwickelt Paulus diesen Gedanken weiter, indem er sagt: „Denn der Buchstabe tödtet, der Geist aber macht lebendig.“ Zunächst sind diese Worte gegen Jene gerichtet, welche sich auf das Judenthum so viel zu Gute thaten. „Buchstaben“ nennt er hier das Gesetz, weil es nur die Übertreter bestrafen kann; „Geist“ aber nennt er die Gnade, weil sie Die, welche die Sünde getödtet hat, mittels der Taufe wieder lebendig macht. Ohne S. 121 sich nämlich bei jenem Unterschiede, der in dem Wesen der verschiedenen Tafeln liegt, länger aufzuhalten, verweilt Paulus ausführlicher bei Dem, was auf die Zuhörer den meisten Eindruck machen konnte, bei der heilbringenden Kraft und leichten Erfüllung des neuen Gesetzes. Dieses verursacht keine Mühe, versichert er, und gewährt größere Gnade. Denn wie er, so oft er von Christus redet, immer mehr dessen Menschenfreundlichkeit als dessen Erhabenheit hervorhebt und beide mit einander enge verbindet, so ist es ganz angemessen, wenn er Dieses auch bei der neuen Heilsordnung thut. — Was heißt nun Das: „Der Buchstabe tödtet“? Paulus hat zuerst den Tafeln von Stein die Tafeln von Fleisch und Blut gegenübergestellt; doch schien Das noch keinen großen Unterschied zu begründen; er hat weiter von einem Briefe gesprochen, der mit Buchstaben oder Tinte, und von einem anderen, der mit dem Geiste geschrieben; aber auch Das mochte noch keinen besonderen Eindruck machen; darum sagt er zuletzt: „Der Buchstabe tödtet, der Geist aber macht lebendig,“ eine Wahrheit, die wohl geeignet ist, die Gemüther mächtig zu ergreifen.


  1. Röm. 7, 14. ↩

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Commentaire sur la deuxième épitre aux Corinthiens Compare
Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

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