• Home
  • Works
  • Introduction Guide Collaboration Sponsors / Collaborators Copyrights Contact Imprint
Bibliothek der Kirchenväter
Search
DE EN FR
Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Zehnte Homilie.

III.

Glaube darum nicht, daß das Scheiden vom Leibe schon genüge; denn der Tugend bedarf es überall. Wie nämlich der Apostel bei der Auferstehung nicht gestattet hat, auf diese allein zu vertrauen, indem er sprach: „Wenn wir denn auch bekleidet, nicht bloß werden erfunden werden,“ so hat er auch, vom Scheiden redend, hinzugefügt: Wir müssen wohlgefällig sein, damit du nicht schon das Scheiden allein für genügend zum Heile haltest. Nachdem er nämlich die Seinigen durch den Hinweis auf viele frohe Dinge ermuntert hat, so erübrigt jetzt, sie auch durch den Gedanken an das mehr Düstere zu schrecken. Denn das wahre Heil besteht im Erlangen des Guten und im Vermeiden des Schlimmen, was eben Himmel und Hölle ist. Aber mächtiger wirkt das Bestreben, der Strafe zu entgehen. Denn wo die ganze Strafe im Nichterlangen eines Gutes besteht, da werden sich die Meisten Das leicht gefallen lassen; aber nicht so, wenn es bis zur wirklichen Züchtigung kommt. Wohl sollten wir gerade die erstere Art der Strafe für unerträglich halten, aber wegen der Schwäche und Niedrigkeit der Meisten erscheint ihnen das Letztere furchtbarer. Nachdem nun, sage ich, auf den gewöhnlichen Hörer das Anerbieten der Güter nicht solchen Eindruck macht als die Drohung mit Strafen, so schließt Paulus nothwendig mit dieser, indem er sagt:

10. Denn alle müssen wir offenbar werden vor dem Richterstuhle Christi.

Er schreckt und erschüttert die Zuhörer durch den Hinweis auf jenen Richterstuhl; doch setzt er auch hier das Bittere nicht ohne das Liebliche, sondern mischt einige Süßigkeit bei, wenn er sagt: „Damit Jeglicher davontrage, was er im Leibe gethan hat, sei es Gutes oder Böses.“

S. 188 So sucht er die Tugendhaften in ihrer Bedrängnis durch die Hoffnungen Aufzurichten und die Lässigen durch die Furcht eifriger zu machen. Und zugleich bekräftigt er die Lehre von der Auferstehung der Leiber. Denn es wird doch nicht, sagt er, Das, was zum Guten oder zum Bösen Dienst geleistet hat, ohne Vergeltung bleiben; vielmehr wird mit der Seele der Leib in dem einen Falle verherrlicht, im anderen gestraft. Indeß manche Irrlehrer behaupten, es werde ein anderer Leib auferweckt. Woher denn? sage mir! Dieser Leib hat gesündigt, und ein anderer soll gestraft werden? Dieser hat Gutes gethan, und ein anderer wird gekrönt? Was aber antwortet ihr dem Paulus, wenn er sagt: „Wir wollen nicht entkleidet, sondern überkleidet werden?“ Und wie soll dann das Verwesliche vom Leben verschlungen werden? Denn Paulus sagt nicht: Damit der sterbliche oder der verwesliche Leib verschlungen werde vom unverweslichen Leibe, sondern: „Damit die Verweslichkeit vom Leben.“ Dieses findet nur dann statt, wenn der nämliche Leib auferweckt wird; wenn du aber diesen bei Seite lässest und einen anderen bereitest, so wird die Verweslichkeit nicht verschlungen, sondern behält vielmehr die Oberhand. Darum geschieht Das nicht, vielmehr muß dieses Verwesliche, d. i. der Leib, die Unverweslichkeit anziehen. Denn der Leib steht noch in der Mitte; er gehört jetzt dem gegenwärtigen und wird später dem künftigen Zustande angehören, und zwar deßhalb dem gegenwärtigen zuerst, weil die künftige Unverweslichkeit kein Ende mehr hat. „Denn die Verweslichkeit ist nicht Erbe der Unverweslichkeit;“1 wie wäre es sonst Unverweslichkeit? Im Gegentheile, verschlungen* wird die Verweslichkeit vom Leben; das Leben gewinnt den Sieg über die Verwesung, nicht die Verwesung über das Leben. Denn wie das Wachs vom Feuer gelöst wird, ohne seinerseits S. 189 das Feuer zu lösen, so wird die Verweslichkeit zerschmolzen und vernichtet von der Unverweslichkeit; aber die letztere kann von der ersteren niemals überwunden werden.

Hören wir also auf die Stimme des Paulus, die zuruft: „Wir müssen erscheinen vor dem Richterstuhle Christi,“ und versetzen wir uns lebhaft vor jenes Gericht, als wäre es bereits gegenwärtig und müßten wir Rechenschaft geben. Denn ich will darüber ausführlicher reden. Paulus nämlich, der schon von Trübsal gesprochen und die Seinigen nicht wieder ängstigen wollte, verweilt nicht länger bei diesem Gegenstande; er berührt nur kurz das Bittere mit den Worten: „Ein Jeglicher wird davontragen nach Verhältniß Dessen, was er gethan hat,“ und geht dann rasch weiter. Stellen wir uns nun vor, das Gericht sei bereits da; und Jeder schaue in sein eigenes Gewissen und glaube, der Richter sei gegenwärtig und Alles werde aufgedeckt und an’s Licht gebracht; denn nicht einfach erscheinen müssen wir, sondern auch offenbar werden. Erröthet ihr nicht? Seid ihr nicht vor Schrecken ausser euch?

Nun ist aber die Sache noch nicht wirklich da, sondern bloß in der Annahme gegeben und in Gedanken vorgestellt, und schon stehen wir vernichtet vom eigenen Gewissen! Was werden wir erst thun, wenn jener Tag wirklich gekommen, wenn die ganze Welt, wenn Engel und Erzengel zugegen sind; wenn dichte Schaaren sich drängen und Alles eilt und Alle auf Wolken entrückt werden und jetzt vor dem Richter stehen, bebend und zagend? wenn anhaltend die Posaunen tönen, und fortwährend jene Rufe erschallen? Ja, gäbe es keine Hölle, welche Strafe wäre es nicht schon, aus einer so glänzenden Versammlung ausgestoßen zu werden und ehrlos wegzugehen? Wenn wir jetzt schon beim siegreichen Einzuge eines Königs mit seinem Heere im Hinblick auf die eigene Armuth vom Anschauen weniger Freude als Bitterkeit empfinden, weil wir an dieser Pracht nicht Theil nehmen S. 190 dürfen und nicht zum Gefolge des Herrschers gehören, wird erst dann geschehen? Oder achtest du es für geringe Strafe, nicht in jenen Chor eingereiht, nicht der unaussprechlichen Herrlichkeit gewürdigt zu werden, sich weit weg von jener Versammlung und den unbeschreiblichen Gütern in öde Ferne geworfen zu sehen? Wenn aber dort noch Finsterniß ist und Zähneknirschen und unlösbare Bande, und ein Wurm, der nie stirbt, und ein Feuer, das nie erlischt, und Drangsal und Beklemmung, und Zungen von Gluth verdorrt wie die des Reichen, wenn wir wehklagen und Niemand hört, und seufzen und knirschen vor Schmerz und Niemand darauf achtet, wenn wir überall Hinblicken und nirgends sich ein Tröster zeigt: auf welche Stufe des Elendes werden wir dann Die stellen, deren Antheil Dieses ist? Was ist jammervoller als jene Seelen? was beklagenswerther?


  1. I. Kor. 15, 50. ↩

pattern
  Print   Report an error
  • Show the text
  • Bibliographic Reference
  • Scans for this version
Download
  • docxDOCX (357.48 kB)
  • epubEPUB (306.33 kB)
  • pdfPDF (1.21 MB)
  • rtfRTF (0.97 MB)
Translations of this Work
Commentaire sur la deuxième épitre aux Corinthiens Compare
Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

Contents

Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Imprint
Privacy policy