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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ii ad Corinthios argumentum et homiliae 1-30 Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)
Vierzehnte Homilie.

I.

2. 3. Fasset uns! Niemand haben wir beeinträchtigt, Niemand bethört, Niemand übervortheilt. Denn es bleibt so gesagt, wie ich bereits gesprochen, daß ihr in unserem Herzen seid für gemeinsames Sterben und Leben.

Wiederum redet Paulus von der Liebe, um so dem Tadel die Bitterkeit zu benehmen. Nachdem er nämlich die Korinther zurechtgewiesen und gerügt hat, daß sie seine Liebe nicht mit gleicher Liebe erwidern, sondern von seinem Herzen sich losreissen, um an Nichtswürdige sich anzuschließen, so bestrebt er sich, die Härte des Tadels wieder zu mildern, indem er sagt: „Fasset uns!“ d. i. liebet uns. Er verlangt nur eine Vergünstigung, die Niemand schwer fällt, und deren Gewähr den Gebern selbst nützlicher ist als dem Empfänger. Und er sagt nicht ausdrücklich: Liebet uns! sondern mehr flehentlich: „Fasset uns!“ Wer hat uns verdrängt, frägt er, wer hat uns verbannt aus euerem Herzen? Woher haben wir so wenig Raum in euch? Denn der oben gesagt hat: „Ihr seid beengt in eurem eigenen Innern,“ so spricht er sich hier über den S. 243 Sinn dieser Worte deutlicher aus, indem er sagt: „Fasset uns!“ um sie auch auf diese Weise wieder an sich zu ziehen. Denn Nichts erwirbt ja die Zuneigung in höherem Grade, als wenn der Geliebte merkt, wie sehr der Freund nach seiner Liebe verlangt. — „Niemand haben wir beeinträchtigt.“ Wiederum sieht Paulus ganz von den Wohlthaten ab und erreicht damit, daß die Rede leichter sich anhört, aber um so tiefer eindringt. Zugleich aber deutet er auf die falschen Lehrer, wenn er sagt: „Niemand haben wir beeinträchtigt, Niemand bethört, Niemand übervortheilt.“ Was heißt denn: „Wir haben Niemand bethört“? Das ist, wir haben Niemand hintergangen; gleichwie er auch anderswo sagt: „Daß nicht etwa, wie die Schlange die Eva hintergangen hat, so bethört werden (φθαρῇ) euere Gedanken.“ — „Wir haben Niemand übervortheilt;“ wir haben Nichts widerrechtlich an uns gebracht, keinen solchen Gedanken je gehegt. Er sagt noch nicht: Das und das Gute haben wir euch gethan, sondern nur: „Wir haben Niemand beeinträchtigt,“ eine Mäßigung, die um so mehr heilsame Beschämung erweckt. Es ist, als ob er sagte: Hätten wir euch auch keine Wohlthaten erwiesen, so stünde es euch doch nicht zu, uns zu verschmähen; denn Nichts, weder Kleines noch Großes, habt ihr uns vorzuwerfen. Sogleich aber fühlt Paulus das Vorwurfsvolle seiner Worte und wendet sich sofort wieder zur Milde. Er verschweigt weder gänzlich seine Klagen, sonst hätte er sie nicht aus ihrer Schläfrigkeit geweckt, noch läßt er die strenge Rede ohne Milderung, um sie nicht allzu tief zu verwunden. Und was sagt er nun? „Nicht zur Verurtheilung rede ich.“ Woraus ist Das erkenntlich? „Ich habe bereits gesagt,“ versichert er, „daß ihr in unserem Herzen seid für gleiches Sterben und Leben.“ Das ist der höchste Grad der Liebe, wenn Paulus, obschon zurückgesetzt, gerne bereit ist, mit ihnen zu sterben oder zu leben. Ihr seid nicht auf gewöhnliche Art, will er sagen, in unser Herz geschlossen, sondern in der Weise, S. 244 wie ich gesagt habe. Denn man kann auch lieben und doch vor Gefahren zurückbeben; aber nicht so wir. — Wie glänzend zeigt sich hier wieder die Weisheit des Apostels! Er sagt kein Wort von Dem, was er bereits für die Korinther gethan hat, denn Das würde wieder den Schein des Vorwurfes annehmen; er verbürgt sich nur für Das, was er künftig zu thun entschlossen ist. Sollte es sich ereignen, sagt er, daß eine Gefahr herantritt, so bin ich bereit, für euch Alles zu dulden, und Tod und Leben gilt mir gleich; wo nur immer ihr seid, Das erwähle ich auch mir; sei es nun Tod für Leben oder Leben für Tod. Nun ist aber offenbar zwar das Sterben ein Beweis der Liebe; das Leben aber, wer möchte sich das nicht gerne wählen, wenn er auch nicht liebt? Weßhalb erwähnt nun Paulus auch dieses als etwas Großes? Weil es auch wirklich etwas gar Großes ist. Denn Manche theilen zwar mit ihren Freunden den Schmerz über deren Unglück, aber nicht auch die Freude über ihr Glück; da beschleicht sie vielmehr die Mißgunst. Aber nicht so wir. Denn seid ihr unglücklich, so theilen wir mit euch muthig das Mißgeschick; und seid ihr glücklich, so bleiben wir unberührt vom Neide. Dann weil er so oft den gleichen Gedanken wiederholt und bald spricht: „Ihr seid nicht beengt in uns, seid aber beengt in eurem eigenen Innern;“ bald: „Fasset uns, erweitert euch auch ihr;“ dann wieder: „Niemand haben wir beeinträchtigt,“ und weil all Dieses den Korinthern als herbe Anklage klingen mochte, so sucht er noch in anderer Weise diese Härte zu mildern, indem er weiter sagt:

4. Groß ist meine Zuversicht zu euch.

Darum wage ich Solches zu sprechen, will er sagen, weil meine Worte keine Anklage sein sollen, sondern nur Ausfluß meines zuversichtlichen Vertrauens sind. Dieses wollte er schon weiter oben ausdrücken in den Worten: „Groß ist mein Rühmen über euch.“ So glaubet denn S. 245 nicht, mahnt er, daß es sich bei diesen Worten nur um euere Anklage handle; denn ihr seid ja mein Stolz und mein Ruhm; es ist auch die väterliche Sorge, die mich dazu bewegt, und das Verlangen, euch noch mehr in der Tugend wachsen zu sehen, ähnlich schrieb Paulus nach vielfacher Rüge auch an die Hebräer: „Wir versehen uns aber von euch zuversichtlich des Besseren und was am besten zum Heile führt, obgleich wir so reden. Wir wünschen aber, daß ein Jeder von euch den gleichen Eifer zeige, damit die Hoffnung ganz sich erfülle.“1 So sagt er nun auch hier: „Groß ist mein Rühmen über euch.“ Vor Anderen rühmen wir uns euer. Siehst du, wie freundlich er trösten kann? Und nicht leithin rühme ich mich euer, sagt er, sondern mit großem Nachdruck. Denn so fährt er fort: „Ich bin erfüllt von Trost.“ Von welchem Troste? Von dem, der von euch mir kam, die ihr vermöge euerer Besserung durch die That mich getröstet habt. So bringt es die wahre Liebe mit sich, daß sie einerseits Vorwürfe macht, weil sie nicht genug geliebt werde, und andererseits doch wieder fürchtet, durch allzu strengen Tadel zu betrüben, Darum sagt Paulus: „Ich bin erfüllt von Trost, ich ströme über von Freude.“


  1. Hebr. 6, 9. 11. ↩

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Commentaire sur la deuxième épitre aux Corinthiens Compare
Homilien über den zweiten Brief an die Korinther (BKV)

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